Das Projekt "Smiley" in Berlin-Pankow: "Alles Sauber. Also Rein!"

Die ehemals aktuelle Liste über "Ekel-Gaststätten" in Berlin. Und warum sie derzeit nicht (mehr) existiert.

Dass vieles auch anders geht, wenn man nur will, demonstriert seit März 2009 der Berliner Bezirk Pankow: mit seinem Modellprojekt "Smiley".

Einen solchen Smiley gibt es für Imbissbuden, Gaststätten, Kneipen und Restaurants, die 'positiv' aufgefallen sind, weil "Alles Sauber. Also Rein!" ist. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, de facto allerdings nicht, wenn man die bisherigen Skandale und die Ergebnisse von Lebensmittelkontrolleuren unter die Lupe nimmt.

Letztere schauen in Pankow - insgesamt 12 an der Zahl - jetzt genauer hin und geben ihre Ergebnisse vor allem den potenziell Betroffenen, sprich den Kunden und Verbrauchern bekannt. Das ist neu. Und möglich macht es das neue Verbraucherinformationsgesetz, wenn man das, was damit eigentlich intentiert ist, etwas bewusster und konsequenter interpretiert: dass die neuen Vorschriften und Regelungen vor allem den Verbrauchern nutzen sollen.

Deswegen gibt es neben der so genannten Positivliste, auf der die Betriebe stehen (können), bei denen alles in Ordnung ist, vor allem auch eine Negativliste. Dort sind jene Einrichtungen gelistet, die bei Kontrollen negativ aufgefallen sind.

Beide Listen waren im Internet für jeden einsehbar. Jeder konnte sich informieren - anhand der jeweils neuesten Berichte der Lebensmittelüberwachung. Inzwischen gibt es für den Berliner Bezirk Pankow eine einheitliche Liste. Sie arbeitet ähnlich wie das dänische Modell: Alle Betriebe sind dort gelistet und mit Punkten und unterschiedlich freundlich oder enttäuscht dreinschauenden "Smileys" versehen.

Kaum ins Leben gerufen haben sich bereits andere Berliner Bezirke für dieses Gastro-Gütesiegel - Modellprojekt interessiert. Allerdings machten sich sogleich auch sogenannte Bedenkenträger bemerkbar, die dieses Projekt nicht für so gut befanden. Z.B. der berühmte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. In dem gibt es besonders viele Gastro-Betriebe.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte jedenfalls hatte nie ein Problem damit. Denn jeder, der negativ auffällt, hat es schließlich selbst in der Hand, aus Fehlern zu lernen und dann in jene Liste aufgenommen zu werden, in der es heißt: "Alles Sauber. Also Rein!" Und das ist ja der Sinn dieser politischen Strategie.

Und so ging alles weiter:

Nachdem im September 2012 das neue Verbraucherinformationsgesetz in Kraft trat, meinte Berlins Justizsenator Thomas HEILMANN (CDU) zu meinen, dass es nur noch erlaubt sei, dem Verbraucher Informationen über die Qualität von Produkten zu geben. Wie die Gastro-Produkte zustande gekommen sind, darüber sollte es künftig keine Auskunft mehr geben. So der Justizsenator, der in Berlin gleichzeitig die Verbraucherinteressen vertritt.

Das Bundesverbraucherministerium hingegen betont, dass das neue Gesetz die Rechte der Bürger und Ämter stärke und dass sowohl im Herstellungsprozess als auch beim Endprodukt die Bundesländer weiterhin alle Ergebnisse von Betriebskontrollen veröffentlichen dürfen.

So kommt es, dass sich der Berliner Senat von den Smiley-Bewertungslisten der Bezirke distanziert. Pankow und vier weitere Bezirke stören sich daran nicht. Der Bezirk Pankow will auf keinen Fall auf seine Datenbank verzichten und setzt seit November 2011 wieder seine Smileys ein.

Inzwischen gibt es ein ziemliches Durcheinander. Bezirke gegen Berliner Senat, Verbraucherministerium auf Bundesebene gegen Verbraucherministerien auf der Länderebene, Wirtschaftsminister gegen jeden und gegen (fast) alles. Jetzt soll es einen neuen Anlauf geben, um alle Möglichkeiten zu sondieren und zu vereinheitlichen. Ein Giga-Projekt im föderalen Staat Bundesrepublik Deutschland.

In Berlin, wo alles hierzulande seinen Anfang nahm, sieht die Situation Anfang des Jahres 2014 so aus:

Für die Gastro-Betriebe im Bezirk Pankow kann und darf man alles wissen. So sah die erste Seite des Smiley-Berichts vom Februar 2014 aus:

Den vollständigen und zeitlich letzten (Februar 2014) Smiley-Bericht (563 Seiten!) gibt es als PDF hier.

Allerdings: Firmen und Restaurants begannen zu klagen. Nach dem letzten Urteil des Obervewaltungsgerichts Berlin Brandenburg vom 28. Mai 2014 (Az: OVG 5 S21.14) darf diese Liste in dieser Form nicht weitergeführt werden. Deswegen ist nun die 'hohe' Politik bzw. sind die für den Verbraucherschutz zuständigen Länderminister gefordert.

Auch die Website des Berliner Senats, der von einer Großen Koalition aus SPD und CDU getragen wird,  stellt unter „Sicher-essen-in-Berlin“ keine Informationen mehr bereit:

Dass Transparenz in Sachen Lebensmittelhygiene zur Selbstverständlichkeit werden kann, zeigt das Beispiel in Dänemark. Dort hat man ein solches System (bereits) 2001 eingeführt - gegen die Bedenken und Interessensvertreter vieler. Das Ergebnis ist eindeutig: Wie regelmäßige statistische Erhebungen zeigen, ist die Anzahl der hygienisch einwandfrei funktionierenden gastronomischen Betriebe deutlich gestiegen und zwar auf fast 90%, Mittelmaß und unapetittliche Unternehmen haben abgenommen. Offenbar schmeckt auch den Dänen einwandfreies Essen besser als Gammelpampe.