SPIEGEL-Affäre 1962: ABC der Akteure

Die wichtigsten Namen und Personen sowie ihre Ämter und Funktionen: bei der SPIEGEL-Affäre 1962, nach 1945 und die Zeit davor im "Tausendjährigen Reich".

AHLERS, Conrad

Der stellvertretende Chefredakteur, 40 Jahre alt und Hauptautor der SPIEGEL-Titelgeschichte Bedingt abwehrbereit1962 zur Zeit der SPIEGEL-Invasion gerade in Spanien und wird dort auf Druck seitens Franz Josef STRAUSS von der spanischen Polizei des spanischen Diktators FRANCO unsaft-freundlich überredet, sich tags drauf in Deutschland der heimischen Staatsmacht zu stellen, was AHLERS auch macht. Auf dem Flughafen wird er sofort verhaftet. Er wird 55 Tage im Gefängnis sitzen.     

War vor seiner SPIEGEL-Tätigkeit Pressesprecher im "Amt Blank", der Vorgänger-Institution des Bundesverteidigungsministeriums. 

Danach wird er 1968 Regierungssprecher von Bundeskanzler Willy BRANDT, nochmals später SPD-Bundestagsabgeordneter und ganz zum Schluss Intendant der Deutschen Welle

 


AUGSTEIN, Rudolf

Saß 1962 an seinem 39. Geburtstag bereits neun Tage hinter Gittern. Insgesamt musste er sogar 103 Tage Haft aushalten - erst im Untersuchungsgefängnis in Hamburg, später in Koblenz. Dass er nicht von vorneherein verzeifelte und aufgab, hing u.a. auch mit zwei Dingen zusammen: der vielen aufmunternden Post, die er erhalten durfte. Und mit den vielen Demonstrationen und Protesten auf der Strasse, in Hörsälen und anderen Versammlungsorten. Insbesondere die Proteste am 31. Oktober und der permanente Ruf der Demonstranten vor dem UG:  

"Nun lasst uns alle schrein: AUGSTEIN raus und STRAUSS hinein!" 

Später meinte AUGSTEIN angesichts der Auflagensteigerung des SPIEGEL über seine unfreiwilligen Erfahrungen: "Selten war eine Haft so gut angelegt", gemeint: investiert.

AUGSTEIN, der den SPIEGEL 1946 in Hannover unter dem Titel Die Woche gegründet, 1947 umbenannt und noch später nach Hamburg verlegt hatte, traf 1974 eine nachhaltige Entscheidung: 

Ende der 60er Jahre hatte auch in vielen  Medienhäusern eine interne Diskussion um die Mitbestimmung der Redakteure eingesetzt. AUGSTEIN verweigerte sich zunächst diesen Fragen. Anfang der 70er Jahre rutschte DER SPIEGEL wirtschaftlich in eine Delle - ein größerer Anzeigenboykott, zu dem der Ex-SPIEGEL-Chefredakteur Claus JACOBI, inzwischen bei Axel SPRINGER gelandet, aufgerufen hatte, zeigte Wirkung - viele deutsche Unternehmen, über die das Nachrichtenmagazin aus ihrer Sicht unfreundlich bis kritisch berichtet hatte, entzogen dem Blatt ihre Werbung. Darunter so große Unternehmen wie die deutschen Großbanken (z.B. Deutsche Bank), die vier Chemieriesen (Bayer, Hoechst, BASF) oder auch die Allianz-Versicherung u.a.m.. AUGSTEIN wurde nachdenklich. 1974 dann die Entscheidung: Er vermachte seinen SPIEGEL-Mitarbeitern 50% der Anteile am Verlag. 

Bis heute sind die Angestellten am SPIEGEL zur Hälfte beteiligt und können bei allen relevanten Entscheidungen mitreden und mitbestimmen


BECKER, Hans Detlev

Journalist und seit 1947 bereits beim SPIEGEL, zuletzt sogar Chefredakteur. Musste die Krise im Zusammenhang mit der  
SPIEGEL-Affäre als 41jähriger meistern, war zu diesem Zeitpunkt dann Verlagsdirektor und ein sehr enger Freund von Rudolf AUGSTEIN - seine rechte Hand sozusagen. BECKER wurde ebenfalls verhaftet, als man seine Aufzeichnungen mit den 13 Fragen fand, die er sicherheitshalber noch vor der Veröffentlichung dem BND mit der Bitte um Beantwortung übergeben hatte. Saß dafür 34 Tage im Gefängnis 

Bleibt dem SPIEGEL und Rudolf AUGSTEIN bis zuletzt treu verbunden


BUBACK, Siegfried

1962 einer der Ersten Staatsanwälte bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe und wurde als 42jähriger mit der Aufgabe betraut, die mutmaßlichen Landesverräter in Hamburg dingfest zu machen, was bekanntlich ersteinmal mißlang. AUGSTEIN und AHLERS hatten sich danach freiwillig gestellt. 

