Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 14.01.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

Abgefahren

„Deutschland kürt sein Lieblingsauto“ – so wirbt der mächtige ADAC für seinen Preis „Gelber Engel“. Jeder Autokonzern will ihn gewinnen. 
Warum aber veröffentlicht der Club offenbar frisierte Zahlen über die abgegebenen Stimmen? Das ist die Vertrauensfrage 


München – Deutschland hat gewählt, der Gewinner steht fest, das Theater kann beginnen. Alles ist gerichtet für den großen Festakt in der Allerheiligen-Hofkirche der ehemals königlichen Residenz in München. Dort verleiht der ADAC am Donnerstag zum zehnten Mal den „Gelben Engel“, den, laut ADAC, „wichtigsten Autopreis Deutschlands“. 

 Und auch wenn Bundespräsident und Kanzlerin in diesem Jahr fehlen – die Gästeliste ist nicht schlecht. Diverse Noch- oder Ex-Verkehrsminister, etliche Formel-1-Größen und selbstverständlich der gesamte deutsche Autoadel haben sich angekündigt: die Piëchs und die Porsches, VW-Winterkorn, BMW-Reithofer, Audi-Stadler und viele mehr. Wer zu den „Auto-Oscars“, wie die Welt am Sonntag die Preisverleihung nennt, nicht eingeladen wird, ist ein Nichts, ein Niemand in der Branche. Das Motto der Veranstaltung: „Deutschland kürt sein Lieblingsauto“. 

Deutschland? 
  

Der ADAC ist Deutschland. 
 

Kleiner geht’s nicht. Aber der Deutsche an sich ist irgendwie ja auch der deutsche Autofahrer an sich, und der ADAC ist mit seinen 18,8 Millionen Mitgliedern nun mal das amtliche Organ des deutschen Autofahrers. Unter diesen fast 19 Millionen Mitgliedern, so formuliert der ADAC es Jahr für Jahr aufgeregt, wird nun „das Lieblingsauto der Deutschen“ ermittelt – das ist die wichtigste Kategorie beim „Gelben Engel“. 
  

Man ahnt schon: Es machen nicht alle mit. Ist ja auch klar. Weniger klar ist, wie der ADAC auf die Teilnehmerzahlen kommt, die er veröffentlicht: 2012 hätten demnach 290 000 Menschen abgestimmt. Eine wohl eher frei erfundene Zahl – das sagen ADAC-Mitarbeiter und das untermauern interne Unterlagen, die der SZ vorliegen. Tatsächlich wurden rund 76 000 gültige Stimmen gezählt und 70 000 computergenerierte Stimmversuche annulliert. 
  

Woher plötzlich die anderen angeblich gültigen 214 000 Stimmen kommen? 

Gute Frage. 
 

Der ADAC antwortet wolkig, es sei eine „komplexe Thematik“, es gäbe „eindeutig zuordenbare“ und „nicht eindeutig zuordenbaren“ Stimmen, „eingegangene“ und „gezählte“ Stimmen. Außerdem hätten „mehrere Teams an anderen Orten“ mitausgewertet. Wo diese Teams sitzen, erklärt der ADAC nicht. Auch in den damit befassten Bereichen weiß man nichts von diesen Teams. 
 

Bei aller Komplexität gibt es aber auch das: verschiedene Endergebnisse. Ein ADAC-Papier vom Dezember 2013 nennt als offizielles Endergebnis für den Gewinner des „Gelben Engels 2014“ 34 299 Stimmen. In Wahrheit haben wohl nur 3409 Menschen für das Siegerauto gestimmt. In Worten: dreitausendvierhundertneun. 

 Ach so: Das neue „Lieblingsauto der Deutschen“ – oder sollte man sagen: von ein paar Deutschen? – ist der VW Golf. Glückwunsch, Herr Winterkorn!    
 

VW hat fast 600 000 Mitarbeiter, schon ein halbes Prozent der Belegschaft könnte die Wahl entscheiden. Oder ganz anders: Es gibt 600 Opel-Clubs weltweit. Wenn jeder davon nur sechs ADAC-Mitglieder für die Wahl mobilisiert hätte, und diese sich beispielsweise auf den Opel Mokka geeinigt hätten, hieße das „Lieblingsauto der Deutschen“ jetzt Opel Mokka. 
  

