Vom Verein zum Großkonzern ADAC

Ein kleine historische Rekonstruktion

Oder: Wie er wurde, was er war.

Der „Gelbe Engel“ ist allen ein Begriff. Wir haben eine Panne und rufen sie, damit sie uns helfen – die gelben „Engel“. Doch was steht hinter diesem Konzern und wie begann alles?

Zurück ins Jahr 1903, konkret zum 24. Mai. Damals nannte sich der Club bei Gründung noch Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung (DMV), bis er 1911 in „ADAC“ umbenannt wurde. Gründungsort war Stuttgart. Ein Jahr später, 1904, lag die Mitgliederzahl des DMV bei 3.300. Schon 1905 stieg die Mitgliederzahl auf über 10.000. Zuvor war der Bruder des Kaiser Wilhelm II, Prinz Heinrich, dem Verein beigetreten.

Als im Jahre 1908 beschlossen wurde, dass Mitglieder mit einer sogenannten Grenzkarte die Landesgrenzen ohne Zoll zu bezahlen, überqueren können, stieg die Anzahl der Mitglieder ziemlich schnell. 1911 zählte der Verein bereits 17.000 Mitglieder, davon 12.000 Autobesitzer. Zu dieser Zeit wurden auf den Straßen erste Verkehrsschilder aufgestellt. Beim zehnjährigen Bestehen 1913 war die Mitgliederzahl bereits auf 20.000 angewachsen.

Der erste Weltkrieg

Im Zuge des ersten Weltkriegs klangen auch im ADAC kriegerische Töne an. Die sogenannten „Freiwilligen Automobil-Kolonnen“ wurden eingerichtet, um beispielsweise zwischen Lazaretten und Bahnhöfen als Hilfsdienst zu verkehren. Außerdem gab es einen Aufruf, Verwundete mit Autos zu transportieren.

Im Jahre 1915 wurde die private Nutzung des eigenen Fahrzeugs verboten.

Vier Jahre später, also nach Kriegsende, versuchte der ADAC durchzusetzen, den noch immer verbotenen Verkehr mit Privatfahrzeugen wieder zu erlauben.

Jetzt wurde aus dem Verein eine GmbH, die sich um die Verwaltung, Leistung und die Geschäfte der Mitglieder sorgte.

Mitgliederstand im Jahre 1923: 50.000.

Das dritte Jahrzehnt des ADAC

Sechs Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges war der Motorsport in Deutschland wieder mehr gefragt. Der ADAC richtete viele Veranstaltungen aus. Zum Beispiel eine Touristik-Fahrt, bei welcher die Mitglieder mit  62 Autos und 20 Motorrädern von München durch Rom bis nach Sizilien fuhren, um dort ein Autorennen zu besuchen.

Durch die stetig ansteigende Zahl an motorisierten Fahrzeugen in Deutschland und der damit einhergehenden Anzahl an Unfällen, setzte der ADAC seine Kernforderung im Jahre 1927 durch, dass es einheitliche Straßenschilder geben sollte.

1928 richtete der ADAC einen Straßenhilfsdienst ein, der für die registrierten Mitglieder technische Pannenhilfe anbot.

Im nächsten Jahr empfahl der ADAC eine technische Überprüfung aller Kraftfahrzeuge. Sie gibt es bis heute: Die Hauptuntersuchung durch den TÜV.

Der Zweite Weltkrieg und die Zeit danach

Als der Zweite Weltkrieg begann, wurden alle Kraftfahrer-Vereine und Automobilclubs aufgelöst und in dem Verein "Der Deutsche Automobil-Club e. V.“ vereint.

Ein Jahr nach dem „totalen Krieg“, am 05. Dezember 1946, gründete sich der ADAC erneut. Jetzt mit Sitz in München.

Der Verein wurde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von einem „1. Vorsitzenden“ geführt, sondern es gab ab von nun an einen „Präsidenten“ an der Spitze des Vereins.

Nun begann der ADAC seine Mitglieder regelmäßig mit den sogenannten „ADAC-Mitteilungen“ zu informieren. Die „ADAC-Mitteilungen erschienen einmal pro Monat und hatten eine Startauflage von 5.000 Stück. 1950 wurde beschlossen, dass die Hauptversammlung des Clubs das oberste Organ ist, welches wiederum das Präsidium wählt. Die Hauptversammlung, an der sich theoretisch auch Mitglieder beteiligen können, findet einmal pro Jahr statt. Wer sich daran beteiligen will, muss jedoch hartnäckig sein: Die Einladung ist in der unübersichtlichen ADAC-Motorwelt nur schwer zu finden. Und sie erscheint auch erst kurz vor Fristende in der Zeitschrift. Wer auf der Versammlung auch noch selbst sprechen möchte, muss auch dies Wochen vorher schriftlich ankündigen.

Bei der 50-Jahr-Feier im Jahr 1953 zählte der Club insgesamt 200.000 Mitglieder, womit er größer  war als jemals zuvor, obwohl der ADAC durch die NS-Zeit eine 13-jährige „Pause“ einlegen musste. 1954 kam das erste Mal die Bezeichnung „Engel der Straße“ bzw. „Gelbe Engel“ auf, da die neu etablierte ADAC-Straßenwacht in einem Zeitraum von drei Monaten 25.000mal eingesetzt wurde und ihre Arbeitskleidung sowie ihre Fahrzeuge gelb waren. Die Anzahl der Hilfsfahrzeuge wurde erhöht und es wurden feste Standorte der Straßenwacht eingerichtet.