BUBACK leitete als oberster Justizvertreter die gesamte Aktion, in der die Sicherungsgruppe Bonn des BKA und der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr (MAD) eingebunden waren. Er saß tagelang in der Redaktion, suchte nach verrätersichen Papieren und Unterlagen, fraß sich durch viele Akten in der SPIEGEL-Dokumentation durch, versuchte vergeblich Rudolf AUGSTEIN in dessen Gefängniszelle mit eingeschmuggelten Bierflaschen zum Reden zu bringen.  

Vor 1945 beantragt BUBACK vor seinem ersten juristischen Staatsexamen die Mitgliedschaft in der NSDAP. Mitgliedsnummer fortan: 817 94 69.

Nach 1962 wird BUBACK 1971 zum Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof befördert, 1974 steigt er zum Generalbundesanwalt auf. 1977 wird er von Mitgliedern der RAF heimtückisch erschossen


BUDDENBERG, Wolfgang

hatte 1962 als zuständiger Ermittlungsrichter für die Bundesanwaltschaft die ganzen 'Papiere' ausgestellt: Haftbefehle gegen AUGSTEIN, AHLERS und andere sowie die Durchsuchungsbeschlüsse für den SPIEGEL-Verlag, etc. 

Vor 1945 Mitglied der NSDAP. 

Nach 1962 gerät BUDDENBERG in den Fokus der RAF. Weil er Manfred GRASHOF, der zum harten Kern der BAADER-MEINHOF-Gruppe gehörte und bei seiner Gefangennahme einen Polizisten erschossen hatte und dabei selbst verwundet wurde, vom Haftkrankenhaus in ein Untersuchungsgefängnis einweisen ließ, kam es im Mai 1972 zu einem Bombenattentat auf BUDDENBERG's Auto. In dem saß allerdings seine Frau, die schwer verletzt wurde. 

Die meisten Haftbefehle, Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse in Sachen RAF bzw. BAADER-MEINHOF werden seine Unterschrift tragen


ENGEL, Johannes K

Der 35 Jahre alte Chefredakteur und erst seit kurzer Zeit in dieser Funktion musste 1962 nur 1 Tag bzw. Nacht in Haft verbringen, weil er sich zur Zeit der beginnenden Invasion in den SPIEGEL gegen 21 Uhr in der Nähe des Pressehauses befand. Am Zustandekommen der Geschichte "Bedingt abwehrbereit" war er - im Gegensatz zu seinem Chefredakteurskollegen Claus JACOBI - nicht beteiligt.  

Nach 1962 wird er noch bis 1987 Chefredakteur bleiben, einer der langjährigsten verantwortlichen Blattmacher beim SPIEGEL 


von der HEYDTE, Prof. Dr. Friedrich August Freiherr

Der konservative Jurist und Staatsrechtler, der 1962 55 Jahre alt war und das Militärische über alles liebte (vor 1945 Offizier erst der Reichswehr, dann der Wehrmacht und dort zuletzt Oberstleutnant einer Fallschirmjägertruppe) mochte den SPIEGEL überhaupt nicht, weshalb er ihn mehrfach, fast regelmäßig, mit Pamphleten und Strafanzeigen überzog. Zuletzt wegen des Verdachts auf "Landesverrat" - mit einem gewissen Erfolg, zunächst.  

Vor 1945 begann der katholisch-fromme Freiherr seine Karriere 1933 im Alter von 26 Jahren mit dem Eintritt in die NSDAP, danach auch in die SA. Nahm eine juristische Assistentenstelle an der Uni Münster an - bei einem ausgewiesenen NS-Juraprofessor. Vor Kriegsbeginn absolvierte er einen Generalstabsoffizierslehrgang an der Kriegsakademie in Berlin und machte seine Karriere dann im Zweiten Weltkrieg. Erhielt wegen seiner "Verdienste" dabei mehrfache Auszeichnungen, u.a. auch das Ritterkreuz mit Eichenlaub. Letzteres sogar aus der Hand des "Führers". 

