Aussteiger, Kronzeuge, Whistleblower: Was Menschen bewegen kann, auszusteigen oder Alarm zu schlagen

Auspacken und reden kann unterschiedliche Beweggründe haben. Vor allem in einem System, das auf absoluter Verschwiegenheit, im konkreten Fall des Dopings auf einem Kartell des Betrügens und Verschweigens basiert.

Wenn jemand freiwillig und bewusst aussteigt, erfordert das Mut. Denn was danach kommt, ist unsicher. Nur was von den Kartellbrüdern kommt, steht fest: Todesverachtung und Ausgrenzung bis hin zur Diffamierung. So war es im Fall PAFFRATH. Über den haben wir ausführlicher berichtet unter Wie die Tour de France als "Tour de Frace" geoutet wird.

Genau das gegensätzliche Motiv: Sich unter Druck als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen, um die eigene Haut zu retten. Auch um den Preis, seine Kollegen und Blutsfreunde zu verraten. Diesen Fall repräsentiert der ehemalige FIFA-Spitzenfunktionär Chuck BLAZER, der lange Zeit aktives Mitglied eines Korruptionsvereines war.

Dazwischen liegen unterschiedliche Interessen und Antriebskräfte: Der eine wurde erwischt und redet bzw. schreibt sich den Frust von seiner Seele, andere beugen sich dem sozialen Druck, weil bereits mehrere ausgestiegen sind, und die letzten springen auf den Zug auf, um ja nicht die Letzten zu sein.

Versteht man Whistleblowing als Alarmschlagen, unabhängig von der individuellen Motivation, dann sind nicht alle wirkliche "Whistleblower", die die Tour de France im Laufe der Jahre als eine Doping-Veranstaltung einer kleinen Elite gebrandmarkt haben. Denn dazu gehört - vor allem dann, wenn man lange Zeit selbst Teil des Systems war - ehrliche Einsicht und ein Wort der Entschuldigung.

Wir versuchen hier zu klären, wer warum und wann aus deinem Doping- oder Korruptions-System ausgestiegen ist. Und wem wirkliche Anerkennung für seinen Mut gebührt. Über einige haben wir ausführlichere Portraits (siehe Übersicht rechts; smartphone: ganz unten)


Aussteiger bei der Tour de France in Europa:

Hier zunächst eine Grafik (Anklicken öffnet das dazugehörige PDF), in der die zeitliche Abfolge des Aussteigens dokumentiert ist. Der Zeitpunkt gewährt gleichzeitig einen ersten Einblick in die Motivation des Auspackens.

Wie DER SPIEGEL die Tour de France ihrer sauberen Strahlkraft entkleidet hat, ist dokumentiert unter Tour de Farce + Team Telekom: Jan ULLRICH - die Geschichte einer Geschichte.

Wie Lance ARMSTRONG aus den USA aufgeflogen ist, haben wir beschrieben unter David WALSH - ein Journalist bringt alles ins Rollen.

Jörg PFAFFRATH

PFAFFRATH wird 1996 bei einer Doping-Kontrolle positiv getestet. Direkt im Anschluss beendet er seine Karriere und gesteht, über vier Jahre mit 24 verschiedenen Mitteln gedopt zu haben. Aus diesem Verhalten lässt sich der Schluss ziehen, dass ihn die das Ereignis aufweckt hat. Über seine Motivation für das Geständnis sagt PFAFFRATH im SPIEGEL, er sei sich bei der Jagd nach Prämien zuletzt vorgekommen "wie eine Hure". Ihn überkam die Angst vor den unkontrollierbaren Folgen seiner chemischen Cocktails, "vor Krebs und allem, was später folgt - ich konnte mit meinem Leben nicht mehr so gedankenlos umgehen". Hinzu habe ihn auch die Geburt seiner Tochter dazu gebracht, sich wieder Gedanken über richtig und falsch, wichtig und unwichtig zu machen.

Da PFAFFRATH seine Karriere noch vor Bekanntgabe seines Doping-Testes beendet  und sein Geständnis zudem das erste im deutschen Rennradsport überhaupt ist, wirkt seine selbsterklärte Motivation durchaus glaubwürdig. 


