Aerotoxisches Logbuch: Was sich tut und was sich nicht tut - bei "Fume Events" und bei der Gesetzlichen Unfallversicherung im Zusammenhang mit Berufskrankheiten

Als "Aerotoxisches Logbuch" hat es 2017 angefangen. Jetzt haben wir es erweitert. Nicht nur um "Fume Events" geht es jetzt hier, sondern um Berufskrankheiten ganz grundsätzlich, für die - eigentlich die "Gesetzliche Unfallversicherung" (GUV) zuständig ist. Aber wie das so ist bei Versicherungen: Die Beträge nehmen sie gerne, zahlen wollen sie aber nur ungern.

Wir erweitern das Logbuch, das wir als Blog führen, deshalb, weil wir den misslichen Umstand, dass Menschen, deren Arbeitsplatz das Flugzeug ist und die in ein Fume Event geraten und deshalb arbeitsunfähig, aber nicht entschädigt werden, ganz grundsätzlich angehen müssen. Also an den Wurzeln packen müssen. Aus diesem Grund werden wir ab September 2023 auch Vorgänge und Ereignisse hier listen, die nicht nur fliegendes Personal betreffen.

Zum Themenfeld Fume-Event finden Sie viele Texte (die wir "Kapitel" nennen), zentral aufrufbar unter

Das Problemfeld Berufskrankheit lässt sich zentral erschließen unter

Informationen über Gutachter bzw. "Schlecht"-Achter unter

Einige unserer Texte ("Kapitel") zu Fume Events  gibt es auch in englischer Sprache:

Dieser Blog, den wir nach wie vor als Aerotoxisches Logbuch führen werden, aber eben in etwas erweiterter Form, lässt sich mit diesem kurzen (Perma)Link direkt aufrufen und verlinken:

Anfang November 2019

Antwort der Bundesregierung auf Fragen zu Berufskrankheiten, insbesondere Asbest

Wir fokussieren uns beim Thema Kabinenluft auch auf den Gefahrstoff Asbest, weil er beispielhaft zeigt, wie Industrie, Berufsgenossenschaften und der Mainstream der Arbeitsmedizin zusammenarbeiten - zum Nachteil der Betroffenen. Und wir versuchen, daraus zu lernen: www.ansTageslicht.de/Asbestkrimi.

Wir hatten deshalb über die Bundestagsfraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN mehrere Anfragen gestellt, die nun offiziell beantwortet wurden - in der Bundestagsdrucksache 19/14456.

Das haben wir erfahren:

1) Die Zeiträume, die die DGUV bisher immer nannte und die sich auf die durchschnittliche Dauer der Anerkennungsverfahren bezog, meinen immer nur die Zeit bis zum ersten Bescheid durch eine BG. Da über alle BK's gerechnet die Anerkennungsquote bei 27% liegt, bedeutet dies in der Mehrzahl den Zeitraum bis zum (ersten) ablehnenden Bescheid. Insofern sagen die Durchschschnitssdauern um die 5 - 8 Monate wenig aus.

2) Denn die DGUV sagt, sie habe keine Daten, wie lange ein Verfahren bis zur "endgültigen" Entscheidung dauert. Wir wissen, dass es bis zu 36 Jahren dauern kann, wie ein konkretes Beispiel belegt: www.ansTageslicht.de/36Jahre.

3) Die 'Erfolgsquote' für Kläger, die vor ein Sozialgericht ziehen, liegt zwischen 11 und 12%. Anders gesagt: in der überwiegenden Mehrheit scheitern Betroffene vor den deutschen Gerichten.

4) Wie wir es vermutet hatten: Die Anzahl der durch eine BK vorzeitig gestorbenen Menschen bezieht sich nur auf jene Fälle, bei denen zu Lebzeiten eine BK auch anerkannt wurde.

Bezogen auf den Gefahrstoff Asbest, für den die DGUV offiziell im Jahr 2017 insgesamt 1.622 Asbesttote ausgewiesen hat, bedeutet dies bei einer fiktiv angenommenen Anerkennungsquote von 100%, dass es 4.268 Asbesttote gewesen sind. Im Strassenverkehr beklagen wir (nur) 3.280 Tote.

