Weitergabe von Gutachten an andere Interessierte

Vorbemerkung:

Es ist ein alter Trick, wenn Gutachter auf ihren Produkten einen Hinweis anbringen, dass ihr Gutachten nur für den Auftraggeber bestimmt sei und nicht weiter gegeben werden dürfe. Oder dass dies aufgrund von urheberrechtlichen Vorschriften verboten sei. Oder andere ähnliche Hinweise.

Solche Methoden haben ihren guten Grund. Man kann ihn sich denken.

Wenn jemand ein Gutachten, das über ihn selbst handelt, an jemanden freiwlillig weitergibt, der das (über)prüfen soll oder der sich aus anderen nachvollziehbaren Gründen dafür interessiert, ist das rechtlich überhaupt kein Problem, egal was der Gutachter dazu geschrieben hat, um das zu verhindern.

Das einzige, was - rein rechtlich gesehen - nicht korrekt wäre: Wenn jemand ein Gutachter über einen Dritten weitergibt, weil sich darin unter Umständen Daten befinden, die der Privatspähre unterliegen. Das kann man aber durch entsprechende Schwärzungen umgehen, so dass der Datenschutz, etwa der Sozialdatenschutz gewährt bleibt. 

Will man die "Qualität" von Gutachten überprüfen (lassen) oder auf Verdrehungen oder gar Manipulationen hin checken lassen, geht das eben nur, wenn man ein solches Gutachten vor sich hat. Ohne Weitergabe geht das nicht.

Davon abgesehen: Journalisten oder Wissenschaftler sind, wenn sie sich für solche Gutachten interessieren und ihren Job ernst nehmen, genau so verschwiegen wie Priester/Pfarrer oder Rechtsanwälte. Für Journalisten, Ärzte, Anwälte und Seelsorger gilt nämlich das Zeugnisverweigerungsrecht. Das alles erklären wir gleich ausführlicher.

Alles, was Sie auf dieser Site lesen, können Sie auch ganz einfach direkt aufrufen und verlinken:

www.ansTageslicht.de/Weitergabe oder auch www.ansTageslicht.de/Weitergabe-von-Gutachten.


Aufklärung in Sachen "Urheberrechtsgesetz", Geheimhaltungshinweise oder sonstigen Verboten zur Weitergabe von Gutachten etc, die nichts anderes als Einschüchterungsversuche darstellen

Deutschland ist ein freies Land. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit haben einen hohen Stellenwert. Ebenso wie die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Das alles ist im Grundgesetz unwiderruflich festgeschrieben.

Trotzdem gibt es auf der anderen Seite den Schutz der "Privatsphäre". Manchmal konkurrieren beide Prinzipien miteinander. Dann muss abgewogen werden: Was wiegt mehr: Das "Öffentliche Interesse" oder das Recht einer Person auf den Schutz seiner "Privat"- oder "Intimsphäre". Die Gerichte haben dazu klare Regeln in Grundsatzurteilen geschaffen. Insbesondere auf der höchsten Ebene: Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht sind die Garanten: (öffentliche) Aufklärung und Transparenz sind unverzichtbare Elemente für das demokratische und gesellschaftliche Miteinander.

Die Weitergabe von Gutachten, Stellungnahmen dazu und ähnliches an Journalisten oder Vertreter der Wissenschaft, fällt eindeutig unter das "öffentliche Interesse", wenn damit zum Beispiel Missstände etc. aufgedeckt werden sollen. Deswegen machen wir im folgenden Anmerkungen, wie das im Einzelnen rechtlich, sprich: juristisch geregelt ist.

Urheberrechtsgesetz

  1. Das (vermeintliche) Problem

Regelmäßig tauchen bei Gutachten Hinweise auf, meist prominent gleich auf der ersten Seite platziert, dass das vorliegende Gutachten den „Urheberrechtsschutz“ genießt, und dass es „nur für den Zweck verwandt werden darf, für das es erstellt wurde.“ Und dass dies auch gilt bei der „Weitergabe an die Beteiligten und Dritte.“

Solche Hinweise darf in einem Land der Meinungs- und Pressefreiheit jeder machen. Aus welchen Gründen auch immer. Gutachter haben hierfür besondere Gründe, über die wir hier nicht zu sprechen brauchen.