Dieter QUARZ

Dieter QUARZ, Diplom-Trainer für Radsport und diplomierter Chemiker aus Düsseldorf, stellt sich sowohl dem Politmagazin „Monitor“ (1998) als auch DEM SPIEGEL (1999) als anonymer Informant zur Verfügung. Durch seine Arbeit als Trainer und Pfleger ist er mit dem Doping-System in Berührung gekommen und heißt dieses nicht gut. Er betont immer wieder, dass es ihm nicht um bestimmte Doping-Sünder im Einzelnen gehe, sondern er im Allgemeinen das System Doping bekannt machen - und stoppen möchte.

Diese Motivation kann als durchweg glaubhaft und ehrlich gewertet werden, da sich für QUARZ keine ersichtlichen anderen Vorteile oder Rache- Motive ablesen lassen. Mehr unter Die Informantenverbrennung


Willy VOET

Der Belgier steht 1998 als Drogenbeschaffer im Mittelpunkt des Festina-Dopingskandals der Tour de France. VOET schreibt danach zwei Enthüllungsbücher und behauptet, dass er keinen Tour de France Sieger kennen würde, der ohne Doping ausgekommen wäre. In seinem Buch „Willy Voet – gedopt- Der Ex-Festina-Masseur packt aus.“ Geht er auf seine Motivation ein, nicht länger schweigen zu wollen:

Es ist nicht mehr mein Radsport, jener aus besseren Tagen. Schlimmer noch: ihm sind seine ideellen Werte abhanden gekommen. Es ist höchste Zeit Irrtümer einzugestehen, um latente Krankheiten besser diagnostizieren und – so hoffe ich – heilen zu können. Zudem spüre ich die Notwendigkeit, mich vor meinen Angehörigen zu erklären, ihnen zu zeigen, dass ich nicht der Buhmann bin, als den mich gewisse Medien gerne hinstellen. Außerdem: meine Kinder sollen das Gerede abschmettern und Beschimpfungen abprallen lassen können“.

Da VOET sehr ehrlich und selbstkritisch darauf eingeht, dass er nicht weiß ob er jemals gestanden hätte, wenn er nicht erwischt worden wäre, wirkt seine Motivation glaubwürdig und scheint sich tatsächlich aus Reue und Einsicht zu ergeben.  


Jeff D’HONT

D`HONT, ehemaliger Radprofi und seit 1963 Masseur für verschiedene Radrennställe,  ist 1998 in die Festina-Affäre verwickelt und wird des Dopings überführt. Dieses Vergehen handelt ihm eine neunmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung ein. Im darauffolgenden Jahr stellt sich D`HONT DEM SPIEGEL als anonymer Informant zu Verfügung. Vielleicht fühlt er sich ungerecht behandelt, da nur er eine saftige Strafe erhält, vielleicht möchte er sich aktiv gegen Doping einsetzen. In jedem Fall lässt der Vorgang darauf schließen, dass D`HONT das System Doping bereits zu dieser Zeit nicht weiter gutheißt. Gleichzeitig ist er selbst jedoch tief in das System verwickelt und wagt es in den nächsten Jahren nicht,  seinen eigenen –und den  Job seines Sohnes, der unter Goodefront bei Telekom eingestellt wird, durch eine öffentliche Aussage zu riskieren.

2007 bricht er dann sein Schweigen und berichtet öffentlich über die Doping-Machenschaften. D`HONT ist mittlerweile in Ruhestand, sein Sohn für einen anderen Rennstall angestellt. Gelder die D’HONT zu Zeiten seiner Gerichtsverhandlung von GOODEFRONT versprochen wurden, wenn er nicht über das Team Telekom Aussage, hat er nie erhalten. Aus dem Mitglied der Drogen-Mafia scheint ein Gegner der Mafia geworden zu sein.

