Zu "Besuch bei der Alten Dame": Thea SCHÄDLICH

Ein Gespräch mit ihr im Jahr 2007

Ein buntes Oberteil mit Schmetterlingen und eine silberne Spange im blonden Haar trägt Thea SCHÄDLICH an dem Freitagmorgen, als wir uns mit ihr in der Redaktion des Hamburger Abendblattes in Pinneberg treffen. „Sie sind pünktlich, das gefällt mir,“ sagt sie und wird auch sogleich von der Empfangsdame erkannt. Sie kenne ja den Weg und könne uns zu Frau GIRKE führen. So folgen wir Thea SCHÄDLICH langsam in die Redaktionsräume und fragen uns, ob so eine Frau unter Betreuung aussieht.

Thea SCHÄDLICH antwortet ohne Umschweife auf unsere Fragen und es ist zu erkennen, dass sie eine Frau der Tat ist. Das allererste Mal war sie in die Redaktion gekommen, um sich die Anzeige zeigen zu lassen, mit der ihr Grundstück von der Gemeinde Kummerfeld in die Zeitung gesetzt worden ist.

Geboren und aufgewachsen ist sie in Ellerhop, nur einen Katzensprung von Kummerfeld entfernt. Sie fuhr Rennrad und lief Halbmarathon, dass scheint jetzt nichts Ungewöhnliches zu sein, aber in den 50ern hat sie damit schon so einige bewundernde Blicke von Männern geerntet. Ihr Verehrer, der ihr das 7.000 qm große Grundstück vermachte, war einer von ihnen. Wie Hans Albers sah er aus, schwärmt sie noch heute. Er hätte immer gesagt, sie sei wie ein Engel in sein Haus gekommen. Heirat kam jedoch nie in Frage, da er älter als ihr Vater war, „wir leben ja in einer Provinz,“ erklärt sie.

Frau SCHÄDLICH hat nie in dem Haus in Kummerfeld gewohnt, sie versuchte es über Jahre zu renovieren und bewohnbar zu gestalten. Darüber gehen jedoch die Meinungen jäh auseinander, da die Baustoffe und die anderen angesammelten Utensilien einigen Nachbarn ein Dorn im Auge waren. Dass sich auf rund 7.000 Quadratmetern auch noch gut 25 Reihenhäuser bauen lassen, sei mal nebenbei bemerkt. Erwähnenswert hingegen ist, dass Sammeln, und dabei ist es völlig irrelevant worum es sich konkret handelt, hierzulande nicht verboten ist, auch wenn andere es für „Müll“ halten.

Wenn wir Frau SCHÄDLICH zu ihrem Haus und den komplett gerodeten Baumbestand auf ihrem verkauften Grundstück fragen, gerät sie Rage, die Worte überschlagen sich, wirre Geschichten reihen sich aneinander. Sie sieht ganz plötzlich müde aus. „Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich mein gesamtes Geld genommen und wäre ins Ausland gegangen,“ gesteht sie uns.

Jetzt versucht sie stattdessen mit Hilfe ihrer neuen Betreuerin, ihre Gelder zu ordnen, um ihr Grundstück wieder zurück zu kaufen. Der Rechtsanwalt ihres Vertrauens, nicht zu verwechseln mit dem vom ursprünglichen Zweitbetreuer eingeschalteten „berühmt-berüchtigten“ Medienanwalt aus Berlin, hat vor Gericht durchgesetzt, dass der ominöse Verkauf an die Gemeinde Kummerfeld wieder rückabgewickelt werden muss. So ist es schon durchaus verständlich, dass Frau SCHÄDLICH niemanden mehr voll vertraut. Am liebsten würde sie daher alles selbst in die Hand nehmen, Kompromisse sind ihr zuwider, auch wenn sie vermutlich nicht drum herum kommen wird, wenn sie nicht noch mehr Geld verlieren möchte.

Stattdessen setzt sie sich jedoch gegen alles zur Wehr. Sie nimmt sich Gutachter, die das Haus bewerten sollen und betritt das Grundstück, um die letzten überlebenden Stauden Rhabarber zu gießen. Dass es ihr aber untersagt ist, das Grundstück zu betreten, solange es nicht zurückgekauft ist, ignoriert sie stur. Die Betreuerin, die - wie einst Don Quijote - gegen Windmühlen kämpft, um nicht mit Frau SCHÄDLICH von einem Prozess in den nächsten zu geraten, hat sich mit dieser ehrenamtlichen Aufgabe einen Fulltimejob ausgesucht, für den sie eine Pauschale von 312 Euro im Jahr erhält. Die vorherigen Berufsbetreuer durften 45 Euro die Stunde abrechnen und diese über 4,5 Stunden die Woche.

„So ein Betreuungsgesetz wie es jetzt vorhanden ist, so etwas darf es nicht mehr geben. Das muss gekippt werden,“ erwidert dazu Frau SCHÄDLICH. Ansonsten können vermögenden Menschen, die unter Betreuung gestellt werden, sehr schnell um ihr gesamtes Geld gebracht werden, ohne dass sie sich dagegen wehren können.

Ans Aufgeben hat sie nie gedacht, auch nicht an Angst. „ Angst kenne ich nicht. Es heißt Angst ist ein Bluff der eigenen Seele, ein Herr Löhlein hat dieses Buch einmal geschrieben. Angst nützt einem ja gar nichts. Man muss alles an sich herankommen lassen und durchatmen.“


Hier können Sie sich Teile des Interviews mit Thea SCHÄDLICH als Audiofile anzuhören

(tf, bd)