Das Transparenzbarometer - eine aktuelle Chronik

Intransparenz wird täglich durch unzählige Recherchen und Berichte in den verschiedensten Medien, Blogs und Websites durchbrochen. Dies ist auch die Aufgabe eines freien Mediensystems: Transparenz für das demokratische Zusammenleben herzustellen, in dem sich jeder informieren, eine Meinung bilden und danach handeln kann. 

In der hiesigen aktuellen chronologischen Liste sollen vor allem strukturelle Transparenz-Entwicklungen dargestellt werden: Vorgänge, die seitens der Politik, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, aber auch durch Medien angestoßen werden, die nachhaltige(re) Folgen für mehr Transparenz haben. Direkt aufrufen oder verlinken lässt sich diese Site unter www.transparenzbarometer.de.

Hier geht es zurück zur Übersicht der gesamten Transparenz-Site von ansTageslicht.de, zu der auch dieses Transparenzbarometer gehört. 

3. Dezember 2016

Football Leaks meldet sich zurück: mit einer europaweiten Veröffentlichung

DER SPIEGEL hatte schon einige Male über diese neue Enthüllungsplattform und den Initiator "John" berichtet. Und über die vielen geheimen Dokumente, die bis dahin aufgetaucht waren und auf https://footballleaks2015.wordpress.com online zu lesen waren. Gleichzeitig mit der Ansage, dass footballleaks wegen mangelnder Kapazitäten und internationalem Verfolgungsdruck sich vorerst einmal zurückziehen müsse.

Jetzt wird deutlich weshalb: Die footballleaks-Macher haben zunächst dem SPIEGEL, der als einer der ersten Kontakt zu dieser anonymen Gruppe aufgebaut hatte, 18,6 Millionen Dokumente (=1,9 Terrabyte) überlassen: zur Auswertung.

Damit war dann auch das Hamburger Nachrichtenkagazin überfordert und hat diese Dokumente in 7monatiger Arbeit mit europäischen Partnern geteilt, die alle im europäischen Investigativnetzwerk "EIC" vereint sind. Ab heute beginnt DER SPIEGEL nicht nur seine Titelgeschichte damit, sondern eine Serie. Ähnlich machen es die 8 Partner aus Italien, Dänemark, Portugal, Frankreich usw. 

SPIEGEL-Titel (Ausgabe Nr. 49/2016): Özil, Ronaldo & Co. Inhalt: ihr Kampf gegen ihren mächtigsten Gegner - das Finanzamt. Einen Überblick gibt es hier.

Dies ist der Text, wie DER SPIEGEL seine Geschichte im Newsletter kommuniziert:

"Es gibt keinen schöneren Beruf als den des Journalisten. Der ständige Wechsel zwischen Recherche und Schreiben, all die Begegnungen und Themen, die Textarbeit, das Blattmachen und folglich diese ganze, so aufregend vielseitige Arbeit am Projekt Aufklärung: Das alles kann beglückend sein. Und dann gibt es, hier beim SPIEGEL, auch noch Wochen wie diese.

Football Leaks also. Die Geldmeister. Die Welt des Profifußballs nicht mehr im Glanz des Flutlichts, sondern von innen her ausgeleuchtet.

Monatelang hatten wir uns vorbereitet. Zusammen mit elf anderen Medienhäusern hatten wir das Investigativ-Netzwerk EIC gegründet, dessen Sinn es ist, internationale Recherchen zu organisieren und zu perfektionieren. Unsere IT, allen voran der Kollege Stephan Heffner, hatte uns Journalisten in die Lage versetzt, gewaltige Datenmengen rasant zu sichten und zu bearbeiten; ein von der Außenwelt abgeschotteter Raum mit Hochsicherheitsrechnern wurde eingerichtet.

Der Kollege Rafael Buschmann hatte den Kontakt zu John, dem Whistleblower, aufgebaut und das Material herbeigeschleppt: 1,9 Terabyte Daten oder 18,6 Millionen Dokumente (was rund 500.000 Bibeln entspricht). Wir stellten unser Team zusammen: Die Redakteure Jürgen Dahlkamp, Christoph Henrichs, Jörg Schmitt, Alfred Weinzierl und Michael Wulzinger stiegen ein, die Dokumentare Kurt Jansson, Andreas Meyhoff und Nicola Naber kamen hinzu. Wir teilten das Material mit unseren EIC-Partnern, über wöchentliche Videokonferenzen und bei Treffen in Hamburg, Mechelen, Paris, Lissabon und wieder Hamburg koordinierten wir Recherchen und Veröffentlichungen.