Aber bevor man jetzt über diese Wahl und die Blamage lacht, muss die Bedeutung des „Gelben Engels“erklärt werden: Diese Auszeichnung ist – oder war – tatsächlich wertvoll. Nicht ohne Grund sah man im vergangenen Jahr doppelseitige Mercedes-Anzeigen in Zeitungen und Magazinen, die den Sieg der A-Klasse feierten: „Lieblingsauto der Deutschen“. Der Preis kommt vom ADAC, und wenn es um Autos geht, ist der ADAC nun mal das Maß der Dinge. 
  

Tatsächlich gibt es kaum eine Institution, der die Deutschen so vertrauen wie dem ADAC. Wenn bei Markentests gefragt wird, wem man vertrauen kann, landet der ADAC wieder und wieder an der Spitze, und zwar vor Institutionen wie dem Roten Kreuz, Greenpeace oder der Caritas. 
  

Man versteht das. Wer einmal von den Pannenhelfern gerettet wurde, irgendwo im Schwarzwald, in Südwales oder Norditalien, oder nachts auf einer einsamen Bergstraße mit einem Baby im Wagen – der wird ewig dankbar sein. Die ADAC-Pannenhilfe ist die letzte echte Sicherheit in Deutschland. Auf die gelben Engel wird immer Verlass sein. Das ist die Grundlage des Vertrauens. 
 

Andersherum ist das Vertrauen der Deutschen das größte und wichtigste Kapital, das der ADAC besitzt. Weil die Deutschen dem ADAC vertrauen, werden sie Mitglied. Weil sie ihm vertrauen, vertrauen sie seinen Tests, seiner Pannenstatistik, seinen Empfehlungen. Weil die Deutschen dem ADAC vertrauen, funktionieren aber auch all die anderen Geschäfte der inzwischen circa 40 kommerziellen ADAC-Töchter: Sie bieten Versicherungen an und Kreuzfahrten, Bücher und Outdoorjacken, Autokredite, Mietwagen und, und, und. 
  

Was wäre das für ein Desaster, wenn das Vertrauen in den ADAC durch eine an sich lächerliche Abstimmung beschädigt würde. „Für den ADAC wäre das eine Katastrophe, er hätte ein massives Glaubwürdigkeitsproblem, das so schnell auch nicht mehr aus der Welt zu schaffen wäre“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg-Essen und einer der besten Branchenkenner. Der Schaden wäre immens – und das nicht nur, weil der Ruf des „Gelben Engels“ ruiniert wäre. „Der Preis wäre nahezu wertlos. Wer will so einen Preis denn noch entgegennehmen?“, sagt Dudenhöffer.    
  

Das wäre wiederum ein ernsthaftes Problem für den Mann, der so etwas ist wie der Patron des Preises: Michael Ramstetter. Er ist nicht nur Chefredakteur der ADAC-Zeitschrift Motorwelt , sondern auch Kommunikationschef des gesamten Verbandes. Ein untersetzter, etwas gedrungen wirkender Mann von 60 Jahren, der meist bayerisch-jovial auftritt, den seine Untergebenen wegen seiner Wutanfälle hinter seinem Rücken aber „Rambo“ nennen. Ein Mann jedenfalls, der im ADAC eine Menge zu sagen hat. Ramstetter war es auch, der den „Gelben Engel“ 2004 erfunden hat. Einem Branchenmagazin sagte er damals: „Der ,Gelbe Engel‘ ist sicher von Anfang an der wichtigste und größte Autopreis, den es in Deutschland gibt.“ 
 

Das ist das Selbstverständnis. 
 

 Bei Ramstetter laufen seit jeher die Fäden der Abstimmung zum „Gelben Engel“ zusammen. Gewählt werden kann auf zwei Arten: zum einen via Internet, zum anderen per Post. Entweder loggt man sich als ADAC-Mitglied auf der Internetseite des Vereins ein und stimmt ab, oder aber man schneidet aus der ADAC-Motorwelt einen Wahlcoupon aus und schickt diesen ein. Die Coupons werden nach SZ-Informationen in der ADAC-Technikstelle in Landsberg am Lech ausgewertet, die Internet-Umfrage in der Zentrale in München. Am Ende stehen zwei Tabellen mit Zahlen – die Endergebnisse Online bzw. Print. Beide gehen, das berichten Mitarbeiter unisono, direkt an Ramstetter. Wenn die Zahlen sein Büro wieder verlassen, scheinen sie sich vervielfacht zu haben. 
  