D’HONT möchte das System Doping aufdecken. Da er viele Namen und Anschuldigen gegenüber anderer Mitglieder, Ärzte und Rennfahrer trifft, scheint sich seine  Motivation nicht nur rein aus Reue, sondern teilweise aus Rache zu ergeben. Sein Geständnis ist im Jahre 2007 dennoch das erste und spielt eine Entscheidende Rolle, da es die Welle weiterer  Geständnisse ins Rollen bringt.


Bert DIETZ

Profi-Rennradfahrer Bert DIETZ (1994-1998 im Team Telekom) gesteht in der ARD-Sendung „Beckmann“, systematisch gedopt zu haben. Über seine Motivation seines Geständnisses findet er die folgenden Worte:

 „Zum einen weil ich- oder alle Radfahrer prinzipiell nicht mit Epo fahren wollen. Es ist teilweise ein Muss um in der Masse bestehen zu können.

Zum anderen weil dieses Thema […] an die Öffentlichkeit gekommen ist und ich da einfach diese Chance gesehen hab, oder diese Chance sehe, dass man jetzt wirklich einen Schlussstrich ziehen kann. Dass man jetzt wirklich sagen kann: 'alles auf den Tisch - was gewesen ist im Radsport'. Einen Strich macht – Neuanfang und dann den neuen Weg geht, vielleicht als erste Sportart weltweit'"

Obwohl sich DIETZ während seiner „Doping-Zeit“ selbst nicht als Betrüger angesehen hat, ist er dennoch der Meinung, dass sich alle Fahrer ein Leben ohne Doping wünschen. DIETZ nutzt die Chance der „Welle der Geständnisse“ um mit seiner Aussage den Radsport nachhaltig zu verändern. Seine Motivation wirkt insofern glaubhaft, da er sich als einer der ersten outet, jedoch nicht als Kronzeuge vernommen wird oder sonstige Vorteile durch seine Aussage erzielt. Auch um Rache scheint es bei seinem Bekenntnis nicht zu gehen. Ehemalige Fahrer-Kollegen die ebenfalls gedopt haben nennt er allerdings nicht.


Christian HENN

Christian HENN, ehemaliger Radprofi und langjähriger Fahrer im Team Telekom wird 1999 durch Testosteron-Missbrauch auffällig, woraufhin er seine Karriere beendet. 2007 gesteht auch HENN,  zwischen 1995 und 1999 mit Epo gedopt zu haben.

Da HENNs Karriere bereits 1999 beendet wurde, hat er durch ein Geständnis eher wenig zu verlieren. Zwar hat er Jahrelang über seine Doping-Vergangenheit geschwiegen, im Zuge der Welle der Geständnisse nutzt er jedoch als einer der ersten die Chance sein Gewissen durch ein Geständnis zu bereinigen. Sein Verhalten spricht für eine tatsächliche Motivation durch Einsicht und Reue.


Udo BÖLTS

Udo BÖLTS, ehemaliger Radprofi und seit 2004 sportlicher Leiter des Teams Gerolsteiner gesteht am 23.05.2007 das Doping während der Zeit bei Telekom und tritt einen Tag später von seinem Amt als sportlicher Leiter des Teams Gerolsteiner zurück um „mit seiner Vergangenheit nicht von den Erfolgen des jungen Teams abzulenken.“

Natürlich muss auch BÖLTS wie alle anderen Fahrer mit Doping-Vergangenheit damit rechnen, von einer anderen Person im Zuge der  Welle der Geständnisse "verraten" zu werden. Durch sein Geständnis und den Rücktritt als sportlicher Leiter des Teams Gerolsteiner beweist BÖLTS jedoch, wie ernst er die Situation nimmt. Einsicht und Reue scheinen die Motivation für sein Bekenntnis zu sein.


Rolf ALDAG

Im Zuge der Welle der Geständnisse gesteht auch Rolf ALDAG, ehemaliger Profiradfahrer und seit 2007 sportlicher Leiter des Teams T-Mobile, seine Doping-Vergangenheit.  ALDAG bekennt sich mit den Worten: "Ich habe im Vorfeld der Tour de France 1995 mit Epo-Doping begonnen." Zudem entschuldigte sich Aldag auch dafür, dass er jahrelang gelogen habe.

