Die GENERAL-Anzeiger-Berichte, 29.08.2009

Die Millionenfalle, Teil 5

Es hat nicht ganz gereicht. Der Weg des Geldes von Honolulu auf Hawaii nach Bonn kann im Zeitalter elektronischer Blitzüberweisungen nicht zu weit gewesen sein - 32 Millionen Euro, die den Bonner Wähler vor seinem Gang zur Urne etwas hätten beruhigen können. Doch aus der Überweisung von Honua Investment Management Ltd. ist - anders als von Bonns Politikern erhofft - mal wieder nichts geworden.

Das Geld, das einige der dunklen Wolken über dem World Conference Center Bonn (WCCB) und viele Irritationen in der Bonner Bevölkerung vertreiben sollte, kam nicht - wie es schon zum 15. Juli nicht gekommen ist und auch nicht Ende Juli oder Mitte August. Es landete vorerst auf einem Konto in den USA, was theoretisch auch bedeuten kann: Bei einer Bank in einer Nebenstraße des Kapiolani Boulevard in Honolulu, wo Honua seinen Briefkasten hat. Eine stolze Summe, auf die jedoch weder UNCC noch Stadt Bonn noch Sparkasse KölnBonn rechtsverbindlich zugreifen können.

Aus welchem Grund sollte die Investmentfirma Honua, die bereits im Mai 2008 einige Millionen locker machte, um beim UN Congress Center Bonn GmbH (UNCC) als Mehrheitsgesellschafter einzusteigen, das auch gestatten? Schließlich bekam der Finanzinvestor am 5. August 2009 vom Bonner Landgericht im Rahmen einer Einstweiligen Verfügung bescheinigt, dass er UNCC-Anteile kaufte, die der UNCC-Geschäftsführer Man Ki Kim vorher schon an die niederländisch-israelische Arazim Ltd. mit Sitz auf Zypern verpfändet hatte.

Nüchterne Betrachtungen vertragen sich selten mit verwegenen Hoffnungen. Deshalb war die Zuversicht auf eine 32-Millionen-Zahlung nach den Regeln abendländischer Logik nicht mehr als eine Fata Morgana und zugleich auch eine Art Spiegel, der alle Wähler blenden sollte. Dass Arazim sich seine, wenngleich nur vorläufigen Eigentumsrechte an der UNCC und damit an deren millionenschwerem Bauwerk WCCB binnen 48 Stunden abhandeln lässt, war ebenfalls realitätsfern angesichts mehr oder weniger klammer Verhandlungspartner. Denn Arazim-Chef Meir Gurvitz fordert einige Millionen Euro, damit er vom WCCB-Schachbrett (wo er faktisch alle Mitspieler blockiert) verschwindet. Aber wer soll das bezahlen?

Vielleicht könnte im listigen Investoren-Stellungskrieg rund ums WCCB sogar nur ein reicher Mäzen wirklich aus der Patsche helfen? Also ein wahrer, altruistischer Retter und kein Immobilien-Guru über die Profit-durch-Schnäppchen-Tour. So bleibt die Zukunft des WCCB-Projekts, das einmal alle Parteien in seltener Einigkeit 2006 gemeinsam auf den Weg gebracht haben, vorerst weiter ungewiss.

Finanzinvestoren, bundesweit inzwischen als Heuschrecken bezeichnet, können - je nach Gesamtlage und Strategie - blitzschnell wie Geparden sein oder sich langsam wie Schnecken bewegen. In Bonn wünschte man sich Geparden, aber ein bedächtiges Pokerspiel geht Zug um Zug, eben im Schneckentempo.

Und so bewegen sich die Kontrahenten, die täglich mit Millionen hantieren, in Zeitlupe aufeinander zu. Vor Tagen zeigte Arazim-Rechtsanwalt Zvi Tirosh (Frankfurt) noch allen, die Arazim loswerden möchten, die kalte Schulter und teilte mit, dass er mit niemandem verhandele. Gestern sagte Tirosh: "Honua hat um ein Gespräch für Dienstagmorgen gebeten." Die wohl gesetzten Worte sollen jedem, der es vielleicht vergessen haben sollte, daran erinnern, wer sich in der rechtlich stärkeren Position fühlt. Und: "Es gibt keine Agenda für das Gespräch." Soll heißen: Honua will etwas von Arazim und nicht umgekehrt, aber Arazim könnte sich, so soll es erscheinen, auch vorstellen, dass Honua über die allgemeine Weltlage philosophieren möchte.

