Der BND und "Curveball" im Überblick

Waren deutsche Agenten am Irak-Krieg 2003 beteiligt?

Das ist das Bild, das am 6. Februar 2003, in allen Zeitungen auf Seite 1 zu sehen und zu lesen war und von allen Fernsehstationen gesendet wurde:

Eine Montage, die George W. BUSH's Außenminister Colin POWELL einen Tag zuvor dem UN-Sicherheitsrat und damit der Weltöffentlichkeit präsentiert hatte: mobile Biowaffenlabore von Saddam HUSSEIN. Weil sie getarnt und ständig unterwegs seinen, hätten sie die UN-Waffeninspekteure auch nicht finden können.

Die Montage und POWELL's Behauptungen werden sich als einer der größten politischen Fakes herausstellen - nachdem der Krieg "erfolgreich beendet" ist ("mission completed"). Der Urheber dieses Fakes: Rafed Ahmed ALWAN, ein Asylant aus dem Irak, der sich wichtig machen wollte. Ebenso wie der deutsche Geheimdienst BND, der mit diesem 'großen Fisch' endlich mal in die Weltliga der Geheimdienste aufsteigen wollte. Der "Überläufer" kam der US-Administration wie gerufen, die schon länger dabei war, alles zu sammeln, womit man einen Einmarsch in den Irak begründen könnte.

Die rot-grüne Bundesregierung unter ihrem Kanzler Gerhard SCHRÖDER und ihrem 'grünen' Außenminister Joschka FISCHER hatte seinerzeit (2002/2003) immer wieder betont, dass sie sich nicht an kriegerischen Aktivitäten im Irak beteiligen werde. Deutsche Soldaten hatten tatsächlich auch nie irakischen Boden betreten. Allerdings:

  • an der inhaltlichen Begründung des US-Präsidenten George W. BUSH und seiner Crew, weshalb man Saddam HUSSEIN schachmatt setzen und deshalb Krieg führen müsse, daran war der deutsche Geheimdienst BND nicht ganz 'unschuldig': Er hatte die USA mit Informationen versorgt, die der irakische "Überläufer", der vom BND mit "Curveball" getauft wurde, zum Besten gegeben hatte
  • während auf Bagdad Bomben fielen und die US-amerikanischen Bodentruppen der Hauptstadt immer näher rückten, gaben 2 BND-Agenten vor Ort Informationen über diverse Vorkommnisse in der Stadt an das Hauptquartier der USA weiter; über die Kriegsrelevanz dieser Informationen stritt ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Ohne auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.


Dass letztlich bekannt wurde,

  • dass Deutschland nicht so völlig unbeteiligt am 2. Irakkrieg der USA war
  • und dass letztlich Informationen des BND den Ausschlag für die Amerikaner gaben, ausreichend Legitimation für einen solchen Krieg zu besitzen,

ist das Verdienst der Medien: Sie haben

  • zunächst die Existenz dieses "Informanten" namens "Curveball" enthüllt
  • und später auch den Lügner "Curveball" sogar namentlich und mit Wohnort in Deutschland outen können.

Dies finden Sie unter Die Enthüllung von "Curveball" durch die Medien.

Der Name "Curveball" ist nicht zufällig gewählt: mit "Curveball" bezeichnet man beim Baseball jenen Wurf, der den Ball so ins Drehen bringt, dass er nicht geradewegs, sondern in einem Bogen durch die Luft fliegt - und so dem anderen das Schlagen dieses Balles erschweren soll.

Dass für den Krieg in der US-Administration alles an Argumentationsgrundlage herhalten musste, was sich finden ließ bzw. was man - mit wenig Aufwand und Zutun - auch ganz anders 'verkaufen' konnte - den eigenen Parlamentariern, den Medien und damit der Öffentlichkeit - das haben wir unter Fakes & Lügen zusammengestellt.

Im Zusammenhang mit seinen Recherchen über "Curveball" stieß beispielsweise der deutsch-amerikanische Journalist John GOETZ auf weitere Informationen: Dass BND-Agenten während des Irak-Krieges in Bagdad wertvolle Informationen an die US-Streitkräfte geliefert hatten, obwohl die damalige rot-grüne Regierung sich nicht am Kriegsgeschehen beteiligen wollte. Diese Enthüllung lief Anfang des Jahres 2006 über das ARD-Politmagazin aus Hamburg, panorama"Bomben auf Bagdad - Deutsche Agenten am Irakkrieg beteiligt".

Zu dieser Zeit musste die inzwischen schwarz-rote Bundesregierung offiziell zugeben, was z.B. DER SPIEGEL schon längst vorher berichtet hatte: dass z.B. der Deutsch-Türke Murat KURNAZ aus Bremen, der von den USA auf Guantanamo inhaftiert war, auch von "deutschen Dienststellen" verhört worden war.

Einige Parlamentarier des Bundestags wollten dies genauer wissen. Just in dieser Zeit platzte John GOETZ auf panorama mit seinen Informationen über die BND-Aktivitäten in Bagdad hinein. Es kam daraufhin zu einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der bis 2009 getagt hatte. Diesen Vorgang haben wir ebenfalls dokumentiert:

Die ganze (Lügen)Geschichte von Anfang an finden Sie unter Wie die Wahrheit scheibchenweise ans Tageslicht kam.

Einen kleinen geschichtlichen Überblick - zur Orientierung über den gesamten geo-politischen Hintergrund - haben wir unter Die zwei Irak-Kriege der USA zusammengestellt.

Wenn Sie diese Geschichte direkt aufrufen oder verlinken wollen, so können Sie dies unter www.ansTageslicht.de/Curveball tun.

Seit der Berlinale 2020 gibt es übrigens eine satirische Darstellung des Berliner Regisseurs Johannes NABER, einen Film, der eigentlich "Curveball" heißen sollte, derzeit aber nicht so heißen darf, weil eine andere Filmproduktion diesen Titel für sich in Anspruch nimmt und dagegen geklagt hatte. Wir verlinken in diesem Zusammenhang auf einen aufschlussreichen Artikel des Berliner Tagesspiegel vom 29. Februar 2020: Wir machen die Fakten.

(JL)