Die Berichte von Roland MUSCHEL / Südwest Presse, 16.07.2016

von Roland MUSCHEL

Kultur des Misstrauens

Schriftlich fixierte Geheimabsprachen über Milliardenausgaben an der Öffentlichkeit und den eigenen Abgeordneten vorbei: Das Vorgehen der grünen und schwarzen Spitzen in Baden-Württembenrg dürfte nicht nur ohne Beispiel sein. Es ist auch in höchstem Maße intransparent, irritierend und geeignet, das Vertrauen in diese Regierung zu beschädigen.

Welchen Sinn etwa hat die auf ein breites Publikum zielende Vorstellung einer in vielen Verhandlungsrunden beredeten Koalitionsvereinbarung noch, wenn der Wählerschaft dabei zentrale Vereinbarungen der beiden neuen Regierungspartner vorenthalten werden? Und was soll bei solchen heimlichen Verabredungen dann noch der heilige Schwur vom Finanzierungsvorbehalt?

Verstehen lässt sich das Vorgehen nicht. Und erklären nur damit, dass sich zwei Koalitionäre, die sich bis zur Wahl feindselig gegenüber gestanden haben, noch immer nicht über den Weg trauen und deshalb ihre Kernanliegen lieber doppelt abgesichert wissen wollen. Dabei tun sich die Christdemokraten emsiger hervor. Aber auch Vorhaben der Grünen, die sonst so gerne der Transparenz huldigen, finden in dem nicht veröffentlichten Papier ihren Niederschlag.

So sind diese Nebenabreden auch ein Dokument einer Kultur des Misstrauens. Das gilt dem jeweiligen Koalitionspartner, trifft aber auch den nicht eingeweihten Landtag. Und dessen „Königsrecht“ ist immerhin die Verabschiedung des Haushalts. So werden die eigenen Abgeordneten zum Abnickverein degradiert – ohne zu wissen, welcher Aufführung sie da beiwohnen. Auch der Wähler darf sich über soviel Wertschätzung freuen.