Die Berichte von Daniel DREPPER und Niklas SCHENCK, 01.12.2012

Kurzer Draht in den Haushaltsausschuss

Deutschlandfunk, von Robert KEMPE und Daniel DREPPER

Die Spitzensportförderung in Deutschland bleibt weiterhin undurchsichtig. Zuletzt hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Förderung überraschend erhöht. Verantwortlich dafür könnten auch die guten Verbindungen zwischen Sport und Politik gewesen sein.

Der deutsche Sport bekommt im kommenden Jahr drei Millionen Euro mehr als vorgesehen. Das hatte der Haushaltsausschuss kurzfristig in der sogenannten Bereinigungssitzung beschlossen.

Die sportpolitische Sprecherin der Grünen Viola von Cramon zeigt sich über die Aufstockung überrascht. Zu keinem Zeitpunkt habe es Anfragen oder Diskussionen im Sportausschuss des Bundestags diesbezüglich gegeben, so von Cramon.

"Das oberste Gebot sollte Transparenz sein. Wenn der Sport mit Anträgen kommt und sagt, wofür die Mittel verwendet werden sollen, welche Projekt gefördert werden sollen. Ein transparenter Nachweis das zu erbringen, liegt auf der Seite des Sports. Dann kann man schauen, welche Mittel man dafür zur Verfügung stellt. Aber sozusagen auf dem kurzen Dienstweg drei Millionen zu genehmigen, ist glaube ich angesichts der insgesamt angespannten Haushaltssituation in der Bundesrepublik nicht zu rechtfertigen."

Der Vorstoß im Haushaltsausschuss geht auf Norbert Barthle zurück, den haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion. Barthle gilt als Skisportfan. Der aktuelle Präsident des Verbandes für das Skilehrwesen hat auch Erfahrungen im organisierten Sport. Führungspositionen hatte Barthle im Deutschen Skiverband sowie im schwäbischen Landesverband inne.

Auf Deutschlandfunk-Anfrage bestätigte Barthle, dass er mit dem DOSB im Gespräch war. Doch legt er wert darauf, dass alle Entscheidungen mit den Fachpolitikern seiner Partei abgestimmt seien. Aus der Union heißt es, dass der DOSB nach der abschließenden Haushaltssitzung im Sportausschuss noch einmal wegen finanziellen Mehrbedarfs auf die Partei zukam.

Wie die Erhöhung genau zustande kam, will die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag SPD nun beim BMI erfragen. Nach ihrer Einschätzung würden seit 2006 die entscheidenden Gespräche des DOSB mit den Haushältern der Regierungsfraktionen stattfinden. Es könne nicht sein, dass das BMI nicht wisse, wofür es mehr Geld an den DOSB überweisen müsse, so Freitag.

Michael Vesper sagt, als Generaldirektor des DOSB sei er ständig mit den Abgeordneten in Kontakt um die Interessen des Sports durchzusetzen.

"Ich habe mit vielen sportpolitisch-interessierten Abgeordneten gesprochen, ob sie nun im Sportausschuss sind, im Haushaltsausschuss. Auch mit welchen, die in keinem der beiden Ausschüsse sind. Das ist ja meine Aufgabe, den Bedarf, den wir auch an Leistungssportfinanzierung erkennen, der Politik auch weiter zu vermitteln."

Die bisher letzte deftige finanzielle Erhöhung für den Sport gab es im Zeitraum 2007 bis 2010. Damals stieg der Etat für die Verbände und Stützpunkte um 20,5 Millionen Euro. Das war eine Steigerung um mehr als ein Viertel.

Dem vorangegangen waren Gespräche mit dem damaligen Innenminister Schäuble. Schäuble hatte durchblicken lassen, dass eine Erhöhung möglich sei. Für den DOSB war das der Startschuss: Mehrere Mitarbeiter der Abteilung Leistungssport setzten sich monatelang an die Begründung für das Innenministerium. Das zentrale Dokument hat fast 30 Seiten. Es enthält detaillierte Jahresplanungen, Informationen über geplante Zahlungen an einzelne Verbände und die Aufstockung von Trainerstellen. Das Papier liegt dem Deutschlandfunk vor.

Arne Güllich arbeitete damals für DOSB-Leistungssportdirektor Bernhard Schwank. Güllich sagt, niemals vorher sei so viel Aufwand betrieben worden, um eine Erhöhung des Sportetats zu begründen. Trotzdem ist sich Güllich nicht sicher, ob die Politik sein Papier als Basis für die 20-Millionen-Erhöhung genommen hat.

"Ob Förderung erhöht wird, ob sie gewährt wird, das ist ja nicht in erster Linie eine Frage von belastbarer Begründung, sondern in erster Linie eine Frage von Bereitschaft. Ob jetzt dieses Papier die Bereitschaft ausgelöst hat oder ob nicht ohnehin Bereitschaft schon signalisiert worden ist, aber es muss ordentlich begründet sein, der DOSB musste sozusagen diesen Passionsgang auch mal durchgehen, um dann am Ende erlöst werden zu dürfen, das lässt sich im Nachhinein gar nicht mehr so genau feststellen. Kriterium von Wissenschaft ist wahr oder nicht wahr. Kriterium von Politik ist Akzeptanz oder nicht Akzeptanz. Es geht darum, einen handlungsfähigen kollektiven Willen zu erzeugen. Geht es um Sportförderung, dann ist das Kriterium vor allem Bereitschaft aufseiten der Politik, in dem Fall aufseiten des BMI."

Die Begründung ist in den Details niemals öffentlich diskutiert worden, auch der Sportausschuss hat das Papier nicht gesehen. Immer wieder wird kritisiert, dass es an nachvollziehbaren Begründungen für die deutsche Sportförderung mangelt. Warum bekommt wer, wie viel für welchen Zweck?

"Also eine Schwierigkeit ist: Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Effizienzparameter für Förderung im Leistungssport. Die Wirksamkeit der Förderung insgesamt wird ja in der Forschung nach wie vor diskutiert, wird nach wie vor als fraglich gesehen, wirklich belastbare Hinweise gibt es nicht. Also ist die Schwierigkeit, dass es also keine Kriterien gibt, zwischen Wunsch auf der einen Seite und Bedarf auf der anderen Seite scharf zu unterscheiden."

Der DOSB wollte sich zum Papier von 2007 nicht äußern, eine Anfrage von Mittwochabend sei zeitlich zu knapp gewesen. Schon auf eine erste Anfrage im Sommer reagierte er wenig begeistert und bat darum, das Papier nicht zu veröffentlichen. Offenbar ist eine öffentliche Diskussion nicht erwünscht, sich auf direkte Gespräche zu verlassen scheint vielversprechender zu sein.