Da jede Verlautbarung zum WCCB von aufmerksamen Beobachtern in Bonn direkt ins Koreanische oder Englische übersetzt und nach Zypern, Hawaii oder Südkorea gefunkt wird, haben die Verhandlungen im Grunde schon begonnen. Und ob die Nöte und Zwänge, wie sie oberflächlich erscheinen, etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben? Man darf vermuten, dass auch in Tel Aviv ein "Honua-Spion" sitzt, alles zum Thema "Arazim" liest und nach Hawaii mailt, um die Seelenlage des Gegenübers auszukundschaften. Die dürfte alles andere als gelassen sein. Denn die liberale "Ha'aretz", eine der auflagenstärksten Zeitungen Israels, berichtete, dass Arazim durch den Rückgang von Immobilienwerten Ende 2008 einen Verlust von 670 Millionen NIS melden musste, umgerechnet rund 125 Millionen Euro.

Die schweren Verluste hätten das Eigenkapital aufgezehrt, das nun ein Defizit von 317 Millionen NIS aufweise, umgerechnet rund 63 Millionen Euro. Inhaber Gurvitz verhandele mit den Hauptgläubigern, Vertretern der Fonds Clal Insurance und Phoenix-Excellence, um Zahlungsaufschübe zu erreichen. Ein Bonner Wirtschaftsweiser überfliegt die "Ha'aretz"-Zeilen und sagt: "Arazim ist danach überschuldet und zahlungsunfähig und damit nach deutschem Recht insolvenzreif." Aber man darf annehmen, dass auf Zypern andere Maßstäbe gelten - und vermuten, dass Arazim zurzeit im Innern eher wie ein Gepard tickt, aber im Gewand einer Schnecke daher kommt. Highnoon also am Dienstag in Frankfurt.

Die gegenseitigen Abhängigkeiten der Spieler rund um das Schachbrett "WCCB" spiegeln weiterhin (der GA berichtete) eine vertrackte Blockadesituation. Und zum Leidwesen der Stadt Bonn, die in Verkennung der Tatsachen einmal verkündete, sie wolle "die Zügel nun anziehen", sitzt ebendiese Stadt nicht nur in einer Millionenfalle, sondern letztlich in einer unerträglichen Zuschauerrolle.

Letzte Meldung: Auf dem Konto in den USA sind nicht 32 Millionen Euro, wie angekündigt, eingegangen, sondern 34 Millionen Dollar. Also nur 22,4 Millionen Euro. Ein von der Wertigkeit erheblicher Unterschied, der in der Sache aber, wie erläutert, unerheblich ist, weil das Geld ohnehin nicht die Großbaustelle WCCB zur Schlüsselübergabe reifen lässt. Es würde nur verfügbar, wenn die Pokerpartie zwischen Honua und Arazim mit einem Ergebnis endet.

Der Währungsunterschied spiegelt aber offenbar große Differenzen über das, was abgesprochen ist. Oder: Was Hawaii verspricht und Bonn erwartet oder Hawaii mal wieder falsch versprochen oder Bonn falsch verstanden hat. Diese lange Kette der "Kommunikationsstörungen" spiegelt aber auch einen roten Faden, der sich von Anfang an durch Bonns Projekt zieht, das für die einen "Zukunft", die anderen "Prestige" verheißt, während ein städtischer Kämmerer den in die Höhe schießenden Kredit wahrscheinlich als rotes Tuch empfindet, weil er ohnehin schmale Gestaltungsspielräume für die ferne Zukunft Bonns weiter verengt. Ein Faktor, den Honua oder Arazim, immerhin das ist gewiss, so interessiert wie das Wetter von morgen.

Mitarbeit: Andreas Boettcher, Ulrich Bumann, Lisa Inhoffen, Bernd Leyendecker, Florian Ludwig, Ulrich Lüke und Delphine Sachsenröder