Die Vorschriften des Urheberrechts-Gesetzes, auf die sich solche Floskeln beziehen, dienen vor allem dazu, die Selbstbestimmung durch die „Urheber“  von „Werken“ (§ 1) und deren -  in der Regel finanzieller - Verwertung zu sichern. Dazu gibt es auch noch andere Gesetze, die aber alle nicht über dem Grundgesetz stehen. Das Grundgesetz ist das wichtigste Regelwerk und dazu gehören auch die Entscheidungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) regelmäßig zu Fragen der Meinungsfreiheit und den Rechten der Presse/Medien fällt.

Medien (Presse, Journalisten usw.) dürfen danach über (fast) alles berichten, also veröffentlichen, was sie belegen können. Grenzen gibt es nur da, wo potenziell sog. Persönlichkeitsrechte verletzt werden. In diesen Fällen wird eine (juristische) Abwägung vorgenommen: welches Recht geht vor: das des Individuums oder das Recht der Öffentlichkeit, relevante Informationen auch erfahren zu können?

Das höchste Gericht in Deutschland entscheidet regelmäßig zu Gunsten der Meinungs- und Pressefreiheit. Dies gilt sogar in den Fällen, in denen Medien (Presse, Journalisten) Informationen oder Dokumente auf „rechtswidrige“ Weise erhalten haben, wenn eine Veröffentlichung von „öffentlichem Interesse“ ist. So hat es das BVerfG bereits 1984, also vor über 35 Jahren entschieden (1 BvR 272/81, leider nicht online).

Wenn Gutachter ‚Schlechtachten‘ erstellen und dies Auswirkungen auf das Schicksal von Menschen hat, ist dies von „öffentlichem Interesse“, weil dies einen Missstand darstellt.

Von dieser juristischen Praxis abgesehen, gehört zur Meinungsfreiheit – wissenschaftlich, künstlerisch, politisch - auch das Recht des Zitierens. Denn sonst kann keine inhaltliche Auseinandersetzung in einem demokratischen Gemeinwesen geführt werden. Auch das ist regelmäßig Kernaussage unseres BVerfG.

Wichtig ist ebenfalls zu wissen:

Im Rahmen des sogenannten Informantenschutzes (Redaktionsgeheimnis, Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten z.B. n. § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO oder § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO u.a.) müssen Medien und deren Vertreter niemandem Auskunft darüber geben, woher sie ihre Informationen und/oder Dokumente haben.Dies gilt gegenüber der Kripo, Staatsanwaltschaft und sogar vor den Gerichten.

Deswegen sind öffentliche wissenschaftliche und journalistische Diskussionen und Veröffentlichungen, die sich auf die Aussagen von Gutachten/Gutachern beziehen, in jeder Hinsicht von der Meinungs- und Pressefreiheit geschützt – ohne dass die Quellen, also jene, die solche Informationen zur Verfügung stellen,  irgendetwas zu befürchten haben.

2. Die fraglichen Paragraphen im Urheberrechtsgesetz

Die gesetzlichen Vorschriften sind hier im Wortlaut in kursiver Schrift dokumentiert. Textquelle: www.gesetze-im-internet.de/urhg. Unsere Erklärungen dazu in Normalschrift. Wichtige Begriffe in fett.

§ 1
Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.

§ 2
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2. Werke der Musik;
3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

Der entscheidende Begriff lautet "geistige Schöpfungen". Ob ein beispielsweise ein "Schriftwerk" eine "geistige Schöpfung" darstellt, hängt von der "Schöpfungshöhe" ab, wie das die Rechtsprechung nennt. Und dafür haben die Gerichte spezifische Kriterien entwickelt.