Michael Ramstetter erklärt, die Ergebnisse würden in einem größeren Kreis „diskutiert, abgestimmt, autorisiert und zur Veröffentlichung freigegeben“. 
Sowohl ADAC-Präsident Peter Meyer als auch Geschäftsführer Karl Obermair bestehen darauf, dass die Zahlen stimmen. Sie geben aber auch an, die Ergebnisse zum „Gelben Engel“ erst in finaler Version zu sehen. Sprich: die offiziell herausgegebenen Zahlen. Sollten die frisiert worden sein, wären sie damit aus der Schusslinie. 
 

Man muss sich das kurz bildlich vorstellen: Setzt sich da wirklich jemand hin und denkt sich Phantasiezahlen aus? Zum Beispiel diese: Die fünf Erstplatzierten hätten 2012 angeblich 105 432 Stimmen erhalten, zu lesen in einer Motorwelt -Publikation. So viele gültige Stimmen wurden damals nach SZ-Informationen insgesamt nicht einmal abgegeben. 
Es hätte ja genügt, die Zahlen verschämt zu verschweigen. Aber offenbar war die Realität zu klein für den mächtigen ADAC, es mussten auch Zahlen her, die besser zum Selbstbild passen. 
  

Ein Selbstbild, das sich auch aus Zahlen nährt. 2012 hatte der ADAC mehr als eine Milliarde Euro Mitgliedereinnahmen, 
61 μMillionen blieben nach allen Abzügen als „Zuführung zum Vereinsvermögen“ übrig. Allein in den vergangenen fünf Jahren konnte der ADAC so ziemlich genau 
300 Millionen Euro beiseitelegen. Und das waren erst die Mitgliedereinnahmen: Auch die kommerziellen Töchter des ADAC machen Jahr für Jahr Umsatz in Milliardenhöhe, 2012 waren es 1,03 Milliarden Euro, der Gewinn lag bei etwa 85 Millionen Euro. 
 

Über die Jahre hat der Verein ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Euro angehäuft. Diese Sicherheit, lässt der ADAC ausrichten, erlaube dem Verein eine Meinungsunabhängigkeit gegenüber den ,Großen und Mächtigen‘ im Land“. 
  

Als ob der ADAC da nicht dazugehören würde. Welch andere Lobby verfügt über derart viel Geld und Einfluss? Und welch andere Lobby mischt sich derart offensiv ein in die Politik? „Der ADAC besitzt nicht nur unheimliche Macht“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, „der ADAC scheut sich auch nicht, sie einzusetzen.“ 
  

Vor rund 25 Jahren versuchten der deutsche Großschriftsteller Günter Grass und der Publizist Klaus Staeck, den politischen Einfluss des ADAC zu bekämpfen. Beide verkündeten öffentlich ihren Austritt aus dem Verein und riefen die Deutschen auf, es ihnen gleichzutun. Etwa 400 Gleichgesinnte folgten. 

400. Das ist natürlich rührend. 
  

Heute hat der ADAC fast zehn Millionen Mitglieder mehr als damals, und die These, wonach keine Regierung am ADAC vorbei regieren könne, wurde wieder und wieder bestätigt. Man wird sehen, wie das Gegenexperiment der Pkw-Maut ausgeht. 
  

Ob E10 oder Tempolimit, Null-Promille-Grenze oder Pkw-Maut – der ADAC kämpft mit allen Mitteln des Lobbyismus. Aus dem „Präsidialbüro“ Unter den Linden wird die Berliner Politik bearbeitet, in der für 325 Millionen Euro neu erbauten Münchner Zentrale, ein modernistisch gelb leuchtendes Großgebäude, kümmern sich etwa 120 Mitarbeiter im Bereich Öffentlichkeitsarbeit um Restdeutschland. Eines der wichtigsten Machtinstrumente: die ADAC- Motorwelt . Mit ihren 13,8 Millionen Auflage ist sie das größte Magazin Deutschlands, ja sogar das größte Europas. Welcher Politiker will es sich mit einem Blatt verderben, das laut Leseranalyse jeden Monat circa 16 Millionen Deutsche erreicht – weit mehr als Spiegel und Stern zusammen? Die Antwort gab Michael Ramstetter selbst in einem Interview: „Wenn ich einen Politiker im Blatt haben will, dann bekomme ich ihn. Und wenn ich die Bundeskanzlerin bitte, eine Gastkolumne zu schreiben, dann schreibt sie.“ 
  