Diese Zahl von jährlich 4.000 ehemals berufstätigen Menschen, die nicht gewarnt wurden, liegt damit in jener Größenordnung, die das UBA bereits im Jahr 1981 prognostiziert hatte. Die Asbestindustrie hatte seinerzeit versucht, die Nennung dieser Zahl gerichtlich zu verbieten (mehr unter Warum es so lange gedauert hat, bis Asbest verboten wurde: die darauffolgenden 50 Jahre).

5) Wir hatten unter www.ansTageslicht.de/Mesotheliomregister im Detail die Abhängigkeiten des Deutschen Mesotheliomregisters von der DGUV und ihrem gesamten System beschrieben. Wir hatten uns dabei auch auf die Standards bezogen, die in der Medizinethik diskutiert werden und gesetzt sind und die diese Verflechtungen als systemische Interessenskonflikte bewerten.

Auf die Frage an die Bundesregierung, wieso sie diese Institution als "unabhängig" ansieht, gibt sie unverdrossen weiterhin zur Antwort, dass es sich um eine "unabhängige medizinische Forschungseinrichtung" handele.

All dies bedarf keiner weiteren Kommentierung.

18. Oktober 2018

Kontaminierte Kabinenluft jetzt vor dem Internationalen Strafgerichtshof

Die Aerotoxic Association hat jetzt in einem Offenen Brief an den Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag diesen aufgefordert, aktiv zu werden, weil die Existenz potenziell vergifteter Kabinenluft gegen mehrere internationale Regelwerke verstößt. Unter anderem gegen The right to healthy indoor air, wie dies etwa die WHO fordert. Oder auch gegen die Air quality guidelines. Global update 2005. Particulate matter, ozone, nitrogen dioxide and sulfur dioxide.

Selbst die EASA fordert in ihrem Regelwerk CS 25.831 das, was auch der Code of Federal Regulations der USA in Sachen Luftverkehr fordert: 

"Crew and passenger compartment air must be free from harmful or hazardous concentrations of gases or vapours" (S. 1 D 38f)

Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Schon ganz & gar nicht, wenn sich Fume Events ereignen, die mehr als nur "Gerüche" sind. 

Dem Offenen Brief sind im Original 2 ganze Ordner an Unterlagen, wissenschaftliche Nachweise, bisherige Gerichtsdokumente, Belege und Zeugnisse von über 100 Betroffenen beigefügt, aus denen sich die seit Jahrzehnten anhaltende Malaise ergibt.

16. Oktober 2018

Berufskrankheiten vor Gericht: nur in 10% aller Fälle erfolgreich

Noch letztes Jahr wollte die Bundesregierung "mangels statistischer Angaben der DGUV" in einer Antwort an die LINKEN (Drucksache 18/13543) keine Ahnung davon haben, in wievielen Fällen Berufskranke mit Anerkennungsklagen vor den Sozialgerichten erfolgreich sind bzw. scheitern.

Jetzt auf einmal gibt die Bundesregierung in Gestalt der Parlamentarischen Staatssekretärin beim BMAS, Kerstin GRIESE (SPD) in einer Antwort an die GRÜNEN (Drucksache 19/4093 - siehe Eintrag v. 18.9.) dies bekannt:

"Seit Jahrzehnten werden in ca 90% der Sozialgerichtsverfahren die Entscheidungen der Unfallversicherungsträger bestätigt." Daraus lasse sich "die Qualität der eingesetzten Gutachter sowie der Verwaltungsverfahren" ersehen.

Wir haben dazu eine etwas andere Sicht der Dinge, wie wir in vielen Beispielen dokumentiert haben (www.ansTageslicht.de/Letzel; www.ansTageslicht.de/Lehnertwww.ansTageslicht.de/BK1317 u.a.). 

Wir haben deshalb das Kapitel "Was kann man tun" (WKMT) ergänzt: um den Abschnitt "Vor Gericht". Dort finden sich Hinweise, wie man vorgehen muss, wenn man

  • einen Gutachter bzw. dessen Gutachten wegen "Schlechtachten" ablehnen möchte
  • und wenn der Richter dies verweigert, wie man den Richter ablehnen kann.

Es kommt im letzteren Fall nämlich nicht auf die "Befangenheit" an, sondern auf die potenzielle  "Besorgnis der Befangenheit".

Dass dies in den meisten Fällen nicht funktioniert, hängt damit zusammen, dass weder die Richter noch die meisten Anwälte sich mit dem Befangenheitsrecht auskennen. Wir helfen hier weiter, geben Hinweise & Tipps dazu: unter www.ansTageslicht.de/WKMT