Ein medizinisch-wissenschaftliches "Schriftwerk" etwa, das beispielsweise eine neue Theorie entwickelt, oder empirische Ergebnisse einer Untersuchung in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift interpretiert, verfügt über die notwendige Schöpfungshöhe. Ein medizinisch-wissenschaftliches Gutachten aber nicht. Denn in einem Gutachten werden vorgegebene Fragen - im Idealfall nach wissenschaftlichen Standards - beantwortet, die dem Auftraggeber, etwa einem Gericht oder einem Versicherungsunternehmen für bestimmte Zwecke wichtig sind. Und da sind die Spielräume eines beauftragten Sachverständigen für eine individuelle schöpferische Gestaltung sehr gering, wenn überhaupt. So hat es das Kammergericht Berlin bereits 2011 entschieden (Az: 24 U 28/11). Zitat aus den Leitsätzen dieser Entscheidung zu "Sachverständigengutachten":

"Bei derartigen Schriftwerken kann die persönliche geistige Schöpfung nicht mit dem wissenschaftlichen oder technischen Inhalt der Darstellung begründet werden."

Und so wird es bis heute auch gehandhabt.

Und deswegen sind alle weiteren Paragraphen, die ein Sachverständiger auf seinem Gutachten ins Feld führen will, ohne jegliche Relevanz.

Verrat von "Geschäftsgeheimnissen"

Der ein oder andere Gutachter/Sachverständige betrachtet seine Gutachten als "Betriebs"- oder "Geschäftsgeheimnis", Behörden deklarieren das als "Dienstgeheimnis". Das Weitergeben, juristisch: eine "Verletzung" solcher Geheimnisse ist grundsätzlich verboten und strafbar.

Inzwischen gibt es allerdings Ausnahmen. Hintergrund ist diese Überlegung: Illegale Praktiken, Straftatbestände und/oder ethisch verwerfliches Vorgehen können eigentlich nicht unter ein Geheimnis fallen, also etwa ein "Geschäftsgeheimnis" darstellen. Deswegen gibt es seit April 2019 gibt es für den Verrat von solchen Geheimnissen eine Befreiungsklausel, die die EU europaweit durchgesetzt hat und die hierzulande inzwischen ihren Niederschlag im „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ (GeschGehG) gefunden hat. Dort heißt es in

§ 5 Ausnahmen:

Die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnis fällt nicht unter die Verbote des § 4, wenn dies zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt, insbesondere

1. zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, einschließlich der Freiheit und Pluralität der Medien;

2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das öffentliche Interesse zu schützen

3. im Rahmen der Offenlegung durch Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitnehmervertretung, wenn diese erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung ihre  Aufgaben erfüllen kann.

Informationen ans Tageslicht zu holen, die Missstände, Unregelmäßigkeiten usw. belegen und von „öffentlichem Interesse" sind, fallen da genau darunter. Und sind deshalb geschützt:

  • für den, der diese Informationen hat und sie weitergibt,
  • und denjenigen, der sie „öffentlich“ macht.

Bedeutet im Klartext: Falls sich ein Gutachter/Sachverständiger auf das geschützte "Geschäftsgeheimnis" berufen sollte, so läuft auch dieses Argument ins Leere, wenn eine der o.a. Voraussetzungen zutrifft.

Zusammenfassende Interpretation:

Wie bereits zu Anfang betont, stehen auch über dem Regelwerk des Urheberschutzes die Artikel des Grundgesetzes, die allumfassend Meinungs-, Wissenschafts- und Pressefreiheit gewähren.

Dies gilt bei Nutzung von „Werken“ Dritter insbesondere für Zitate. Mit „besonderem Zweck“ ist gemeint, dass eine (z.B. wissenschaftliche) inhaltliche Auseinandersetzung ja nur dann durch Berufung auf jene Aussagen oder Argumente eines Dritten möglich ist, wenn sie im originalen Zustand wiedergegeben, sprich: zitiert werden können. Sachverständigengutachten fallen ohnehin nicht in den Schutzbereich des Urheberrechts.