Die 1. Million Marke

Mit einem täglichen Zuwachs von 1.000 Mitgliedern sprengte der ADAC im Jahr 1965 die 1. Million-Marke. War das Auto vormals ein Luxusgefährt, so wurde der Besitz eines KFZ immer selbstverständlicher – die PKW-Dichte stieg unaufhaltsam.

1970 waren die Unfallzahlen in Deutschland so hoch, dass auf 62 Mio. Einwohner jährlich mehr als 19.000 Verkehrstote gezählt wurden. Infolgedessen rief der Club die Aktion „Deutlich fahren“ ins Leben, die einfache Verkehrsregeln bekannt machte, durch die es weniger Unfälle geben sollte. Von dem 100km/h-Limit auf Autobahnen, das von vielen Mitgliedern und anderen Bürgern gewünscht wurde, distanzierte sich der Verein jedoch weiterhin.

Der Club stieg zu einem führenden Verbraucherschützer auf, da er durch Tests die Öffentlichkeit aufklärte.

1989 wurden die Grenze zwischen Ost-und Westdeutschland geöffnet und nur ein Jahr später zählte der Verein 10 Millionen Mitglieder. Der erste eigene ADAC-Autoatlas kam auf den Markt.

Die Jahrtausendwende bis heute

Das Hundertjährige Jubiläum im Jahr 2003 wurde in Hamburg, Berlin, München, Köln, Saarbrücken und Dresden mit einer Oldtimer-Sternfahrt durch ganz Deutschland zelebriert. Oben drauf gab es noch eine 55cent Briefmarke von der Deutschen Post:

2004 feierte auch die Straßenwacht ihr 50-jähriges Bestehen. Die „Gelben Engel“ kamen 50 Millionen Mal zum Einsatz.

Ein Jahr später beschloss der ADAC den selbsternannten „wichtigsten Autopreis“ genannt „Gelber Engel“ in verschiedenen Kategorien zu vergeben.  Da lange nicht so viele Deutsche für den Preis abstimmten, wie es der ADAC erwartet hatte, erfand der ADAC Medienchef Michael RAMSTETTER einfach Zahlen, womit sich bereits die Affäre ADAC langsam ankündigte.

Im Jahre 2007 wurde die Stiftung Gelber Engel GmbH gegründet, welche sich für Unfallopfer einsetzt und die Unfallforschung und Unfallförderungsprojekte unterstützt.

2008 arbeiteten 6.800 Leute beim ADAC im In-sowie im Ausland. 2012 erreichte der ADAC eine Mitgliederzahl von über 18 Mio. und die ADAC Zeitschrift Motorwelt verzeichnete eine Auflage von insgesamt 14 Mio.

Michael RAMSTETTER, der später, 2014, den ADAC in den Abgrund reißen sollte,  sagte mal über die Bedeutung der Motorwelt: “Sie dürfen mir glauben, wenn ich einen Politiker im Blatt haben will, dann bekomme ich ihn. Und wenn ich die Bundeskanzlerin bitte, eine Gastkolumne zu schreiben, dann schreibt sie.“

Der ADAC erweiterte sich stetig um Tochterfirmen die sich mit Versicherungen, Verlagsgeschäften oder auch mit anderen Geschäftsbereichen beschäftigen.

 

Mit einem Blick auf die Homepage wird klar, dass es sich bei dem ADAC schon lange nicht mehr um einen Verein handelt, sondern das daraus mittlerweile ein Großkonzern geworden ist, der mehr Einfluss hat, als es einem auf den ersten Blick bewusst ist. Zu sehen sind Reiter, welche Versicherungen, Mobilfunk-Tarife, Finanzprodukte und Autovermietung anbieten. Die Pannenhilfe Rufnummer erscheint dort eher nebensächlich. Durch einen Klick kann man die Notfallnummern und alles was mit der Pannenhilfe zu tun hat, ganz von der Seite verbannen.

 

 

Das Organigramm des ADAC soll darstellen wie der Konzern geführt wird:

Ein Milliardenkonzern, geführt wie ein Kleingartenverein

Im Laufe der Jahre wurden die Interessen der Mitglieder immer unwichtiger. Obwohl die Anzahl ständig stieg: auf 19. Millionen im Jahr 2014.

Aus dem einstigen Pannenhilfeservice ist ein Konzern geworden, der allein mit seinen Tochtergesellschaften mittlerweile eine Milliarde € pro Jahr umsetzt.

Der ADAC bezeichnet sich selbst als Idealverein. Ein Idealverein ist nach deutschem Recht ein Verein, der nicht auf die Erzielung von Gewinn aus ist, sondern mehr ideelle Zwecke verfolgt. Aber kann – bzw. konnte – man das vom ADAC behaupten?

Jetzt soll bekanntlich alles anders werden. Vor allem besser. Man wird sehen...

(Gz)