Frank WEHRHEIM

Ehemaliger Steuerfahnder

Der ehemalige Steuerfahnder Frank Wehrheim kann sich noch gut erinnern, wie viele Nächte das waren, in denen er überlegt hat: „Was ist eigentlich passiert? Dann bin ich mitten in der Nacht aufgestanden und habe Briefe geschrieben, weil ich dachte, da musst du was bewegen.“ Und er schreibt. 

Er schreibt am 6.10.2003 an seinen Vorgesetzten, den Finanzamtsvorsteher Ffm. V, Schneider-Ludorff: 

„Auffällig ist für mich, dass jede Ihrer Handlungen (Missbilligung und vorläufige Umsetzung und endgültige Umsetzung) in unmittelbarer zeitlicher Folge von Schriftsätzen des Rechtsanwalts des AR Schmenger erfolgte. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der angegriffene Schwerbehinderte, der sich mit rechtlichen Mitteln zur Wehr setzt, unmittelbar mit Sanktionen zum Schweigen und zur Aufgabe von Rechtsmitteln gezwungen werden soll. Insoweit sehe ich von Ihrer Seite ein weitgehendes, der Sache nicht angemessenes, subjektives Handeln, das aus meiner Sicht Mobbing- / Bossing- Tatbestände erfüllt und in hohem Maße unverhältnismäßig ist…“

Er fügt noch hinzu, dass sich Schmengers Gesundheitszustand deswegen verschlechtert habe und regt seine Rückversetzung in die Steuerfahndungsstelle an. Das muss sich einer erst mal trauen, dem eigenen Chef gegenüber.

Frank Wehrheim nimmt seine Verantwortung als Vertrauensperson der schwerbehinderten Verwaltungsangehörigen beim Finanzamt Ffm. V ernst. An diesem Finanzamt arbeiteten mehr als ein Dutzend engagierter und erfolgreicher SteuerfahnderInnen. Wehrheim setzt sich für die Kollegen ein, als es zum großen Konflikt kommt. Er kämpft mit ihnen gemeinsam gegen die ominöse "Amtsverfügung 2001/18", die besagt, dass ein steuerstrafrechtlicher Anfangsverdacht bei Geldtransfers ins Ausland in der Regel nur noch dann bestehe, wenn es sich um Summen von über 300.000 (Einzeltransfers) bzw. 500.000 D-Mark insgesamt handele; alle niedrigeren Beträge seien nicht mehr durch die Steuerfahndung Ffm. V zu bearbeiten.

Die erfahrenen Steuerfahnder sind sich sicher, dass sich mit diesen Kriterien ein Anfangsverdacht weder nachvollziehbar begründen noch ablehnen lässt. Sie vermuten eine versteckte Agenda hinter der Dienstanweisung, die auf Schonung und Ungleichbehandlung von Steuerhinterziehern hinauslaufe.

Ihre Kritik setzt sich detailliert mit den Schwachstellen und Implikationen der Amtsverfügung auseinander. Die Amtsleitung reagiert mit Sanktionen, wie sie das Beamtenrecht in solchen Fällen zwar nicht vorsieht, aber zulässt: Disziplinarverfahren, dienstliche Beurteilung, Abordnung, Umsetzung, Versetzung. Hier kommt das ganze Register zur Anwendung.

Wehrheim kämpft mit gegen Umsetzungen und Versetzungen, gegen die Zerschlagung des Bankenteamsund für Solidarität. Als 48 Fahnder wegen der Zustände am Finanzamt einen Brief an den Ministerpräsidenten Koch schreiben, aber dann nicht abschicken, merkt er: „Angst ist das Ende und der Tod von Solidarität“.

Am Schluss dieser Aktion sind nur noch 15 von ehemals 70 Kollegen bereit mitzumachen. Er sagt: „Wenn wir alle unterschreiben, kann doch keinem was passieren.“ Aber keiner sei mehr aufgestanden.

Im Dezember 2003 folgt die Umsetzung von weiteren elf Fahndern. Diesmal erwischt es auch Wehrheim. Er hatte sich eigentlich für unangreifbar gehalten, nach so langen Jahren in der Fahndung, außerdem noch als Schwerbehinderter und als Schwerbehindertenvertreter. Er schildert das so:

„Ich dachte, das kann nicht wahr sein. Das kann nicht passieren! Aber es geschah von einem Tag auf den anderen. Das müssen Sie sich vorstellen wie im Film: „Geben Sie Ihren Sheriffstern ab, machen Sie Ihr Pferd fest, geben Sie Ihre Dienstwaffe ab, das war’s.“ So ähnlich ist das auch beim Finanzamt: Dienstmarke abgeben, Feierabend. Dann versetzt man Sie in eine andere Abteilung. Dort habe ich wirklich Fälle mit einem Streitwert von 70 Euro bearbeitet. Da saßen Leute, hochqualifizierte Fahnder, die angeblich schwierige Rechtsmittel bearbeiten sollten. Aber es gab kaum Fälle und es gab keinen Chef. Es wurde Däumchen gedreht und am Computer gespielt."

Wieder schreibt Wehrheim deutliche Worte an den Behördenleiter: „Sie haben ein ‚Feindbild Steuerfahndung‘ und entziehen dieser Dienststelle durch die Umsetzung 10 schwer zu ersetzende Fahndungsprüfer, die im Zeitpunkt leerer Kassen an der Steuerfront fehlen werden.“

Am 30.9.2004 beschwert er sich mit einem Schreiben an den Hessischen Finanzminister über die Behandlung Schmengers. Die Behördenleitung versuche seit zwei Jahren „dem Kollegen physisch wie psychisch zu schaden.

Jetzt ist Frank Wehrheim pensioniert. Aber er schreibt weiter.Tatort Steuerfahndung. Ein Insider über Machenschaften und Methoden der geheimnisvollen Behörde, heißt sein Buch, das im Mai 2011 erschienen ist. Er hat es seinen ehemaligen KollegInnen gewidmet: „Sie hatten den Mut bewiesen, gegen eine aus dem Ruder laufende Finanzbehörde aufzubegehren. Die vier Beamten wurden daraufhin für psychisch krank erklärt und so zwangsweise aus dem Dienst entfernt...“


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Die ganze Geschichte und jene auch seiner drei ehemaligen Kollegen ist dokumentiert unter www.ansTageslicht.de/Steuerfahnder.

(Text: AFa, Fotocopyright: Petrov AHNER)

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