Unbescheiden kann man so einen Satz wohl nennen. Oder großkotzig? Jedenfalls ehrlich. Ramstetter steht dazu, dass in seinem Heft auch Lobbyarbeit betrieben wird – im Sinne der ADAC-Mitglieder natürlich. 
  „In Wahrheit ist der ADAC längst seine eigene Lobby“, widerspricht Ferdinand Dudenhöffer, „er hat eigene Ziele, die nicht mehrheitlich von 19 Millionen Mitgliedern bestimmt werden, sondern von einem Führungszirkel, in dem wenige das Sagen haben. Und diesen wenigen geht es vor allem um die eigene Macht.“ 
  

Eine Dimap-Umfrage zeigt, dass die Meinung der ADAC-Mitglieder tatsächlich nicht immer maßgeblich sein muss für die Meinung des ADAC. So sind demnach 
78 Prozent der Mitglieder für die Null-Promille-Grenze. Der ADAC aber ist strikt dagegen. Noch immer feiert und fördert der ADAC den Motorsport nahezu kritiklos, während eine klare Mehrheit der ADAC-Mitglieder gegen Motorsportförderung ist. Und während der ADAC gegen ein Tempolimit kämpft – das für den Rest der zivilisierten Welt selbstverständlich ist – sind seine Mitglieder gespalten. 47 Prozent dafür, 53 Prozent dagegen. 
  

Anders gesagt: Der ADAC hat sich als Lobby gewissermaßen selbständig gemacht. Die Konzentration gilt der Mehrung von Umsatz und Macht. Und im Grunde ist der ADAC auch längst mehr Konzern denn Verein. Allerdings ein Konzern mit der Organisationsstruktur eines Kaninchenzüchtervereins. Zwar sitzt im Münchner Hauptquartier Geschäftsführer Karl Obermair, aber das Sagen hat tatsächlich ein ehrenamtlicher Präsident: Peter Meyer, 61, erfolgreicher Spediteur. Um ihn gruppiert sich eine Reihe älterer Herren: das Präsidium. Sie alle werden wohl dabei sein am Donnerstag, wenn die „Gelben Engel“ gefeiert werden, und man danach am Buffet im Kaisersaal der Residenz mit der Prominenz beisammensteht – es ist einer der Höhepunkte des Vereinsjahres. 
 

Ein Kontrollgremium sucht man beim ADAC vergeblich. Genauso wie Frauen im Präsidium: Es regieren der Präsident und seine Mannen. Und sie eint offenbar die Auffassung, dass der Verein noch größer werden muss. Noch wichtiger. Dass etliche Geschäftsmodelle mit der Rolle des ADAC als objektiver Instanz kaum vereinbar sind, scheint ihnen kein Problem zu sein. 
 

Aber wie soll man es verstehen, dass der ADAC seit Jahren die freien Tankstellen protegiert und die Abzocke der Tank-Multis anprangert – um auf einmal seine Mitglieder beispielsweise zu Shell zu lotsen, wo sie als Mitglieder den Liter einen Cent billiger bekommen? Ist Shell plötzlich einer der Guten? Oder nur ein guter Geschäftspartner? 
   

„Das ist in der Tat hochproblematisch“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, der Professor für Automobilwirtschaft, „es ist ein weiteres Problem für die Glaubwürdigkeit des ADAC.“ Seiner Meinung nach gibt es einige solcher „unauflösbaren Interessenkonflikte“. Zum Beispiel verdingt sich der ADAC als Assistance-Dienstleister für Autohersteller. Wer einen Neuwagen kauft, bekommt meist eine „Mobilitätsgarantie“ dazu. Wenn der Wagen dann liegen bleibt, genügt ein Anruf bei der Hotline. Die Helfer aber sind immer öfter die „gelben Engel“. Der ADAC fährt unter anderem für Ford, Opel, Nissan, Honda, Kia, Hyundai, Citroën, Peugeot, Volvo, Jaguar, Rover sowie eingeschränkt für Daimler, BMW und VW. 
 

