Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 28.02.2012

von Christoph MAYER

Das Geschäft mit der Krankheit

SÜDWEST PRESSE , 28.02.2012 von Christoph MAYER

Sechs Millionen Euro Verlust im vergangenen Jahr, da liegt es nahe, dem Klinikvorstand schlechtes Management vorzuwerfen. Doch das wäre ungerecht. Ein Blick über den Tellerrand zeigt: Die Uni-Kliniken München, Gießen-Marburg oder die Medizinische Hochschule Hannover ereilte 2011 nach Jahren in der Gewinnzone das gleiche Schicksal. Rote Zahlen im ein- bis zweistelligen Millionenbereich – und jetzt ein Streichkonzert.

Kasus knaxus ist der Landesbasisfallwert, die zentrale Rechengröße bei der Krankenhausfinanzierung. Die Zuweisungen sind seit 2010 nicht mehr gestiegen, wohl aber die Ausgaben der wirtschaftlich autonom agierenden Uni-Kliniken: hauptsächlich für Personal – was an Tariferhöhungen liegt – aber auch für Energiepreise. Die makaber zu nennende Konsequenz daraus heißt Wachstum, das auf dem Rücken von Personal und Patienten ausgetragen wird. Auch für Ulm gilt: Die Uni-Klinik braucht Jahr für Jahr mehr schwerstkranke Patienten (denn nur die bringen Geld), will sie keinen Schiffbruch erleiden.

Dass diese blauäugige Rechnung trotz überalterter Gesellschaft nicht aufgehen muss, zeigt das aktuelle Beispiel. Ein Verdrängungswettbewerb und das Sterben kleinerer Kliniken sind deshalb unvermeidbar. Mit der Inbetriebnahme der neuen Chirurgie dürfte die Uni-Klinik immerhin ein paar Jahre auf Wachstumskurs fahren. Doch das wird auf Dauer nicht reichen, die Kostenschere zu schließen.