Nach 1945 , als die NSDAP untergegangen war, suchte er seine politische Heimat als Mitglied in der CSU. In seiner Habilitationsschrift mit dem Titel "Das Weiß-Blau-Buch zur deutschen Bundesverfassung und zu den Angriffen auf 

Christentum und Staatlichkeit der Länder" 1948 lehnte er das bereits in den Grundzügen bekannte Grundgesetz radikal ab. Für den Freiherr kein Grund, in Bayern nicht doch Karriere machen zu können.... Aus diesem Grund ist sein Name auch in dem 1964 erscheinenden Buch Braune Universität aufgelistet. 

Im Zusammenhang mit Deutschlands größtem Parteispendenskandal, der Flick-Affäre in den 80er Jahren , taucht Prof. Dr. Friedrich August Freiherr von der HEYDTE wieder auf: Sein "Würzburger Institut für Staatslehre und Politik e.V. " fungierte als Geldwäschemaschine für die CDU: rund 200 Millionen DM flossen in den Jahren 1969 bis 1980 über das Vereinskonto in die Schweiz, von wo es sich CDU-Funktionäre bar in Koffern wieder abholten. 

Mehr über diese Karriere vor und nach 1945 im deutschen Wikipedia

 


HOPF, Volkmar

agierte 1962 als Staatssekretär von Franz Josef STRAUSS, sprich als sein Stellvertreter. Machte auch richtig Druck, um die Invasion in den SPIEGEL am 26. Oktober voranzutreiben. Musste dann, als die Wahrheit scheibchenweise ans Tageslicht kam, kurzfristig das Bauernopfer abgeben.  

Seiner Karriere hat dies keinen Abbruch getan. 1964 wurde er zum Präsidenten des Bundesrechnungshofes auserkoren. 

Erfahrungen mit dem Staats- und Verwaltungsapparat hatte HOPF bereits vor 1945 sammeln können: Als Mitglied der NSDAP seit 1. Mai 1933 und nationalsozialistischer Mainstream-Jurist stieg er unter Adolf HITLER bis zum Landrat im besetzten "Protektorat Böhmen und Mähren" auf.  

Was der eifrige Staatsdiener 1966 als Zeuge vor dem Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit seiner Funktion 1962 ausgesagt hat (als Präsident des Bundesrechnungshofes), hat der berühmte Gerichtsreporter Gerhard MAUZ im SPIEGEL festgehalten: "Herr Präsident, das ist keine Antwort ..."

 


JACOBI, Claus

Zur Zeit der Invasion in den SPIEGEL hatte gerade der auch für den "Fallex 62"-Artikel verantwortliche Chefredakteur Dienst, konnte aber nicht auf der Stelle verhaftet werden, weil gegen ihn ersteinmal kein Haftbefehl vorlag. Dies geschah einen Tag später und JACOBI, 35 Jahre alt, musste für 18 Tage ins Gefängnis . Beim SPIEGEL war er seit bereits seit zehn Jahren. 

Nach 1962 wird er noch bis 1968 als Chefredakteur agieren. Dann überwirft er sich mit AUGSTEIN, weil ihm dieser zu kritisch gegenüber der Wirtschaft wird. JACOBI wird Chefredakteur der Axel SPRINGER-Zeitung Welt am Sonntag, später auch der Welt. Von dort aus wird er 1970 einen Aufruf an die deutschen Unternehmen starten, den SPIEGEL hinsichtlich Anzeigen und Werbung zu boykottieren. 

 Seine publizistische Karriere, während der er auch viele Bücher schreibt, wird er als Kolumnist für die BILD-Zeitung krönen


MARTIN, Alfred

Den 47jährigen Oberst im Generalstab der Bundeswehr trieb 1962 die Sorge, Verteidigungsminister STRAUSS könnte eine Aufrüstung der Bundeswehr mit eigenen Atomwaffen forcieren und das neue Verteidigungskonzept einer "flexible response" seitens der USA und der Nato konterkarieren, als er versuchte, mit dem SPIEGEL Kontakt aufzunehmen.  