Kann der ADAC diese Marken objektiv testen? „Wenn die Stiftung Warentest Produkte testen würde, mit deren Herstellern sie in engen Geschäftsbeziehungen steht, fände man das zu Recht absurd“, sagt Dudenhöffer, „beim ADAC ist das Realität.“  
  

Der Blick auf die Tochterfirmen zeigt auch, wie gut der ADAC als Vermittler an Provisionen verdient. Und sein bestes Verkaufsargument ist: der gute Name. 
Vertrauen ist ein kleines, sensibles Ding. So zerbrechlich und so empfindlich. Wie es wohl die Nachricht aufnähme, dass der ADAC bei seinem Autopreis Stimmzahlen zurechtbiegt – nur weil die ein wenig zu läppisch wirken? 
  

Die Sache mit dem „Gelben Engel“ trifft den ADAC zu einer äußerst ungünstigen Zeit. Im vergangenen Jahr gab es in den Regionalablegern des ADAC intern Sexismus- und Mobbing-Vorwürfe, die Rede war sogar von Abhöraktionen. Gerade wurden die Mitgliedsbeiträge erhöht, und zwar gleich um zehn bis zwölf Prozent – trotz all der Milliarden. Das muss man nicht verstehen. Und dann fordert ausgerechnet ADAC-Präsident Peter Meyer öffentlich die Erhöhung des Benzinpreises. 
 

Die Bild hob ADAC-Präsident Meyer prompt auf die Titelseite, und schrieb darüber: „Rad ab?“ 
  

Eine Kommunikationskatastrophe, und damit ein weiteres Problem im davon wahrlich nicht armen Aufgabenbereich von Michael Ramstetter. In seiner Abteilung haben gerade 30 Untergebene einen Brief an den Betriebsrat und den Personaldirektor geschrieben, in dem sie auf die „Problemsituation“ in Ramstetters Bereich hinweisen: Es gäbe keine „Vertrauensbasis“ mehr. Unter den Vorfällen, die der SZ geschildert wurden, sind auch solche, die offenbar Mobbingtatbestand erfüllen. Daneben hört man aber auch aus der Motorwelt selbst Geschichten, in deren Mittelpunkt ein Journalismus steht, der mit Gefälligkeitsjournalismus noch wohlwollend beschrieben ist: So sollen positive Artikel gedruckt worden sein, weil Stahl- und Automobillobby an die ADAC-Stiftung „Gelber Engel“ gespendet hatten – deren Geschäftsführer ebenfalls Michael Ramstetter heißt. 

Michael Ramstetter bestreitet die Vorwürfe. 
  

Vielleicht ist es letztlich die Geschichte eines Mannes, der zwar viel Macht hat, seine Macht aber dennoch überschätzt. Es gehört schon einiges dazu, im Büro des Chefredakteurs der Bild -Zeitung laut zu werden und Chefredakteur Kai Diekmann, so wird es erzählt, mit dem Entzug von millionenschweren Druckaufträgen für die Springerpresse zu drohen – Druckaufträgen, die Ramstetter weder zu vergeben noch zu entziehen berechtigt war. Diekmann soll den ADAC-Mann aus dem Büro geworfen haben. 
 

Ramstetter bestreitet den Vorgang. 
 

Rational wäre das auch kaum zu verstehen. Warum täte einer so etwas? Weil er glaubt, dass für ihn einfach andere Regeln gelten? Und ist es so undenkbar, dass jemand in dieser Verfassung hinginge und sich ein paar Zahlen ausdenkt, die bei einer Preisverleihung dann mehr hermachen? 
 

Noch einmal: Der ADAC bestreitet jede Art der Manipulation. Stattdessen wittert man dort eine Rufmordkampagne. Der ADAC witterte aber auch eine politische Verschwörung von Bild und CSU, als Präsident Meyer sich selbst mit seiner Benzinpreiserhöhungsforderung in die Schlagzeilen brachte. Michael Ramstetter irrt gleichzeitig auf der Suche nach einem Verräter von Abteilung zu Abteilung. 
 

Wer übrigens dieser Tage in der ADAC-Pressestelle anruft und sich erkundigt, wie viele Leser bei der Leserabstimmung des „Gelben Engels“ denn so teilnehmen, bekommt mitgeteilt, dazu dürfe man nichts sagen. Warum die Zahlen auf einmal geheim seien? Betretenes Schweigen. Auch das dürfe man nicht sagen.    

Die Laudatio zum „Lieblingsauto des Jahres“ soll übrigens Michael Ramstetter halten.