"Operation Finale": ein Foto führt auf die Spur zu Adolf EICHMANN

1960 entführte der Mossad, Israels Geheimdienst, Adolf EICHMANN, den Organisator des Völkermordes an den Juden. Wer gab die entscheidende Information über sein Versteck in Argentinien? Nach sechs Jahrzehnten scheint dieses Geheimnis der Weltgeschichte gelöst. Die Fährte führt zu zwei Männern ins Ruhrgebiet. Ihr zentrales Beweisstück: Das hier abgebildete Schwarz-Weiß-Foto.

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Historiker decken Geheimnisse der Weltgeschichte gerne in staubigen Archiven auf,  Archäologen meist nach aufwendigen Grabungen. Aber kann so etwas in Kaffeekränzchen passieren?

Ja, sagt Sigrid WOBST. Sie erinnert sich. Wie ihre Familie im Jahr 2013 ihre Mutter Rosemarie in der Soester Wippgasse besuchte. Wie die Runde zum Fotoalbengucken überging. Wie der Vetter überrascht auf Urlaubsbilder von Vater und Mutter stieß, auf Fotos von Meer, Wüste und der Erinnerungsstätte Yad Vashem und ungläubig fragte: „Ihr wart in Israel?

Mutter Rosemarie POHL nickte. Das alles sei 1962 für vier Wochen gewesen, in einem schönen Hotel. Dem Dirigenten Sergiu CELIBIDACHE habe man gelauscht, Marc CHAGALL getroffen und Premier Ben GURION auf einer Ehrentribüne gesehen. Wie sie solchen Luxus in den kargen Nachkriegsjahren bezahlt hätten, hakte die Familie nach?

Wir waren Staatsgäste“, sagte die schon 92-jährige Dame!

Dann lüftete Rosemarie ein langbewahrtes Geheimnis, eine zeithistorische Sensation: Ein Dankeschön des Staates Israel sei das gewesen für die „wichtige Rolle“, die Giselher POHL, ihr verstorbener Mann, bei der Ergreifung von Adolf EICHMANN gespielt habe.

Sigrid Wobst ist eine bekannte Bildende Künstlerin. Sie fertigt Porträts, setzt dabei Acrylfarben ein und engagiert sich für Frauenrechte. Aus Göttingen stammend wohnte sie lange in Unna, lebte in den Vereinigten Staaten und jetzt im mittelalterlichen Herzen von Soest. Wer mit der Frau redet, wird ihr Erfahrung, Standfestigkeit und Selbstbewusstsein nicht absprechen. Aber in diesem Moment 2013, da sei sie „völlig sprachlos“ gewesen, sagt sie.

Die Flucht des Täters

Adolf EICHMANN. Geboren in Solingen 1906. Aufgewachsen in Österreich. Eine abgebrochene Mechanikerlehre. Der Eintritt in die SS nach Hitlers Machtergreifung und die Karriere dort. Von 1941 bis 1945 leitete er das „Judenreferat“ des Reichssicherheitshauptamtes in der Berliner Kurfürstenstraße 116. Er war der, der die „Endlösung“ plante, der den Transport von sechs Millionen Juden in die Gaskammern des Dritten Reiches dirigierte und ihre Ermordung organisierte. Nach Kriegsende aus alliierter Gefangenschaft verschwunden, rankten sich um seinen Flucht die wildestens Gerüchte.

Verbarg er sich in Kuweit? Syrien? Kairo? Australien? Oder doch, wie es zwischendurch hieß, in Südamerika?

Bis zum 11. Mai 1960, 18.30 Uhr Ortszeit Buenos Aires hielten die Vermutungen an. Zu diesem Zeitpunkt schlug ein Kommando des israelischen Geheimdienstes Mossad zu. Es kidnappte den früheren SS-Obersturmbannführer in einem Vorort der argentinischen Millionenmetropole an einer Bushaltestelle und brachte ihn nach Jerusalem. Die Israelis klagten ihn wegen des Menschheitsverbrechens an und stellten ihn 1961 vor Gericht.

Wer hat die entscheidende Information zum Nachkriegs-EICHMANN gegeben? Wer hat das Versteck des vielleicht größten Massenmörders der Weltgeschichte entdeckt? Wie wurde die Mitteilung darüber weitergereicht? Und was war das entscheidende Beweisstück?

