Warum zwei Amtsträger nicht mit e.on gefahren sind

Die Ausnahmen von der Regel


Reisen nach Barcelona, St. Petersburg, Brügge oder auf eine Ölplattform nach Norwegen. Alles von Energiekonzernen finanziert, angenommen von Aufsichtsratsmitgliedern verschiedener Stadtwerke und wohl schon seit Jahren gang und gäbe. Schwer vorzustellen, dass bei dieser eingefahrenen „Routine“ ein solch verlockendes Angebot abgelehnt wird. Doch dies ist tatsächlich geschehen.

Wir haben mit zwei Bürgermeisterinnen gesprochen die sich, trotz eifrigem Bemühen der Konzerne und ihren großzügigen Angeboten, gegen eine Teilnahme an einer solchen Reise entschieden haben. Dies sind ihre Gründe:

  • Wally FEIDEN (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Bad Honnef, hörte erstmals von einer Einladung durch E.ON während einer Sitzung im Aufsichtsrats ihrer Stadtwerke. Der Konzern lud zur Besichtigung einer Ölplattform in der Norwegischen Nordsee. Es hieß, es hätte eine solche Einladung vor ihrer Amtszeit schon einmal gegeben. Allerdings habe man abgelehnt, da gerade Wahlkampf gewesen sei.

    Für Wally FEIDEN kein Argument: „Entweder man findet solche Einladungen in Ordnung, dann kann man auch im Wahlkampf fahren. Oder man findet es nicht in Ordnung, dann sollte man gar nicht fahren.“ Nach langer Diskussion innerhalb des Aufsichtsrats entschied die Bürgermeisterin, das Angebot von ihren Hausjuristen und Korruptionsexperten prüfen zu lassen. Der Rat: „Finger weg!“ Was FEIDEN von Anfang an für sich entschieden hatte, beschlossen nun auch die restlichen Aufsichtsratsmitglieder. Man lehnte die Einladung ab.

    Die Politikerin sieht sich nicht als leuchtendes Beispiel der Anti-Korruption - für sie ist das eine ganz normale Einstellung. Schließlich ist sie gewählte Mandatsträgerin und trägt damit Verantwortung gegenüber den Bürgern ihrer Stadt. Außerdem würde sie, bei Reisen über mehrere Tage, Hubschrauberflügen und dem Angebot, den Ehegatten mitzunehmen, ein Ungleichgewicht zwischen dem Aufwand und dem tatsächlichen Informationsgewinn sehen.
  • Da Meckenheims Bürgermeisterin Yvonne KEMPEN (CDU) auch privat Kundin bei E.ON Ruhrgas ist, sendete der Konzern seine Einladung für eine Reise nach St. Petersburg direkt zu ihr nach Hause. Angesprochen wurde sie in dem Schreiben allerdings als Amtsträgerin. KEMPEN schickte das Päckchen an den Konzern zurück. Und bat E.ON schriftlich darum, das durch ihre Nicht-Teilnahme eingesparte Geld doch bitte dazu zu verwenden, die Verbrauchsgebühren zu senken.

    „Da habe ich nichts zu suchen“, so die Politikerin. „Wenn eine Bürgermeisterin ständig auf irgendwelchen Plattformen ist, wann und wie will sie sich dann noch um die Menschen kümmern?“ führt KEMPEN weiter aus.

    Sie berichtet, dass sie recht häufig Ziel solch zugedachter Zuwendungen wird, gerade, weil sie eine strikt ablehnende Auffassung gegenüber solchen Dingen hat. Aber Karten für die Oper oder andere Geschenke sind für die Bürgermeisterin weit weg von ihren wirklichen Aufgaben für die Kommune. Wie Wally FEIDEN betont sie, sie sei hauptamtlich gewählt und trage Verantwortung gegenüber ihren Bürgern. Das vermittelt sie auch ihren Mitarbeitern, lässt diese schulen und stellt Verhaltenskodices auf. Oder aktualisiert bereits veraltete. Und zur Not könne man sich ja auch bei der Staatsanwaltschaft Rat holen.

Beide Politikerinnen bedauern, dass in den letzten Jahren die Qualität und Quantität solcher Zuwendungen gestiegen ist. Da fällt es dem einen oder anderen immer schwerer, sich nicht auf ein solches Angebot einzulassen. Letztendlich muss aber jeder nach seinen persönlichen Moralvorstellungen entscheiden, wie er/sie sich verhält.

(mm)