Was „Geschäftsgeheimnisse“ usw. anbelangt, so hat das GeschGehG inzwischen indirekt klargestellt, dass illegitime und erst recht illegale Aktivitäten keinen Geheimnisschutz beanspruchen können. Das GeschGehG wurde installiert, um den Wettbewerb für Innovationen, Qualitätssicherung usw. zu schützen, nicht um die Nichteinhaltung von Vorschriften und/oder Compliance-Regeln zu schützen.

Und solange jemand ein Gutachten weitergibt, das seine eigene Situation betrifft, greift auch der Datenschutz nicht. Denn jeder hat das Recht auf seine eigene "Informationelle Selbstbestimmung".

Wenn Sie zu diesen Fragen anderswo anderes lesen sollten, empfehlen wir, genau hinzuschauen, wer das anders schreibt. Und sich dabei die Frage zu stellen, warum jemand etwas anderes zu den Fragen Urheberschutz, Datenschutz oder Geschäftsgeheimnis kommuniziert. Konkret: Was die Motive sein könnten, Ihnen Angst einzujagen, wenn es um Ihre eigenen Informationen und Daten geht.

Das DokZentrum ansTageslicht.de, auf dessen Seite Sie sich hier befinden, ist sowohl dem wissenschaftlichen wie dem Bereich der Presse zuzurechnen – es arbeitet auf wissenschaftlicher Grundlage bzw. mit wissenschaftlichen Methoden, deren Ergebnisse dann journalistisch aufbereitet werden.

Dies betrifft insbesondere die Thematik, die in den folgenden Themenschwerpunkten behandelt werden und über diese Links direkt aufgerufen werden können:

sowie die entsprechenden ins Englische übersetzten Seiten

www.ansTageslicht.de/cabinair, www.ansTageslicht.de/Fume-Event-Files, www.ansTageslicht.de/ENATLB.

Definition der Rechtsprechung zum Begriff „Medien“ bzw. „Presse“ bzw. „Journalist“:

In einem Land mit Medien- und Pressefreiheit gibt es keine Behörde, die darüber entscheidet, wer Journalist ist oder sein darf, oder wer oder was als „Medium“ anerkannt wird. Darüber entscheiden die Gerichte, die sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das BVerfG orientieren. Das höchste Gericht setzt die Maßstäbe.

Danach gilt als Medium oder als Journalist, um sich auf die entsprechenden Rechte berufen zu dürfen (z.B. Zeugnisverweigerungsrecht bzw. Informantenschutz), alle die

„bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben“ (zit. na. BRANAHL, Udo (2013): Medienrecht, 7. Aufl., Wiesbaden, S. 48).

Berufsmäßig“ meint dabei weder „hauptberuflich“ noch „gegen Entgelt“. Es bezieht sich auf „regelmäßig“, wobei dies auch einfach nur unregelmäßig „öfters“ beinhalten kann.

Das DokZentrum ansTageslicht.de zählt unstreitig als „Medium“, was schon daran erkennbar ist, dass bereits mehrere versucht haben, uns vor Gericht presserechtlich zu verklagen. Das hat bisher aber nie geklappt, weil wir wissen, was im Rahmen der Pressefreiheit rechtlich möglich ist und wo es schwieriger wird bzw. wo wir selbst aufpassen müssen.

(JL)


Nochmals der Hinweis: Diese Site können Sie direkt aufrufen und verlinken unter www.ansTageslicht.de/Weitergabe. DieHinweise stehen im Zusammenhang mit der gesamten Thematik / Problematik "Gutachter - Schlechtachter", aufrufbar mit allen Aspekten unter www.ansTageslicht.de/Gutachter (aufrufbar auch unter www.gutachter-schlechtachter.de) .