"Das war sicher das Schwerste überhaupt, was ich je getan habe, und sicherlich genauso falsch wie Doping", sagt ALDAG.

Rolf ALDAG gesteht sich seine Fehler zwar ein, wie hoch die tatsächliche Eigenmotivation der späteren Bekenntnisse während der Welle der Geständnisse 2007 ist, lässt sich nur mutmaßen. Vielleicht handelt ALDAG tatsächlich aus Reue, vielleicht nutzt er den Moment um nicht von anderen an den Pranger gestellt zu werden und dadurch ggf. seinen Job zu riskieren. Seine Anstellung als Sportdirektor des Teams T-Mobile verliert er durch sein Geständnis jedenfalls nicht.


Erik ZABEL

Erik Zabel ist der erste deutsche noch aktive Radprofi der sich zur Doping-Einnahme bekennt. Bei einer Pressekonferenz in Bonn gibt der 38-Jährige unter Tränen zu, vor und in der ersten Woche der Tour de France 1996 mit Epo gedopt zu haben: "Das war ein Test, das war einmalig." Angeblich habe er die Nebenwirkungen von Epo nicht vertragen, so ZABEL.

Auch über die Motivation von Erik ZABEL ein Geständnis abzulegen, lässt sich nur mutmaßen. Zabel sagt er habe nur eine Woche Epo ausprobiert. Sollte diese Aussage zutreffen, hat er gegebenenfalls Angst, durch andere Geständnisse überführt zu werden, wodurch der Eindruck entstehen könne er habe es längere Zeit zu sich genommen. Richtet man sich nach den  Aussagen aller anderen Profi-Fahrer mit Dopingvergangenheit, scheint es höchst unwahrscheinlich, dass überhaupt ein Profi-Rennradfahrer ohne Doping-Mittel mithalten konnte. Gegebenenfalls versucht ZABEL auch von seinem tatsächlichen Konsum abzulenken.


Bjarne RIIS

Bjarne RIIS, ehemaliger Profiradrennfahrer der 1996 mit dem Team Telekom die Tour de France gewinnt, legt im März 2017 das wohl arroganteste Geständnis aller Radfahrer ab. RIIS gibt zu, in der Zeit von 1993 bis 1998 mit Epo, Cortison und Wachstumshormonen gedopt haben. Gleichzeitig zeigt er deutlich wie lächerlich er die „Welle der Geständnisse“ empfindet.  "Wo soll das enden?", fragte Bjarne Riis während der Pressekonferenz in den Saal. Damit, "dass die Leute zugeben, dass sie ihre Ehefrauen betrogen haben?".

Um noch einmal klar zu machen, dass er jetzt endgültig genug vom lästigen Gestehen lässlicher Sünden hat, fügte er später noch höhnisch in Richtung Presse an: "Dass ich zu schnell nach Hause gefahren bin, steht das morgen auch in der Zeitung?"

Durch die Worte von RIIS wird seine Motivation für ein Geständnis nur zu deutlich. Er möchte der Welle der Geständnisse ein Ende setzen. Einsicht oder Reue? Fehlanzeige! Um es in dern Worten des SPIEGELs zu sagen, bei Bjarne RIIS Geständnis handelt es sich um: "eine unverschämte Rechtfertigung ohne Unrechtsbewusstsein".


Jörg JASCHKE

Jörg JASCHKE beginnt seine Karriere 1997 im Team Polti und wechselt 1998 zum Team Telekom. 2006 ist JASCHKE schwerwiegend in den "Fuentes-Skandal" verwickelt. Bei FUENTES werden Blutkonserven mit der Nummer 20 sowie mit dem Codenamen „Bella“ gefunden, diese Konserven können Jörg JAKSCHE zugeordnet werden.

Am 02.07.07 bricht JASCHKE, als  erster Fahrer von der Fuentes-Liste, öffentlich das Schweigen. Er macht sich zum Kronzeugen, auch weil er bei den großen Rennen nicht mehr fahren darf. Er will sich den Radsportverbänden zur Verfügung stellen und der Welt-Anti-Doping-Agentur, und er will sich auch von deutschen Staatsanwälten befragen lassen, damit er nicht zwei Jahre oder länger gesperrt wird, sondern schon im nächsten Jahr wieder dabei sein kann.

