Was eine "saubere Verwaltung", Effizienz, Qualitätssicherung und Whistleblowing miteinander zu tun haben

Recherchen und Veröffentlichungen auszuzeichnen, den Journalisten den Rücken zu stärken, wenn sie einen publizistischen "Kampf um eine saubere Verwaltung" führen, dies ist eines der Kriterien, die die Stiftung "Freiheit der Presse", die den "Wächterpreis der Tagespresse" auslobt, bei ihrer Bewertung zugrunde legt.

Worum es bei dem Thema ganz grundsätzlich geht, lässt sich an einem aktuellen Beispiel zeigen, das auch mit Bayern zu tun hat. 

In der Bremer Außenstelle des Bamf ging es bei Anerkennungsverfahren für Flüchtlinge ganz offenbar drunter und drüber. Und jene, die das nicht akzeptieren, sondern ändern wollte und deswegen Anfang des Jahres 2018, wenige Wochen, nachdem sie dafür zuständig wurde, darauf aufmerksam gemacht hat, wurde nun abgestraft: mittels einer zwangsweisen Rückversetzung ins Bayerische. Die Whistleblowerin heißt Josefa SCHMID.

Natürlich hat ihr Dienstherr, die Zentrale des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, gesagt, dies würde zu ihrem "Schutz" geschehen, aber das ist eine vorgeschobene Ausrede. Oder anders gesagt: gelogen.

Josefa SCHMID hatte drei Möglichkeiten:

  • dazubleiben, ihren Job zu machen und dabei tatenlos zuzusehen
  • sich freiwillig wieder wegzubewerben und die Augen auch im Nachhinein noch zu verschließen
  • oder die Missstände beim Namen zu benennen und auf Abhilfe drängen.

Sie hat sich - im Sinne des öffentlichen Interesses - für die letzte Option entschieden.

Dass sie dafür sanktioniert wurde, zeigt wie die Behördenkultur des Bamf funktioniert: so ähnlich wie bei VW. Jetzt werden die Missstände, weil alles öffentlich wurde, abgestellt und die Allgemeinheit profitiert davon. Nur eine Person nicht: Josefa SCHMID.

Und das ist das Problem: Viele getrauen sich nicht - jedenfalls nicht innerhalb ihrer Behörde oder ihrer Firma - Kritik anzubringen. Weil Kritik, die verändern möchte ohne Sanktionen befürchten zu müssen, eine funktionierende Kritik- und Fehlerkultur voraussetzt. Und solange dies so ist -bzw. solange dies nicht so ist, sollten potenzielle Whistleblower, die auf Missstände hinweisen wollen, sich an die Presse wenden.

Denn da sind sie - indirekt - geschützt: Journalisten und alle, die mit dem redaktionellen Produktionsprozess zu tun haben, also selbst das Reinigungspersonal, der Pförtner oder die Drucker: Sie alle haben ein Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber allen: der Polizei, dem Staatsanwalt gegenüber und sogar vor Gericht. Konkret: Sie müssen niemandem sagen, woher sie ihre Informationen haben. Dieses "Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger" nach § 53 Absatz 1, Nummer 5 der Strafprozessordnung (StPO) ist identisch mit jenem Paragraphen 381 Absatz 1, Ziffer 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) und auch mit § 102 Absatz 1, Ziffer 4 der Abgabenordnung (AO). Hier finden Sie diese Schutz-Paragraphen im Wortlaut

Dieser "Informantenschutz", wie man das Zeugnisverweigerungsrecht auch nennt, wird regelmäßig vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigt und hat inzwischen "Verfassungsrang". Die Richter in Karlsruhe wissen: Nur wer gefahrlos Kritik aussprechen kann, wird es auch tun.

Jedenfalls gegenüber der freien Presse.

Daran kann sich folgendes Problem anschließen: Wer mit seinem Anliegen bei der Presse kein Glück hat, weil das Thema oder der Missstand "nicht interessant genug" oder "nicht aktuell genug" ist, und sich dann andere Wege suchen muss, um auf Missstände hinzuweisen, der sollte aufpassen: Whistleblower, die sich in der Öffentlichkeit äußern, sind in Deutschland - derzeit - nicht geschützt. Und müssen in der Regel mit Sanktionen rechnen. Gleiches gilt - meistens jedenfalls - wenn sie dies in ihrem Unternehmen oder der eigenen Behörde tun, siehe das Beispiel Josefa SCHMID.

Unter www.whistleblowerinfo.de (eine Unterseite von ansTageslicht.de) finden Sie dazu weitere Informationen. Wenn Sie in einem bestimmten Fall wissen wollen, was sie konkret tun können oder worauf Sie unbedingt achten sollten, wenn Sie mit Ihrem Anliegen nicht bei der Presse landen können, kontaktieren Sie am besten das Whistleblower-Netzwerk

(JL)