Sechs Jahrzehnte blieben die Antworten auf solche Fragen Spekulationen überlassen. Ehemalige SSler, auch jüdische Auswanderer wurden als Informanten genannt. Die, die es wussten, schwiegen. Manche nahmen Wissen wohl auch mit ins Grab. „Die israelischen Behörden werden niemals die Umstände der Festnahme des ehemaligen SS-Obersturmbannführers Adolf EICHMANN bekanntgeben. Nur so viel: Er ist vom israelischen Geheimdienst ohne Mithilfe ausländischer Agenten gefasst worden“, erklärte Polizeichef Jossel NAHMIAS am Tag der Ankunft des Entführten auf israelischem Boden.

Nach Argentinien? Mit der "Rattenlinie"? Und mit Hilfe der katholischen Kirche?

Ihr Wissen hat Rosemarie POHL ihrer Tochter Sigrid WOBST kurz nach dem Soester Kaffeekränzchen 2013 in den Block und in ein Band diktiert. WOBST gab die Aufzeichnungen an das Fritz Bauer-Institut weiter, das der Frankfurter Universität angegliedert ist. Es wurde eingehend geprüft. Die Fotoalben, die Protokolle der Gespräche mit der Mutter, die Tagebuchnotizen von Rosemarie, fein säuberlich in Sütterlin aufgeschrieben - das hat WOBST in einem großen, weißen Karton gesammelt. In solchen Beständen menschelt es häufig. Auch hier: „Generalstaatsanwalt Fritz Bauer zum Kaffee. Nett“, steht in einem Eintrag. Vor allem aber ist es die Hardware, die hier zählt. Sie deckt einen Kern der israelischen „Operation Finale“ auf.

Die in den Stapeln verborgenen Spuren auf die Hinweisgeber führen weit in den Westen Deutschlands. Sie belegen: Gerhard KLAMMER, ein Geologe, der vor 1950 in Dortmund und nach 1957 in Duisburg gewohnt hat, war die zentrale Quelle der EICHMANN-Fahnder. Er war auf den hageren flüchtigen Massenmörder in der Zeit seines Aufenthalts in Argentinien in den 1950er Jahren gestoßen. Und Rosemaries Ehemann und Freund KLAMMER's, der Pfarrer Giselher POHL in Unna, schleuste KLAMMER's Information auf dessen eindringliche Bitten gezielt in die Kanäle, die in der Lage waren, den SS-Verbrecher für die KZ-Gräuel zur Verantwortung zu ziehen.

Über Jahrzehnte haben weder Öffentlichkeit noch Fachwelt die Namen KLAMMER oder POHL  gekannt noch etwas von ihrer Bedeutung für die Jagd auf Adolf EICHMANN gewusst. Nichts über eine Firma namens "Capri" im Norden Argentiniens, gegründet von einem (ehemaligen) SS-Mann, der seinen ebenfalls nach Argentinien geflohenen Kameraden die Möglichkeit einer neuen Existenz sichern wollte. Nichts über sechs hochspannende Wochen im Herbst 1959. Nichts über die Schauplätze der Enthüllung in Duisburg und Unna. Erst im Spätsommer 2021 haben die Autoren Bettina STANGNETH und Willi WINKLER in der „Süddeutschen Zeitung“ über die Entdeckung berichtet, und bald danach hat uns die Zeitzeugin und POHL-Tochter in die vielen Belege Einblick gegeben.

Der Besucher 1959: Generalstaatsanwalt Fritz BAUER

Schauplätze der Zeitgeschichte verstecken sich oft. Wie das kleine, gelbverputzte Vorstadthaus in der Lerschstraße in Unna, nicht weit von der Bundesstraße 1. In seinem Erdgeschoss, am Wohnzimmertisch, wurden vor mehr als sechs Jahrzehnten die brisanten Informationen über den gesuchten Völkermörder dem EICHMANN-Chefermittler übergeben. Hier wohnten die POHL's.

Sigrid WOBST, die Tochter von Giselher und Rosemarie POHL, kann sich an diesen Tag erinnern und erzählt von ihrem selbst Erlebten und den Notizen ihrer Mutter. Sie guckte am 25. November 1959, laut Tagebuch ein Mittwoch, aus dem Fenster. Ein eleganter schwarzer Mercedes fuhr vor, gesteuert von einem Chauffeur. Der Besucher war ein belesener Mann, freundlich, er schwäbelte mit markanter Stimme. Es war Fritz BAUER, Hessens Generalstaatsanwalt. Er nahm im Wohnzimmer Platz. Die Kinder mussten den Raum verlassen. Neben dem Besucher Bauer blieben Pfarrer POHL und seine Frau. BAUER schaute die Tagebucheinträge an, die man bereit gehalten hatte, und das Foto, das der Herr Pfarrer - „Pastörchen“, sagte BAUER - ihm hinlegte.

