Der Auftrag an die Signal Photo Company unterscheidet sich auch von dem der Amerikanerin Margret BOURKE-WHITE, die auch eine der ersten an diesem Tatort ist, aber für das privatwirtchaftliche Life-Magazin arbeitet (siehe aktives Foto oben!). Sie wird später sagen: „Die Kamera zu bedienen war fast eine Erleichterung. Es entstand eine schwache Barriere zwischen mir und dem bleichen Entsetzen, das ich vor mir hatte“. Oder auch von dem an Alexander WORONZOW der am 27. Januar 1945 mit der Roten Armee in Auschwitz einrückte. Der Filmemacher drehte für das breite Publikum zu Hause in der von der Wehrmacht zerstörten Sowjetunion. „Was ich in Auschwitz gesehen und gefilmt habe, war das Schrecklichste, was ich während des ganzen Krieges je gesehen und aufgenommen habe“, wird Woronzow feststellen.
Als die Militär-Fotografen zum Objektiv greifen, übernehmen in diesen Apriltagen überlebende KZ-Insassen, die noch ausreichend Kraft haben, die Statistenrollen. Sie stellen den Lager-Alltag nach und in einigen Fällen sogar die Rolle ihrer Peiniger. So demonstrieren sie den Fotografen, wie am Prügelbock gefoltert wurde. Der Unterschied: Jetzt übernehmen die Darstellung der Opfer mitgebrachte Gummipuppen.
Die Fotos aus Buchenwald schockieren, wie erwartet, die Welt. Auch die Deutschen sollen mit dem Schrecken konfrontiert werden. Der Befehlshaber der 3. US-Armee, George S. PATTON, befielt Weimarer Bürger auf den Ettersberg, wo Buchenwald angelegt wurde. Eine unbefangene und laut schwatzende Gruppe Mensch zieht den Berg hoch. Sie schweigt, als sie von dort herabsteigt. Es sind die Szenen, die am 19. April um den Globus gehen.
Einige Foltergeräte, die Menschenhaut-Lampen und die Schrumpfköpfe sind nach Berichten zunächst unter Verschluss geblieben, nach anderen wurden sie bereits am 16. April auf einem Tisch mit Präparaten der Pathologie präsentiert, als Material für den Prozess. Sicher ist: Der Ankläger Thomas J. DODD zeigte die Schrumpfköpfe - wahrscheinlich Leichenteile von zwei polnischen Lagerinsassen – auf Holzsockel montiert den Nürnberger Prozessbeteiligten 1947.
Der Gegenstand von Bild Nummer 17 der Arolsen-Akte, der Lampenschirm aus tätowierter Menschenhaut, war unmittelbar nach der Befreiung im Bereich der Lagerkommandantur sichergestellt worden. Er wurde später nicht mehr aufgefunden. Ein zweites, in der DDR ausgestelltes Exemplar wurde nach der Einheit als Fälschung eingestuft. Die Menschenhaut-Lampen von Buchenwald stellen bis heute wohl ein Mysterium dar.
Genau zwei Jahre nach der Befreiung, am 11. April 1947, begann im Internierungslager Dachau der Buchenwald-Hauptprozess gegen das Lagerpersonal. 31 Tatverdächtige kamen auf die Anklagebank. Die Bilder von Buchenwald spielten eine entscheidende Rolle in den nächsten vier Monaten der Verhandlung. 22 der Angeklagten wurden am 14. August 1947 zum Tode verurteilt. In fünf Fällen wurde die Todesstrafe in lebenslange Haft umgewandelt. Lagerkommandant Hermann PISTER starb am 28. September 1948, bevor das Todesurteil gegen ihn vollstreckt werden konnte.