Ein erster Brief an die Redaktion wurde nicht beantwortet. Daraufhin suchte er den persönlichen Kontakt zu AUGSTEIN's Bruder, den Rechtsanwalt Dr. Josef AUGSTEIN, der ihn dann nach Hamburg vermittelte. Er führte mehrere Gespräche, vor allem mit Conrad AHLERS. Mit ihm sprach er sich auch ab, welche seiner Informationen verwendet werden dürften und welche nicht. AHLERS hielt sich daran. MARTIN's Informationen sowie weitere Recherchen von AHLERS, insbesondere im Zusammenhang mit dem Nato-Manöver "Fallex 62" führten dann zu der SPIEGEL-Titelgeschichte Bedingt abwehrbereit

Oberst MARTIN wird 30 Tage in Untersuchungshaft gehalten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm u.a. Geheimnisverrat vor - er habe "pflichtwidrig als Offizier Dienstgeheimnisse offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet". Nach 1962 wird das Strafverfahren gegen ihn nach zwei Jahren vom Bundesgerichtshof eingestellt. Ein Disziplinarverfahren im Verteidigungsministerium, eingeleitet 1963, wird erst nach fünf Jahren eingestellt. Oberst MARTIN, der wichtige Informationen über die Presse an die Öffentlichkeit gegeben hat, wird mit 54 Jahren in den Ruhestand versetzt 


SAEVECKE, Theo

Seit 1951 - nach einem kurzen Intermezzo beim US-Geheimdienst CIA - beim Bundeskriminalamt (BKA) und dort 1956 vom Kriminalkommissar zum Kriminalrat befördert und zum Leiter des Referats "Hoch- und Landesverrat" auserkoren. Stieg zum stellvertretenden Leiter der BKA-Spezialabteilung "Sicherungsgruppe Bonn" auf und leitete in dieser Funktion auch die Aktion gegen den SPIEGEL ab dem 27. Oktober , dem Tag 1 nach der Invasion, weil sein Chef Ernst BRÜCKNER, den Bundespräsidenten ins Ausland begleiten und dort bewachen musste.  

Vor 1945 war SAEVECKE Mitglied der NSDAP und der SS. Während des "totalen Krieges" war er Mitglied der "Einsatzgruppe VI" und am "Unternehmen Tannenberg" beteiligt, das beim Polen-Feldzug der "Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente rückwärts der fechtenden Truppe" diente. Nach der erfolgreichen Besetzung dann Leiter des Mordkommissariats in Posen, was für seinen Tatendrang aber nicht genügte, so dass er sich zum "Sicherheitspolitischen Kolonialdienst" meldete. In der neuen Funktion dann beim Vormarsch von Generalfeldmarschall ROMMEL u.a. in Tunesien im Einsatz. Aufgaben: tunesische Juden für die Zwangsarbeit zu rekrutieren und Zwangsabgaben zu organisieren. 

Von dort nach Italien, 1943 Chef der Gestapo in Mailand. Lässt 1944 mehrere Geißeln zwecks "Vergeltung" erschießen, wird seitdem in Italien als "Henker von Mailand" geführt.  

Nach 1945 führt sein Weg - sozusagen konsequent - ins Bundeskriminalamt, nachdem er offiziell als 'entnazifiziert' galt. Denn noch bis zum Ende der 50er Jahre hatten von 47 leitenden BKA-Beamten 45 eine nationalsozialistische Vergangenheit. Nach der SPIEGEL-Affäre begann sich DER SPIEGEL für ihn zu interessieren und entlarvte seine geschönte Vergangenheit: Vom Windjammer zum Sturm aufs Pressehaus. Als sich der Bonner Bundestag mit der Personalie SAEVECKE beschäftigen musste, bezeichnete Innenminister HÖCHERL ihn als "befähigten Beamten", zwei Disziplinarverfahren überstand SAEVECKE unbescholten. 

1999 wurde SAEVECKE in Italien in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Für SAEVECKE kein Problem - die Bundesrepublik lieferte auch schon damals keine deutschen Staatsbürger ins Ausland aus. Mehr über diese deutsche Karriere im deutschen Wikipedia.


SCHMELZ, Hans

Der 45jährige Co-Autor des SPIEGEL-Berichts Bedingt abwehrbereit, der im Bonner Büro arbeitete, weilte zur Zeit der Redaktionsbesetzung in Budapest/Ungarn. Zweck: ein SPIEGEL-Gespräch mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten. Die Alternative, den Rest seines Lebens hinter dem Eisernen Vorhang zu verbringen, stellte sich ihm nicht. Er kam zurück und meldete sich bei der Sicherungsgruppe in Bonn freiwillig, wurde verhaftet und musste 81 Tage im Gefängnis schmoren. 

SCHMELZ war vor 1945 Major der Wehrmacht und verstand sich auf alles Militärische, was auch nach 1945 sein eigentliches Arbeitsgebiet war. So hatte er beispielsweise vertrauliche Protokolle aus dem Bonner Verteidigungsausschuss besorgt, die er von einem SPD-Bundestagsabgeordneten erhalten hatte und die das Verhalten von Franz Josef STRAUSS bei der Degradierung des Oberstleutnants Siegfried BARTH dokumentierten (DER SPIEGEL, Nr. 23/1962: Rechtsstaatliche Details).  

