"Bitte schau schon mal rein!"
Gemeint: in die beabsichtigte Regierungserklärung zum Thema VW und Dieselbetrug, die der niedersächsische Ministerpräsident Stephan WEIL (SPD) dann am 13. Oktober 2015 - kurz nach Auffliegen der flächendeckend eingesetzten Betrugssoftware - vor den Landtagsabgeordneten und der Bevölkerung gehalten hatte. "Reingeschaut" hatte der VW-Konzern. Konkret: Der VW-Generalbevollmächtigte für Außen und Regierungsbeziehungen, Thomas STEG (ebenfalls SPD), der vormals Pressesprecher der SPD in Niedersaschsen war. Außerdem: der Aufsichtsratsvorsitzende des VW-Konzerns Hans-Dieter PÖTSCH, der zuvor Finanzvorstand des VW-Konzerns war.
BILD am Sonntag hat dies publik gemacht und dabei einen namentlich unbekannten Mitarbeiter der VW-Kommunikationsabteilung zitiert, der sagte "Wir haben die Rede umgeschrieben und weichgespült."
WEIL's Staatskanzlei reagiert darauf mehr als verärgert, spricht von "grob verzerrender und irreführender Berichterstattung."
Und will mit einem Beispiel deutlich machen, dass dies nur marginal zutrifft und alle relevanten Bewertungen erhalten geblieben waren. Auf der Website nennt WEIL's Pressesprecherin Anke PÖRKSEN diese Passage:
- Ursprüngliche Formulierung:
"Die amerikanischen Behörden setzten sich mit Volkswagen in Verbindung und mehr als ein Jahr lang fanden Gespräche statt. Erst im August 2015 räumte Volkswagen zunächst mündlich und später Anfang September 2015 auch schriftlich die Manipulation ein, anstatt dies klar und deutlich von Anfang an zu tun - ein weiterer schwerer Fehler." - VW-Änderungsvorschlag:
„Die amerikanischen Behörden setzten sich mit Volkswagen in Verbindung und mehr als ein Jahr lang fanden Gespräche statt, bis schließlich Anfang September die Manipulation eingeräumt wurde." - Endgültiger Redetext des niedersächsischen Ministerpräsidenten WEIL:
„Die amerikanischen Behörden setzten sich mit Volkswagen in Verbindung. Mehr als ein Jahr lang fanden Gespräche statt, bis Volkswagen die Manipulation eingeräumt hat. Dieses Eingeständnis hätte sehr viel früher erfolgen müssen. Ein weiterer schwerer Fehler."
Ergebnis:
Die Salamitaktik des VW-Konzerns, "zunächst mündlich" Betrügereien zuzugeben und dann, wenn es nicht mehr anders geht, dies "auch schriftlich" eingestehen zu müssen, wurde eindeutig entschärft. Bzw. "weichgespült", wie es der Informant von BILD am Sonntag sagte.
"Bitte schau schon mal rein, ob da irgendetwas drin steht, was so gar nicht Euren faktischen oder rechtlichen Erkenntnissen entspricht", hatte es in der Email an den VW-Konzern bzw. den Parteifreund STEG geheißen, der für VW im Hintergrund die Strippen zieht.
Für WEIL, der für das Land Niedersachsen bzw. dessen 20%ige Beteiligung an VW im Aufsichtsrat sitzt, ein normaler Vorgang. Er beruft sich auf die Verantwortung in dieser Funktion dem Konzern gegenüber. Allerdings bleibt die Frage, ob ein "Aufsichtsrat" eher Bestandteil iner institutionellen Wagenburgmentalität oder ein Controlling-Organ ist (das eigentlich solche Fehlentwicklungen wie flächendeckenden Betrug an Verbrauchern, Staat, Menschen und Umwelt verhindern sollte).