Ein sehr normales Bild. Schwarz-weiß, wie fast alle damals. Neun Erwachsene sind darauf zu sehen. Die Gruppe deckt ein Auto mit schwarzem Kennzeichen zu. Der Kopf des dritten Mannes links im Bild  - Halbglatze, offener Hemdkragen -  ist eingekreist. Er lächelt. Es ist EICHMANN. Der Planer der „Endlösung“. Neben ihm ein hochgewachsener, schlaksiger Typ, deutlich jünger und mit Brille intellektueller aussehend. Er schaut ernster aus. Das ist der junge Gerhard KLAMMER. Er hat die Spur zu EICHMANN gelegt:

Der Besucher der POHL's, Fritz BAUER, merkte sich an diesem Herbsttag 1959 alles, ohne Notizen. Ein Profi. Nach mehreren Stunden Aufenthalt im Pfarrers-Haus in Unna reiste er, das Foto als entscheidendes Beweisstück im Gepäck, zurück nach Frankfurt, wo er einen Flug buchte. Am 3. Dezember 1959, acht Tage später, gab BAUER in Jerusalem der Spitze des israelischen Geheimdienstes zu Protokoll, was er am Ostrand des Ruhrgebiets erfahren hatte. Mossad-Chef Isser HAREL schrieb später: Es sei „der entscheidende Anstoß“ gewesen, der es ermöglicht habe, den  seit 15 Jahren gesuchten und auf dem Foto identifizierten Herrn mit offenem Hemdkragen im Mai 1960 in Buenos Aires zu kidnappen und 12 000 Kilometer entfernt in Israel vor Gericht zu stellen.

Wie es dazu kam? Es ist eine Geschichte, die über die gesamten 1950er Jahre reicht.

Argentinien 1950: Gerhard KLAMMER und "Ricardo KLEMENT"

Das, was wir über KLAMMER's Vorleben wissen, ist zu einem Teil einem Reporter der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" zu verdanken. „Ww“, so sein Kürzel, beschreibt in der Ausgabe vom 17. August 1950 auf der Seite „Aus dem Westen“ die Planungen einer „schlanken, blonden“ 29-jährigen Frau, die dabei ist, mit ihren Kindern ihrem nach Südamerika ausgewanderten Mann Gerhard KLAMMER zu folgen. In der Wohnung ihrer Eltern am Neuen Graben im Dortmunder Kreuzviertel erzählt sie dem Journalisten, wie der frisch gebackene Geologe Gerhard KLAMMER im Nachkriegsdeutschland keine Assistentenstelle fand, wie auch die Arbeit als Lokalreporter in Göttingen nicht für ein Familieneinkommen reichte und „wie wir im Spätherbst 1949 alles auf eine Karte setzten“.

Er habe sich in Genua nach Argentinien ausgeschifft, Ankunft dort am 4. Januar 1950. Rosemarie POHL's Notizen ergänzen: KLAMMER wurde in Genua ausgeraubt. Um die Reise zahlen zu können, heuerte er unterwegs in der Schiffsküche an. Die Suche nach Arbeit in der neuer Heimat endete dagegen mit einem Volltreffer. Gemeinsam mit dem österreichischen Hydrobiologen Otto FENINGER absolvierte er zunächst eine Aufsehen erregende Forschungsreise. Sogar Zeitungen in Buenos Aires berichteten darüber. „Wir sind Glückskinder“, strahlte die junge Ilse KLAMMER den Reporter der "Westdeutschen Allgemeinen Zweitung" an.

Als sie mit den Kindern am letzten Dezembertag 1950 in Südamerika eintrifft, freut sich ihr Mann nicht nur über die wiedervereinigte Familie. Er hat auch eine neue Arbeit. Ihn hat das Angebot einer Firma namens "Capri" in Tucuman im Norden des Landes erreicht. Er soll den Bau eines Wasserkraftwerks mit vorbereiten. Das Unternehmen wird geführt von einem Horst Carlos FULDNER. KLAMMER sagt Ja. Was er nicht weiß: FULDNER war Jahre zuvor Hauptsturmführer der SS, sein auf Industriebau spezialisiertes Unternehmen dient mit Deckung durch die argentinischen Regierung PERON weitgehend als Asyl geflohener deutscher Kriegsverbrecher. Unbelastete Fachleute wie KLAMMER braucht FULDNER nur, um nach außen hin konkurrenzfähige Arbeit abliefern zu können. Die hier untergetauchten SS-Leute konnten bewachen und schießen oder den Bau von KZ's planen und organisieren, aber auch mit den Händen arbeiten, dazu waren sie nicht in der Lage. Geschweige denn ein Wasserkraftwerk zu errichten.

