Nischen in den Regionen? Russische Medien und ihr Ringen um redaktionelle Unabhängigkeit

Eine öffentliche Diskussionsveranstaltung am 1. August 2017

PODIUMSDISKUSSION

am Dienstag, 1. August 2017 um 19.30 Uhr 

bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastraße 28 (Haus 2, 6. Etage, Saal 6.01), 10785 Berlin

Hintergrund:

In Russland dominiert das staatlich gelenkte Fernsehen die Berichterstattung, differenzierte und ausgewogene Stimmen hört man darin kaum. Kritische Beiträge über bestehende Probleme, Korruption oder Behördenversagen veröffentlichen Journalisten vor allem im Internet, doch auch dort schränkt der Staat die Freiheit mit neuen Gesetzen immer stärker ein. Wer die Verantwortlichen offen kritisiert, riskiert damit unter Umständen sein Leben. Die Täter werden nach Angriffen auf Journalisten nur selten gefasst und bestraft.

Dennoch finden sich – von ausländischen Beobachtern oft wenig beachtet – in den russischen Regionen Nischen kritischer Berichterstattung, in denen Reporter unerschrocken über Umweltprobleme, kriminelle Geschäfte oder die Korruption lokaler Verwaltungen berichten. Erste Portraits solcher unabhängigen Medien finden sich unter www.ansTageslicht.de/Russlandmedien. Sie wurden recherchiert von russischen Studenten, die dies im Rahmen des Projekts "Menschen-Medien-Demokratie" (www.menschen-medien-demokratie.de) erarbeitet haben. Dies ist der russische Part des DokZentrums ansTageslicht.de. Die Analyse dieser Medien wird derzeit gefördert vom Auswärtigen Amt, der ZEIT-Stiftung in Hamburg und der Senatskanzlei Berlin. 2017 konzentriert sich der Schwerpunkt des Workshops auf unabhängige Medien in den Regionen.

Stichworte für die Debatte:

  • Wie kann kritischer Journalismus in den russischen Regionen überhaupt funktionieren?
  • Und wie lässt er sich finanzieren?
  • Über welche Themen können Journalisten berichten, ohne dadurch sich selbst und ihre Familien in Gefahr zu bringen?
  • Wer interessiert sich für unabhängige Berichte und wie reagieren die lokalen Autoritäten auf sie? 

Podiumsgäste

  • Irina Samochina, Geschäftsführerin des Verlags Krestjanin (Rostow) 
  • Yekaterina Moroko, freie Journalistin (Tomsk/Sibirien)
  • Pawel Andrejew, Geschäftsführer des Onlineportals 7x7-journal.ru (Syktywkar, Republik Komi)
  • Tamina Kutscher, Chefredakteurin von dekoder.org (Berlin)

  • Moderation: Wolfgang Mühl-Benninghaus, Medienwissenschaftler (HU Berlin)

Die Diskutanten:

IRINA SAMOCHINA leitet den Verlag Krestjanin (Bauer) in Rostow am Don (www.krestianin.ru). Der größte unabhängige Verlag im Süden Russlands gibt drei Zeitungen und ein Magazin heraus. Nach ihrem Journalismus-Studium in Rostow arbeitete Samochina zunächst als Korrespondentin in dem 1991 von ihrem Vater gegründeten Verlag und baute danach dessen Werbe- und Marketingabteilung auf. Vor zehn Jahren übernahm sie die Geschäftsführung. Samochina ist Mitbegründerin des Verbandes unabhängiger Verleger (ANRI), in der sich russlandweit mehr als 60 unabhängige Verlagshäuser zusammengeschlossen haben. 

YEKATERINA MOROKO ist eine junge (freie) Journalistin aus dem sibirischen Tomsk. Während des Journalismusstudiums hat sie bei „TV2“ und dem Onlineportal „Tomskiy Obzor“ gearbeitet. Jetzt engagiert sie sich bei der NGO „Deutsch-Russische Austausch e.V.“ und organisiert eine Koalition für Aktivisten, die sich mit dem Thema Russisch-ukrainische Beziehungen und dem Ostukrainischen Konflikt beschäftigen. Sie ist Absolventin des Journalistenpraktikums 2015 vom Deutsch-Russischen Forum e.V. und will später auf alle Fälle als Journalistin in Russland arbeiten.  

PAWEL ANDREJEW ist Geschäftsführer des Onlineportals 7x7-journal.ru, auf dem seit 2010 sowohl professionelle Journalisten als auch Aktivisten und Blogger über zivilgesellschaftlich relevante Themen berichten. Unter dem Motto „Horizontales Russland“ will 7x7 Initiativen an unterschiedlichen Orten vernetzen und hat Ableger in weiteren Regionen Nordwestrusslands gegründet. Andrejew hat in Syktywkar Public Relations studiert und engagiert sich seit über zehn Jahren in der Menschenrechtsorganisation Memorial.

TAMINA KUTSCHER ist Chefredakteurin von dekoder.org. Die 2015 gegründete Plattform will „Russland entschlüsseln“, indem sie ins Deutsche übersetzte Artikel ausgewählter russischer Medien mit Erklärungen und Kommentaren von Wissenschaftlern vereint. Tamina Kutscher hat Slawistik in Regensburg, Kasan (Russland) und Berlin studiert. Von 2010 bis 2016 arbeitete sie als Redakteurin und Projektleiterin beim Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung n-ost in Berlin.

Ablauf

Die Veranstaltung findet auf Deutsch und auf Russisch statt und wird simultan gedolmetscht. 

Nach der Diskussion besteht die Möglichkeit zu Gesprächen mit den Teilnehmern in informellem Rahmen. 

Anmeldung erbeten unter osteuropa[at]fes.de 

Diese Site lässt sich direkt aufrufen und verlinken unter www.ansTageslicht.de/Nischen.