Kriminelle Clans: die Entwicklung in Kurzform

Ein kleiner Überblick

Anfang 1980er Jahre

Anfang der 1980er Jahre als Resultat des Bürgerkriegs im Libanon: arabische, türkische und palästinensische Großfamilien emigrieren nach Deutschland. Örtliche Schwerpunkte: NRW, Niedersachsen, Berlin, Bremen, Essen


die Folge:

dadurch, dass diese Menschen keiner Arbeit nachgehen durften, Kinder nicht in die Schule gingen, verfestigte sich die patriarchalische Struktur der Großfamilien – als „ethnisch abgeschottete Subkulturen“ (Bundeskriminalamt BKA) – und mündete zum Teil in Systeme der organisierten Kriminalität: Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung, Raubüberfälle, Einbrüche und Diebstähle


danach

mit der Vergrößerung der regionalen Einzugsgebiete siedelten sich nach und nach auch z.B. kurdische oder tschetschenische Clans in den Ballungsgebieten an


Ende der 80er Jahre

in den 80er und 90er Jahren waren die kriminellen Strukturen von Einwanderern kaum ein öffentliches Thema, und wenn, dann hauptsächlich nur in polizei-internen Veröffentlichungen. Allerdings herrschte in diesen Jahrzehnten auch eher die Furcht, sich als ausländerfeindlich zu positionieren, wenn man kriminelle Clan-Strukturen ansprach; man verdrängte eher dieses Thema: sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft.

Hinzukam, dass in den 1980er Jahren zunächst in Berlin, später in weiteren Bundesländern, vielfach die Duldung aufgehoben und ein großer Teil der Clanfamilien im Laufe der Jahre eingebürgert wurde.


nach 2000

Jetzt erst tauchen erste kritische Berichte in den bundesdeutschen Medien zum Thema „Ausländerkriminalität und Clans“ auf – und lösen somit partiell das Mafia-Thema ab. Erst ab jetzt erfasst man die Aktivitäten der Clans unter „Organisierter Kriminalität“ (OK). Allerdings herrscht noch in den Nuller-Jahren bei den Ermittlungsbehörden eher Zurückhaltung. Grund: die Politik vermeidet dieses Thema ebenso


2010

DER SPIEGEL macht eine Titelgeschichte auf: Staat kuscht vor kriminellen Clans. Jetzt ziehen auch andere Medien nach. Das Problem wird nach und nach zu einem öffentlichen Thema


danach

Die kriminellen Clanstrukturen lassen sich dadurch nicht beeindrucken. Die Anzahl der strafrechtlichen Delikte steigt unaufhörlich.

In Berlin fallen Mitglieder bestimmter Familienclans überproportional bei den ermittelten Tatverdächtigen auf. So geht nach Einschätzungen des LKA Berlin etwa 25% der Organisierten Kriminalität auf das Konto arabischer Familienclans. Andere OK-Strukturen seien derweil nahezu vollständig von ihnen verdrängt worden. Für Berlin geht man von der Existenz von ca. 20 arabische Großfamilien aus, von denen etwa acht Familien kriminell auffällig sind; im Ruhrpott haben die Clans ganze Viertel im Griff.

Die „berüchtigsten“ und auch von manchen Medien besonders bedachten Clans sind:

  • Abou-Chaker (Berlin): 250 Mitglieder;  
  • Remmo (Berlin, Ruhrgebiet): 500 Mitglieder;
  • Miri (Bremen, Niedersachsen, Ruhrgebiet): 2.500 Mitglieder;
  • Al-Zein: mehr als 10.000 Mitglieder (geschätzt); Ableger europaweit verzweigt

Manche davon zeigen sich ostentativ in der Öffentlichkeit, prahlen mit ihrem Reichtum und äußern ihre Verachtung gegenüber dem Rechtssystem der BRD unverhohlen


2014

Einzelne Delikte erregen durch ihre spektakuläre Begehungsweise besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Der Überfall auf das Kaufhaus KaDeWe in Berlin 2014 etwa wird Mitgliedern einer arabischen Großfamilie nachgewiesen. Im Bereich der Eigentumsdelikte ist die Herbeiführung einer Explosion zur Erbeutung mehrerer Millionen Euro in der Sparkassenfiliale Berlin Mariendorf, ebenfalls im Jahr 2014, einem Clanmitglied nachgewiesen.

So reicht die durch arabische Clans begangene Kriminalität von OK-typischen Delikten bis hin zu spektakulären aufsehenerregenden Taten. Etwa dem späteren Juwelenraub aus dem Grünen Gewölbe in Dresden. Inkriminiertes Vermögen wird von Clanangehörigen anschließend mittels legaler Geschäfte gewaschen. Insbesondere auf dem Immobilienmarkt sind diese aktiv; so hat der Abou-Chaker-Clan einem Ehepaar jüngst deren Haus durch betrügerische Machenschaften und Hilfe deutscher Mittäter „kurzzeitig entwendet“


ab 2015

Bis heute gibt es laut Statistik der Ermittlungsbehörden jährliche Steigerungsraten von bis zu 15 Prozent bei jenen Straftaten, die den Clans zugeschrieben werden; die Schadenssumme erreichte in manchen Jahren die Milliardengrenze; jährlich laufen mehr als 500 Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder krimineller Familien


2017

Herbert REUL (CDU) wird in NRW neuer Innenminister. Er sagt den Clans den Kampf an. Er propagiert "Null-Toleranz", und jetzt werden auch erste Überlegungen diskutiert, die kriminellen Clans dadurch zu attackieren, dass man - wie in Italien - deren Vermögenswerte wie Autos oder Häuser konfisziert, wenn kein legaler Einkommensnachweis geleistet werden kann
 


2019

Der "Kölner Stadtanzeiger" startet eine 7teilige Serie über die kriminellen Clans. Die Berichte sind hier vollständig dokumentiert. Wie die Serie entstanden ist, erläuert der Journalist und Autor Axel SPILCKER in seinem Making-of.

Der Berichterstattung wird 2010 der (zweite) "Wächterpreis der Tagespresse" zuerkannt


2021

Im Oktober führt ein Clan in NRW die Behörden an der Nase herum. Schadenssummen: ca. 500.000 Euro. In der Presse heißt es beispielsweise "Clanbekämpfung: zahnloser Tiger"


(Mario Damolin)