Als KLAMMER einen ziemlich „schlampigen“ Assistenten namens Ricardo KLEMENT unterstellt bekommt, der auf Fotos gerne im Poncho gehüllt auf einem Pferd durch die Gegend galoppiert, befällt ihn eine vage Ahnung. In der Belegschaft gibt es halbgeheimes Wissen, weitererzählt hinter vorgehaltener Hand: Dieser Mann ist Adolf EICHMANN, der Organisator der Judenvernichtung in den Gaskammern. Er nimmt rege am Gemeinschaftsleben teil. Am Wochenende kochen die Nazis aus der Capri-Truppe gerne Marmelade in seinem Haus. Von jetzt an behält ihn der Geologe auf dem Radarschirm - und scheitert, als er die Anwesenheit EICHMANNs den Behörden in Deutschland melden will. Zu viele in den Ämtern schützen noch alte braune Parteigänger. Belege für diese Meldung gibt es nicht. Sie sind verschwunden. 

Ruhrgebiet, 1958

Jahre danach ist die Familie KLAMMER zurück in Deutschland. In Argentinien ist derweil viel passiert. PERON ist abgesetzt. Die Fa. "Capri" ging pleite. Die Wege von Gerhard KLAMMER und Adolf EICHMANN alias Ricardo KLEMENT haben sich getrennt. Die Deutsche Maschinenbau AG in Duisburg, kurz Demag, ist jetzt Arbeitsplatz des Geologen, wenn auch mit weltweiten Einsätzen verbunden.

Irgendwo in der Stahlhütten-Stadt bauen die KLAMMER's ihr Haus, das Familiennest. Sie können jetzt ihre besten Freunde häufiger sehen, die POHL's in der Lerschstraße in Unna, mit denen sie immer im Briefkontakt waren. POHL ist jetzt Militärpfarrer bei der jungen Bundeswehr, einer der ersten. Wenn KLAMMER nach Unna kam, habe sie sich gefreut, erzählt heute POHL-Tochter Sigrid WOBST. „Er war ein hübscher. schöner Mann. Die Mädchen haben für Gerhard Klammer geschwärmt. Er kam aus der großen Welt, brachte immer etwas mit“.

Doch in seinen Gedanken wird Weltenbummler KLAMMER von diesem merkwürdigen EICHMANN alias KLEMENT verfolgt. Zuletzt, in Buenos Aires, hat er ihn an einer Bushaltestelle gesehen. Ein Zufall?

Er folgte ihm heimlich, hörte sich bei den Nachbarn um und kennt jetzt die Adresse des Ex-Obersturmbannführers. Im Vorort Olivos von Buenos Aires ist es das Haus 4261 in der Calle Chacabuco.

Duisburg 1959, ein Sonntag

Die POHL's fahren mit dem Volkswagen quer durchs Ruhrgebiet nach Duisburg. Besuch bei KLAMMER's. Es ist Sonntag, der 18. Oktober 1959. Es soll eine gemütliche Runde unter Enddreißigern werden. Doch der Tag nimmt eine überraschende Wendung. Gerhard zieht seinen „Gisel“ zur Seite. Er kennt das Netzwerk, in das der geistliche Freund aus Göttinger Studienzeiten eingebunden ist. Er will es nutzen. Er sagt: Dieser EICHMANN, der werde doch noch gesucht. Den müsse man „finden, aufgreifen und bestrafen“. Und: „Ich weiß, wo er ist“. Buenos Aires, Calle Chacabuco, sein Name dort: Ricardo Klement. Könne nicht der Freund seinen Draht zu Bischof Hermann KUNST in Bonn aktivieren, zum obersten evangelischen Militärseelsorger in Westdeutschland? „Gisel, ich will, dass du zum Bischof gehst!“, zitiert Sigrid WOBST aus dem mit Sütterlin gefüllten Büchlein von Mutter Rosemarie.  

Der Sonntag in Duisburg bringt die Lawine ins Rollen. Rosemarie POHL hat alles aufgeschrieben. Dass KLAMMER noch einmal zu einem Kurzbesuch in Unna war, wohl Beweismaterial hinterlegt hat, vielleicht auch dass verräterische Foto.

