WESER-Kurier, 29.11.2008

von Christine KRÖGER

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HANNOVER (TIN). Rechtsextreme Straftaten und schwere Gewaltverbrechen sind einer Rockerkarriere bei Frank Hanebuth, Anführer des „Charters Hannover“ der „Hell’s Angels“, offensichtlich förderlich, dafür jedenfalls spricht der Werdegang Markus W.s. Der mehrfach verurteilte Schläger hat es in Hanebuths Führungsriege geschafft, er ist heute „Secretary“ (Schriftführer) in dessen „Charter Hannover“.

Zehn Jahre ist es her, da sorgte der 36-Jährige international für Schlagzeilen: Er war einer der rechten Hooligans, die während der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich den Polizisten Daniel Nivel zum Krüppel schlugen und traten. In der Öffentlichkeit zeigte Markus W. kaum Reue, und er versuchte auch, aus der Haft zu fliehen.

„With love and respect“ („mit Liebe und Respekt“) heißt „Maxe“, wie die Rocker Markus W. nennen, in bestem „Hell’s-Angels“-Jargon Gäste des Internetauftritts seines „Charters“ als „Moderator“ willkommen. Für die Rockerorganisation in Niedersachsens Landeshauptstadt managte er zudem in diesem Jahr einmal mehr die „Tattoo-Convention“ (Tätowiermesse), auf der auch rechte Szeneläden ihr Angebot präsentierten. Nicht nur hier macht Markus W. mit Neonazis gemeinsame Sache. Im Fanshirt der in der braunen Szene beliebten Band „Einherjer“ („ausgezeichnete Krieger“) feierte er eine Party bei Marc D. Der ist Tätowierer in einem Hannoveraner Studio, das sich auf der „Tattoo-Convention“ ebenfalls präsentierte. Marc D. feiert offensichtlich nicht nur mit Markus W. gerne. Noch wenige Monate zuvor war er in Verden auf „Kohlfahrt“ mit örtlichen Neonazis.

Für Frank Hanebuth hat Markus W. schon gearbeitet, bevor er 1998 als rechter „Schläger von Lens“ traurige Berühmtheit erlangte. Seit Mitte der 90er Jahre mischte „Maxe“ in der damals größten deutschen Rockerbande „Bones“ mit. Hanebuth war deren Chef in Hannover, bis die „Bones“ 1999 zu den „Hell’s Angels“ übertraten. Bereits 1997 soll Markus W. in Diensten von Hanebuths „privatem Sicherheitsdienst“ zugeschlagen haben, die Polizei ermittelte wegen Körperverletzung gegen ihn. „Ja, er gehört zu uns“, wurde der Rockerboss 1998 zitiert, nachdem „Maxe“ wegen der Tat von Lens festgenommen worden war. Lapidar fügte Hanebuth hinzu: „Der ist allein hingefahren, ganz privat.“ Distanzierung oder Entsetzen hören sich wohl anders an.

Als Markus W. 2002 vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, kündigte die neonazistische „Kameradschaft Weser-Ems“ via Internet „eine fette Party“ an. Gerade zehn Wochen war er in Freiheit, da ermittelte die Polizei erneut wegen gefährlicher Körperverletzung gegen ihn: Nach der Übertragung des Fußball-WM-Finales in Japan war er auf dem Schützenfest in Hannover in eine Schlägerei verwickelt. Verurteilt wurde er nicht, sondern aus Mangel an Beweisen freigesprochen: Obwohl sich die Schlägerei vor den Augen Hunderter Schützenfestbesucher abgespielt hatte, fanden sich keine Zeugen.

Bei Markus W.s Haftentlassung 2002 hatte sein Rechtsbeistand öffentlich beteuert, sein Mandant werde nicht mehr zu Fußballspielen gehen und auch keinerlei Kontakte ins Rocker- oder Rotlichtmilieu aufnehmen. 2005 hatte sich der Vorbestrafte das längst anders überlegt, jetzt zog er als Kläger vor Gericht. Vor der WM 2006 in Deutschland ließ er das Verwaltungsgericht Hannover die Rechtmäßigkeit des Reiseverbotes prüfen, das die Behörden während der EM in Portugal 2004 gegen ihn verhängt hatten.

In der Verhandlung räumte er patzig ein, bei den „Höllenengeln“ zu sein: „Ich wüsste nicht, dass das verboten ist.“ Die Richter ließen den Rocker abblitzen. Auch weil Polizisten in dem Prozess aussagten, der Kläger pflege nach wie vor Kontakte zu rechten Hooligans. Rund ein Jahr später war „Maxe“ mal wieder Angeklagter. Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe, weil er einen Türken beleidigt hatte. Jüngst hat der 36-Jährige erneut zugeschlagen, dieses Mal traf es offenbar einen algerischen Nachbarn. Zehn Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, lautet das jüngste Urteil gegen den Wiederholungstäter.

Nicht nur die Rockerszene hat den „Schläger von Lens“ wieder, auch im Rotlichtmilieu ist er unterwegs. „Maxe“ managt für Frank Hanebuth ein Bordell auf Hannovers Kiez. Zudem steht er als „Bodyguard“ für die Sicherheitsfirma bereit, die der Rockerboss inzwischen längst gewerblich betreibt.

Schließlich blieb Markus W. auch Fußballpartien nicht dauerhaft fern: Noch Ende Juni dieses Jahres scheiterte er an der Schweizer Grenze, als er zum EM-Halbfinale einreisen wollte. Im heimischen Stadion von Fußballbundesligist Hannover 96 ist der 36-Jährige dagegen nicht nur als gemeiner Zuschauer willkommen. Er tritt den Ball auch selber. „Maxe aus dem Eros Center“ trat als „Spielmacher“ der „Steintor-Auswahl“ gegen die alten Herren von Hannover 96 an. Wer möchte, kann den Schläger deshalb Wohltäter nennen: Der Erlös des Spiels ging an herzkranke Kinder.