Die erste - uns bekannte - Manipulation, besser: Fälschung datiert aus dem Jahr 1983, Dr. med. Gerhard TRIEBIG ist da 34 Jahre alt und Assistent an der Universität Erlangen bei Prof. VALENTIN, dem Begründer und Doyen der deutschen Arbeitsmedizin in der neu entstandenen Bundesrepublik. TRIEBIG: ein Schüler der sog. Erlanger VALENTIN-Schule.
Die Fälschung herausgefunden hatte RA Hans-Joachim DOHMEIER, der einen gesundheitlich Geschädigten anwaltlich vertreten hatte: einen ehemaligen Beschäftigten der Fa. "Boehringer Ingelheim" in Hamburg, einem Unternehmen, in dem es ein größeres Dioxin-Problem gegeben hatte. Dioxine zählen zu den gefährlichsten Giftstoffen. Noch heute muss die Firma Beratungs- und Krankheitskosten für Betroffene zahlen. Mehr dazu unter www.ansTageslicht.de/Dioxin
Der aufstrebende Assistent der Erlanger Schule wurde von der Berufsgenossenschaft Chemische Industrie (heute: BG RCI - Rohstoffe und Chemische Industrie) mit einer "zusammenfassenden wissenschaftlichen gutachterlichen Stellungnahme" über den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand mehrerer Beschäftigten beauftragt. Genauer gesagt: sein Chef hatte den Gutachtenauftrag bekommen, Prof. VALENTIN, aber der ist selbst mit Gutachtenschreiben so beschäftigt, dass er diesen Job an seinen Assistenten weiter reicht. Die Erlanger Schule erhält deswegen so viele Aufträge, weil sie mehr oder weniger flächendeckend im Interesse der Berufsgenossenschaften, sprich der Unternehmen, be"gut"achtet.
Anwalt DOHMEIER kommt TRIEBIG schnell auf die Schliche. Er muss dazu nur das lesen, was TRIEBIG schreibt und mit dem vergleichen, was wirklich in den von TRIEBIG zitierten Literaturstellen steht. Zwei Beispiele aus dem erwähnten Gutachten für die Chemische Industrie.
Beispiel 1:
TRIEBIG konstatiert in einem seiner Gutachten:
"Goldmann (1972) sowie Thiess und Goldmann (1976) berichten über das Auftreten von Chlorakne bei 42 Arbeitern aus der Trichlorphenolproduktione. In fünf der 42 Erkrankungsfälle war neben der Chlorakne auch eine Schädigung des Nervensystems zu berücksichtigen, wobei allerdings in nur drei Fällen eine ‚toxische Polyneuritis‘ vorlag. Wesentlich ist bei diesen Kasuistiken, daß die neurologische Symptomatik in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen stand.“
Im Original steht anderes:
„Fast regelmäßig war eine allgemeine Müdigkeit und neuromuskuläre Schwäche vorhanden. In sieben Fällen war eindeutig das ZNS befallen, davon dreimal mit einer toxischen Polyneuritis und je zwei mal mit einer peripheren toxischen Schädigung der Hör-, Riech- und Geschmacksorgane bis zu einer toxischen disseminierten Enzephalomyelitis mit einem Halbseitensyndrom.“
Vergleich: TRIEBIG reduziert Zahlen (aus 7 wird 5), lässt andere weg, verharmlost die Schädigungen, dichtet einen "zeitlichen Zusammenhang" hinzu.
Beispiel 2:
Bei TRIEBIG steht:
„Oliver (1975) untersuchte drei junge Wissenschaftler, die nach mehrwöchigem Umgang mit TCDD [betrifft Dioxin, Anm. d. Red.] im Labor erkrankten. Neben einer Chlorakne klagten die Patienten über verstärkte Müdigkeit, Kopfschmerzen, Flatulenz und Appetitlosigkeit. Bei keinem bestand der Verdacht auf eine Polyneuropathie. Kontrolluntersuchungen nach zwei bis drei Jahren ergaben, bis auf Restzustände einer Chlorakne, keine wesentlichen Befunde.“
Im Originaltext heißt es:
„Die toxischen Effekte bei drei jungen Wissenschaftlern, die vorübergehend in geringstem Umfange gegenüber 2,3,7,8-Tetrachlordibeno-1,4-Dioxin (Dioxin) exponiert waren, werden beschrieben. Zwei von ihnen litten unter typischer Chlorakne. Bei zwei der Wissenschaftler traten verzögerte Symptome etwa zwei Jahre nach der ursprünglichen Exposition auf. Diese Symptome umfassten Persönlichkeitsveränderungen, andere neurologische Störungen und Hirsutismus.“
Vergleich:
Wissenschaftler OLIVER spricht davon, dass entsprechende Symptome bereits bei "vorübergehend in geringstem Umfang" gegenüber Dioxin aufgetreten sind, was für die Heftigkeit der Giftwirkung spricht, TRIEBIG macht daraus "nach mehrwöchigem Umgang" und schwächt die Aussage des Autors OLIVER ab, sprich: alles nur halb so gefährlich. Und: Schwere neurologische Schäden wie „Persönlichkeitsveränderungen“ werden bei TRIEBIG zu: „bis auf Restzustände einer Chlorakne, keine wesentlichen Befunde“.
Im bundesdeutschen System der Gesetzlichen Unfallversicherung scheinen solche Praktiken und die daraus dann ableitbaren gutachterlichen Stellungnahmen gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Karriere zu sein.