JASCHKE empfindet Fahrer wieULLRICH, BASSO und alle anderen die in den spanischen Akten auftauchen als wahre Sündenböcke, da sie sich nichts eingestehen, weiter fahren und wahrscheinlich auch weiter dopen.

JASCHKES Motivation ist klar. Er möchte Gerechtigkeit. Dabei ist er komplett ehrlich, auch über Kollegen  und behandelnde Ärzte, obwohl er wohl auch noch alles hätte abstreiten können, wie z.B. Jan ULLRICH.

Über seine Motivation das Schweigen zu brechen, findet JASCHKE folgende Worte:

Ich glaube, dass es wichtig ist für die Zukunft dieses Sports, dass einer mal sagt: Okay, so läuft das hier. Ich will irgendwann bei einem großen Rennen an die Tür der Teamleiter klopfen und sagen: ‚Ihr wolltet mich loswerden, aber ich bin immer noch da. Natürlich hat mir niemand den Arm für die Spritze festgehalten, aber die Teamleiter, die sich früher an dir bereichert haben, die dir die Sachen besorgt haben, ausgerechnet die tun plötzlich so, als würden sie alle für einen sauberen Radsport eintreten".


Sandro DONATI

Sandro DONAT ist italienischer Sportwissenschaftler und heute Berater der World Anti-Doping Agency (WADA).

In jungen Jahren wird ihm während seiner Zeit als Trainer ein Blutdoping-Programm für seine Schützlinge angeboten. Dieses lehnt DONATI ab und engagiert sich in den nachfolgenden Jahren aktiv in dem Kampf gegen Doping.

Die Motivation DONATIs ist deutlich: Er ist strikt gegen Doping und tut alles um das „System Doping“ aufzuhalten und bekannt zu machen. Dafür verfasst er unter unteranderem das Buch: „Campioni senza valori“, deutsch: „Sieger ohne Werte“(1989) und 1992 ein Dossier über die Doping-Machenschaften in Italien (1996 veröffentlicht). DONATI verbreitet sein Wissen durch Vorträge und stellt sich zu jeder Zeit als Informant und Aufklärer zur Verfügung.


Aussteiger bei der Tour de France in den USA, die Lance ARMSTRONG zu Fall bringen:

Hier sind es vor allem Frankie ANDREU und seine Frau Betsy, (ehemalige) Freunde von Lance ARMSTRONG. Und Floyd LANDIS, dem 2006 unmittelbar nachdem er die Tour gewonnen hat, der Siegertitel aberkannt wird. Angeschoben wurde alles von dem irischen Sportjournalisten David WALSH

In den USA begann alles im Jahr 2001. Und hatte dann ungefähr genauso lange gedauert, bis die Tour de France-Idole entzaubert wurden wie bei den europäischen Aussteigern: etwa 10 Jahre.

Hier analysieren wir die Motive der Akteure:


Frankie & Betsy ANDREU

Frankie ANDREU, ein ehemalige Radrennfahrer lernt Lance ARMSTRONG 1992 kennen, als sie beide für das Team Motorola fahren. Zunächst sind die beiden gute Freunde und teilen sich unter anderem eine Wohnung am Comer See in Italien.

Als Lance ARMSTRONG 1996 an Hodenkrebs erkrankt, besuchen ihn Frankie ANDREU & seine Frau Betsy im Krankenhaus. Hier werden sie Zeugen, wie ARMSTRONG gegenüber einem Arzt gesteht, mit mehreren Mitteln gedopt zu haben. Sowohl Betsy als auch Frankie, haben ein hohes Bewusstsein dafür, was richtig und was falsch ist. Sie können es nicht mit ansehen, dass jemand wie Lance ARMSTRONG die Menschen belügt und betrügt und am Ende ungeschoren davonkommt.