Nach 1962 verlässt SCHMELZ das Nachrichtenmagazin, für das er vor allem als Rechercheur gearbeitet hatte, und wird in der Ära der Sozialliberalen Regierungskoalition Stellvertreter des Leiters Planungsstab im Bundesverteidigungsministerium


SCHMIDT, Helmut

Das Jahr 1962 war für den noch nicht ganz 44jährigen "Polizeisenator" eine größere Herausforderung. Im Februar war über Hamburg eine der größten Flutkatastrophen hereingebrochen. Helmut SCHMIDT, gerade erst als SPD-Abgeordneter aus dem Bonner Bundestag in seine Heimatstadt gewechselt, meisterte dieses Desaster recht unkonventionell, aber zielgerichtet. Er erwarb sich dadurch unter allen Hamburgern ein hohes Ansehen.  

Dies war auch einer der Gründe, weshalb es ihm gelang, am 31. Oktober mehrfach aufgeregte Menschen und t.w. erhitzte Gemüter vor dem Untersuchungsgefängnis zu beschwichtigen, in dem Rudolf AUGSTEIN einsaß. Gleiches auch im Hörsaal B der Universität: Er konnte die über die nicht zustande gekommene Podiumsdiskussion frustrierten Studenten davon zu überzeugen, wieder nach Hause zu gehen, um am nächsten Tag alles in einem größeren Saal nachzuholen. 

Damit war seine Rolle im Zusammenhang mit der SPIEGEL-Affäre jedoch noch nicht erschöpft. Weil er als Verteidigungsexperte ein international anerkanntes Buch mit dem Titel Verteidigung oder Vergeltung geschrieben hatte und ein Studienkollege von Conrad AHLERS war, bekam er das fragliche Manuskript "Bedingt abwehrbereit" zu lesen und kommentierte es auch. Aus diesem Grund eröffnete die Bundesanwaltschaft auch ein inoffizielles Ermittlungsverfahren gegen den Innensenator (umbenannt aus "Polizeisenator"). Dieses wurde erst im Jahre 1967 - ebenso inoffiziell, wie es begonnen hatte - wieder eingestellt. 

Helmut SCHMIDT ging danach wieder zurück nach Bonn und saß der SPD im Bundestag als Fraktionsvorsitzender vor. In der Sozialliberalen Koalition ab 1969 wurde er zum Verteidigungsminister berufen. Später dann Finanzminister und zuletzt Bundeskanzler bis 1982. Als "Bundeskanzler a.D." war er dann einer der Herausgeber der Wochenzeitung DIE ZEIT.  

Mehr zu seiner Person und Funktion 1962 unter Vaterlandsverräter? Presseverteidiger!


WICHT, Adolf

Oberst beim BND und Repräsentant der Residenz des BND in Hamburg, getarnt als Geschäftsmann. Oberst WICHT war Kontaktmann für den SPIEGEL; er hatte auch die 13 Fragen der Redaktion entgegen genommen, um sie an die Zentrale in Pullach weiterzuleiten. DER SPIEGEL wollte ganz sicher sein, keine Geheimnsse zu verraten. WICHT hatte auch das Feedback zurückgemeldet, dass alles in Ordnung sei. 

Musste deswegen 1962 insgesamt für 49 Tage im Gefängnis schmoren. Danach dann kaltgestellt. 

DER SPIEGEL hatte ein Einsehen und beschäftigte ihn bis zu seiner offiziellen Pensionierung im kaufmännischen Bereich


Dr. WUNDER, Heinrich

ehemaliger Staatsanwalt, der u.a. 3 Jahre bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gearbeitet hatte und danach als Oberregierungsrat in der Rechtsabteilung des Bundesverteidigungsministeriums saß; erstellte bzw. organisierte 1962 auf Bitten der Bundesstaatsanwaltschaft in Karlsruhe ein Gutachten, in dem die landesverräterischen Geheimnisse des SPIEGEL-Artikels „Bedingt abwehrbereit“ nachgewiesen werden sollten.  

Nach 1962 wurde er einer der staatlichen Anklagevertreter im Stuttgarter BAADER-MEINHOF-Prozess. Im Jahr 2012 vom SPIEGEL zu seiner damaligen Funktion befragt, verweigert WUNDER alle Antworten