In dieser Woche nun beginnen wir unsere Serie. Es wird darin um die mafiöse Macht der Spielerberater gehen, deren einziges Ziel Gewinnmaximierung ist; Moral oder Vereinstreue, auch so naive Gemütszustände wie Zufriedenheit spielen keine Rolle für sie, weil stets der nächste Vertrag her muss, frisches Geld, mehr Geld. Es wird um diese Verträge gehen, in denen Unvorstellbares geregelt wird, vor allem aber der nächste Transfer und die Frage, wer wie viel daran verdienen wird. Um Vereine wird es natürlich gehen, die so tun, immer noch, als trügen sie zum Gemeinwohl bei, obwohl das Gegenteil zutrifft. Und zuerst, in der Titelgeschichte dieser Woche, geht es um Briefkastenfirmen und Offshore-Konten, um Steuertricks also, es geht um die beiden Titelhelden Cristiano Ronaldo und Mesut Özil, um den Trainer José Mourinho und andere.

Im Video: Wie die Millionen Dokumente durchsucht wurden

Der Kollege Buschmann sagt übrigens, Football Leaks zeige, "wie gierig und entfesselt die ganze Branche ist". Noch knapper formuliert: Das Spiel ist krank.

23. August 2016

Whistleblowerprozess: Schweiz versus Rudolf ELMER

Weltweit bekannt wurde er 2008: zusammen mit der bis dahin unbekannten Plattform WikiLeaks. ELMER hatte Dokumente veröffentlicht, die Einblick in das Geschäftsgebaren der Bank Julius Bär auf Cayman Island gaben.

Seither wird ELMER verfolgt: durch die Schweizer Justiz, der schweizerichen Bank Bär und lange Zeit durch Privatdetektive, die Julius Bär auf ihn angesetzt hatte. Alles ausführlich rekonstruiert unter www.ansTageslicht.de/Elmer . 220 Tage saß ELMER in U-Haft. 2015 wurde er vom Züricher Bezirksgericht wegen Verletzung des Bankgeheimnisses verurteilt. ELMER ging in Berufung vor das Züricher Obergericht. Das hat nun entschieden:

ELMER konnte das Heimische Bankgeheimnis nicht verletzt haben - er war Angestellter auf der Karibikinsel. Dort gilt nicht Schweizer Recht. Das musste das Gericht akzeptieren. Aber nicht alles andere und erst recht nicht ELMERS Kampf gegen Steuerflucht und Bankgeheimnis. Und so wurde ELMER wegen Drohung, versuchter Nötigung und Urkundenfälschung gegen seinem Ex-Arbeitgeber zu 14 Monaten bedingter Haft verurteilt. Gerichtsvorsitzender und Kammerpräsident Peter MARTI zu ELMER: "Sie sind kein Whistleblower, sondern ein ganz gewöhnlicher Krimineller. Ein richtiger Whistleblower steht zu dem, was er gemacht hat, und beruft sich auf Rechtfertigungsgründe."

Um das Strafmaß dann doch noch indirekt zu verschärfen, entschied das Gericht, dass ELMER den allergrößten Teil der Gerichtskosten tragen müsse. 350.000 Schweizer Franken, wie Richter MARTI ausgerechnet hat. Offenbar als klares Signal an andere potenzielle Whistleblower.

Andererseits hat der Richter - wohl unbeabsichtigt - ein Signal in eine ganz andere Richtung gegeben: Steuerflüchtlinge, die ihre Gelder in Ablegern schweizerischer Banken auf Steueroasen bunkern, können nicht mehr davon ausgehen, dass sie durch das Schweizerische Bankgeheimnis geschützt sind.

Mehr zum Prozess unter www.ansTageslicht.de/andere (Eintrag 23. August).