10. November 1959: „Gisel auf dem Weg zum Bischof nach Bonn“. In der Bundeshauptstadt handelt Bischof KUNST richtig. Er wendet sich nicht an die Adenauer-Regierung, etwa an dessen Staatssekretär GLOBKE, sondern direkt an die Justiz und an den Generalstaatsanwalt Fritz BAUER in Hessen. Top-Jurist BAUER ist EICHMANN schon lange auf der Spur und steht in Kontakt mit den Israelis. Er hat ihnen vor einigen Jahren einen Namen genannt, „Clemens“, mit C, und das Land: Argentinien.

Aber die Information ist in Teilen unrichtig, bisher waren die Profis des Mossad von der Aussage eines  Zeugen namens Lothar HERMANN, eines von den Nazis bis zur Blindheit gefolterten Juden, nicht überzeugt. BAUER braucht den „zweiten Informanten“. Dringend. Ende 1959, nach dem Besuch des Generalstaatsanwalts in Unna in dem kleinen gelben Haus, steht fest: KLAMMER wird es sein. POHL hat die richtigen Fäden im Hintergrund gezogen. Und das Foto ist der Beweis.

Premierminister David Ben GURION in Jerusalem weist seinen Geheimdienst an: Zugriff!

Wie es weiterging

Rosemarie POHL, die auf der Familienfeier in Soest aus einem Zufall heraus plötzlich von der Israelreise ihrer Jugend erzählte und die lange bewahrten Geheimnisse mitteilte, lebte danach noch ein halbes Jahr. Sie starb kurz vor dem Weihnachtsfest 2013 im Alter von 92 Jahren.

Giselher POHL, ihr Ehemann und Pfarrer, der es schaffte, die EICHMANN-Daten über den Bischof Hermann KUNST zu Fritz BAUER und so indirekt zum Mossad zu bringen, führte der spätere Lebensweg mit der Familie über die Niederlande und El Paso/USA zurück ins Ruhrgebiet. In Bochum übernahm er die evangelischen Pfarreien Engelsburg und Steinhagen. Er setzte sich, wie später in seinem letzten Einsatzort Welver im Kreis Soest, für die Renovierung von Kirchengebäuden ein. Jahre nach der Pensionierung, 1996, starb er. Seine Tochter Sigrid WOBST sagt heute: „Die Menschen liebten ihn“.

Gerhard KLAMMER, der seinen ehemaligen Assistenten Ricardo KLEMENT bei der argentinischen Firma "Capri" als Adolf EICHMANN enttarnen konnte, wollte nach der Entführung EICHMANNs 1960 vom Thema nichts mehr wissen. „Da war er rigoros“, sagt Sigrid WOBST, er habe die Angelegenheit an ihren Vater abgegeben. Er vernichtete alle Fotos und Dokumente aus dieser Zeit. Eine Einladung an seine Familie, das Dankeschön des israelischen Staates, lehnte er ab. Auch seine Kinder wollen sich nicht zu der Rolle ihres Vaters äußern. Wo sie leben, bleibt ungenannt. Sein Leben lang blieb er ein Weltenbummler. Er starb 1982.

Fritz BAUER. Die zentrale Rolle, die der hessische Generalstaatsanwalt bei der Festnahme Adolf EICHMANN's spielte, wurde erst mehr als ein Jahrzehnt später bekannt. BAUER kümmerte sich nach 1960 vorrangig um die Anklage gegen die Mörder von Auschwitz und führte den ersten großen NS-Prozess unter deutscher Regie. Immer wieder fühlte er sich „außerhalb meines Arbeitszimmers“ bedroht. 1968 wurde er tot in der Badewanne seiner Wohnung aufgefunden. Die Gerichtsmediziner gingen von einem natürlichen Tod des herzkranken Mannes aus.     

Adolf EICHMANN alias Ricardo KLEMENT, der zwischen 1941 und 1945 den sechsmillionenfachen Völkermord an den Juden organisierte und nach eigenem Bekenntnis lieber mehr als zehn Millionen getötet hätte, wurde am 11. Dezember 1961, vor jetzt mehr als 60 Jahren, von einem Gericht in Jerusalem zum Tode verurteilt. Nachdem sein Revisionsantrag und sein Gnadenersuch abgelehnt worden waren, starb er am 31. Mai 1962 kurz vor Mitternacht am Galgen. Die Israelis verstreuten seine Asche im Mittelmeer.

Über EICHMANN und seinen Prozess, über den Hannah ARENDT unter der Formel "Banalität des Bösen" geschrieben hatte, gibt es eine Vielzahl von Material. Wir empfehlen einen 15minütigen Bericht von SPIEGEL TV und die Mitschnitte des Prozesses.

(DS)

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