Deswegen stehen sie bei einem Zivilprozess gegen ARMSTRONG als Zeugen bereit, deswegen packen beide gegenüber dem Journalisten David WALSH aus, als der mit einem Enthüllungsbuch ARMSTRONG's Dopingmethoden rekonstruiert. Und gehen dann auch direkt an die Öffentlichkeit.

Nicht zu Letzt durch dieses langjährige Engagement und die moralischen Werte der Familie ANDREU, kann Lance Armstrong überführt werden.  


Floyd LANDIS

2002 wird Floyd LANDIS vom US Postal Service als Radfahrer unter Vertrag genommen. Hier lernt er Lance ARMSTRONG kennen, der ihn nur kurze Zeit später unter seine Fittiche nimmt. Von ARMSTRONG lernt LANDIS wie man gewinnen kann, wie man ein Champion wird und auch wie man dopt. Dieses Wissen macht LANDIS 2006 zum Gewinner der Tour de France. Doch sein Glück währt nicht lange. Wegen eines positiven Doping-Tests, wird ihm sein Titel schon nach kurzer Zeit wieder aberkannt. Für die nächsten zwei Jahre wird er zusätzlich gesperrt. Nach Ablauf seiner Sperre versucht sich LANDIS erbittert zurück an die Spitze zu kämpfen. Jedoch ohne Erfolg. Seine Karriere als Profi-Fahrer ist beendet.

Am 30.04.2010 verfasst Floyd LANDIS dann ein Schreiben in dem er gesteht, gedopt zu haben. Neben seinem Bekenntnis beschuldigt LANDIS auch andere Fahrer. Einer der Hauptbeschuldigten ist Lance ARMSTRONG.

Seine Motivation: LANDIS fühlt sich ungerecht behandelt. Während er selbst von den großen Teams fallen gelassen worden war, muss er zusehen, wie sein Mentor Lance ARMSTRONG als großer Held gefeiert wird.

Gleichzeitig mischt sich auch eine Art schlechtes Gewissen zwischen LANDIS Gefühle. Er fühlte sich schlecht, weil er die Öffentlichkeit, seine Freunde, seine Eltern angelogen hatte, und das über viele Jahre. Er will nicht mehr lügen. Lange genug hat er die Geheimnisse der Radsportwelt bewahrt. 

LANDIS kann als überzeugter Aussteiger gesehen werden, dessen Bekenntnis gleichzeitig Reue darstellt. Allerdings ist er nur durch Erwischt-worden-sein und Frust zum Aussteiger aus dem System und darüber zum Whistleblower geworden.


David WALSH

Der irischer Sport-Journalist David WALSH, der schon von klein auf einen Faible für den Radsport hat, berichtet u.a auch über die Tour de France. Je intensiver er sich mit dem Radsport und den Geständnissen einzelner Doping-Sünder beschäftigt, desto stutziger wird er - WALSH kann den Erfolg von Lance ARMSTRONG nicht glauben, vermutet Doping.

Jahrelang recherchiert er hartnäckig im Umfeld von ARMSTRONG, wird von seinen Kollegen müde belächelt. Viele grenzen sich ab von ihm. WALSH lässt sich nicht beeindrucken, macht weiter.  

So kommt er auch mit Betsy ANDREU in Kontakt, deren Ehemann Frankie aber finanziell vom Radsport abhängig ist. Trotzdem kann er beide von einer indirekten Mitarbeit überzeugen. Weil ARMSTRONG davon Wind bekommt, greift der den Journalisten direkt an, versucht ihn zu diskreditieren. Und mit gerichtlichen Klagedrohungen unter Druck zu setzen. WALSH gibt nicht auf.

Erstmals veröffentlicht er seine Erkenntnisse 2001 in einer großen Zeitung. 2004 dann zusammen mit seinem französischen Kollegen Pierre BALLESTER in Buchform.

Ohne das journalistische Gespür und die unnachgiebigen Recherchen von David WALISH wäre möglicherweise der größte Betrüger im Sport nie aufgeflogen. WALSH ist das in Reinkultur, was man einen investigativen Journalisten nennt.



Hier nochmals alles in einer graphischen Übersicht (hinterlegt mit der Grafik als PDF):

(AM)