10. Mai 2016

Jetzt ist es soweit: Die Datenbank "panama papers" ist eröffnet

Bisher nur bekannt (siehe Eintrag 4. April 2016), dass es sie gibt: die rd. 250.000 Briefkastenfirmen, hinter denen sich Menschen und Institutionen verstecken (wollen): "Politicans, Criminals and the Rogue Industry That Hides Their Crash", wie es auf der Startseite heißt, die das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) jetzt freigeschaltet hat: https://panamapapers.icij.org

Die Datenbank lässt sich nach Ländern und Namen durchforsten. Und es gibt bereits erste Zusammenfassungen, z.B. von einigen Despoten und ihren Verwandten & Vertrauten: https://panamapapers.icij.org/the_power_players/

Vorherige Leaks, die Steuerflüchtlinge und den illegalen Strom von verschobenen Geldmassen dokumentieren, betrafen

  • 2013: Offshore-Leaks
  • 2014: China-Leaks
  • 2014: Luxembourg-Leaks
  • 2015: Swiss-Leaks (HSBC Bank)

Spätestens mit den panama papers ist klar geworden, dass das ICIJ-Consortium zum wichtigsten Akteur international in Sachen Offenlegung und Steuerflucht geworden ist. Noch nie haben Journalisten

  • in so kurzer Zeit
  • so viele Informationen ans Tageslicht gebracht,
  • die enormen Druck und Tempo in die öffentliche Debatte gebracht haben,
  • die nun erste Wirkungen zu zeigen beginnt: immer mehr Politiker in immer mehr Ländern sehen sich gezwungen, zu handeln.

4. April 2016

Panama-Leaks: Nicht der Staatsapparat. Whistleblower und Medien bringen die Dinge voran:

Auf den Tag genau drei Jahre später, als erstmals offshore-Leaks weltweit ans Netz ging, ein Datenjournalismusprojekt, an dem über 86 Journalisten aus 46 Ländern gleichzeitig und erstmals über Steueroasen und Steuerflüchtlinge veröffentlicht hatten, nun ein neuer, umgleich größerer Scoop: Diesesmal waren es rd. 400 Journalisten aus 78 Ländern, die in über einjähriger Arbeit die Datenbankbestände einer in Panama ansässigen Kanzlei namens Mossack Fonseca auswerten konnten: Die Namen von rd. 250.000 panamesischen Offshore-Firmen bzw. Briefkastenfirmen und die dahinter stehenden Besitzer. 

Darunter: Drogenbosse und Kriminelle, bekannte und unbekannte Milliardäre, Politiker aus dem arabischen Raum und deren Verwandte, der ukrainische Präsident und Schokoladenfabrikant Petro POROSCHENKO, aber auch intime Freunde aus dem Umfeld von Wladimir PUTIN. So z.B. der Musiker und Cellist Sergej ROLDUGIN, der an einem Netzwerk beteilgt war, über das mehr als 2 Milliarden US-Dollar aus Russland in Offshore-Briefkästen abgeflossen sind.

Aber auch bekannte Sportler nutzen derlei Tricks, um Transfers zu verschleiern, Gelder zu verstecken und Steuern zu hinterziehen. Beispiele: Lionel MESSI aus Argentinien, der frühere FIFA-Generalsekretär Jerome VALCKE, der den Besitz seiner 32-Meter-Yacht damit kaschieren will (bzw. wollte), der FIFA-Funktionär Michel PLATINI u.a.m.

Das größte Datenleck, das es bisher je gab - 2,6 Terrabyte bzw. 10 mal so umfangreich wie 2013 bei Offshore-Leaks - kam durch eine Anfrage eines "John Doe" zustande, der sich meldete, ob die Süddeutsche Zeitung "interessiert" sei? Er würde "gerne teilen"! Die dann nach und nach eingehenden Datenmengen waren so groß (11,5 Millionen Dokumente), dass sich die SZ außer Stand sah, dies alles selbst alleine zu verarbeiten. Die Redakteure schalteten das International Consortium of Investigative Journalists ein, die auch alle anderen "Leaks" organisiert und koordiniert hatten.

Jetzt gibt es zwei Websites, auf denen das alles nachzulesen ist und was weiter ausgewertet und veröffentlicht werden soll: