Die Berichte der Sächsischen Zeitung, 05.12.2014

Die Antwort auf Pegida

Mit einem Sternlauf wollen Vertreter aus Kirchen, Politik und Gewerkschaft für ein weltoffenes Dresden demonstrieren.


Viel Zeit für die Vorbereitung hatte Christian Behr nicht. "Wir sind von der Dynamik der Pegida-Demonstrationen überrascht worden", gab der Superintendent des evangelischen Kirchenbezirks Dresden-Mitte gestern bei einer Pressekonferenz offen zu. In den vergangenen Tagen habe man sich mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen darauf verständigt, dass man ein Zeichen gegen die wöchentlichen Demonstrationen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" setzen müsse. "Natürlich sind wir auch gegen einen menschenverachtenden Salafismus", stellte Behr klar. "Aber vor allem sind wir gegen einen rechtsextremen Populismus."

Geplant ist am kommenden Montag ein Sternlauf, der an sechs verschiedenen Orten startet - unter anderem am Bahnhof Neustadt, am Fritz-Foerster-Platz vor der Universität und an der Annenkirche. Dort wird es um 18 Uhr ein Gebet geben. Gemeinsames Ziel ist der Rathausvorplatz an der Trümmerfrau. Dort ist ab 19 Uhr eine Kundgebung mit einigen Reden und Musik der Dresdner Band Banda Comunale vorgesehen. Das Bündnis rechnet mit mindestens 2 000 Teilnehmern. Zur Pegida-Demonstration waren am vergangenen Montag 7 500 Menschen gekommen.

"Es ist ein gutes Signal, dass sich viele gesellschaftliche Akteure zusammengefunden haben, um ein anderes Bild von der Stadt Dresden zu zeichnen, als es in den vergangenen Wochen entstanden ist", sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU). "Viele Menschen vergessen angesichts der aufgeheizten Diskussionen, dass Dresden und Sachsen seit Jahrhunderten von Zuwanderung und Asyl profitieren." Orosz wird voraussichtlich ab 19 Uhr zu der Kundgebung stoßen. Vorher besucht sie das Ortsamt Leuben. Sie will dort mit Anwohnern über die umstrittene Einrichtung eines Asylheims diskutieren.

Zu dem Zusammenschluss "Dresden für alle" gehören unter anderem die evangelische Kirche, die Jüdische Gemeinde, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Studentenrat der TU, das Bündnis Dresden Nazifrei und die AG 13. Februar. Die Landesärztekammer bittet Ärzte und medizinisches Personal, sich von Pegida fernzuhalten. Auch die Stadtratsfraktionen der Linken, Grünen und SPD sind dabei. In der Kürze der Zeit wurde aber offenbar vergessen, auch CDU und FDP zu informieren.

Es habe keine Einladung zu dem Bündnis gegeben, hieß es von dort. CDU-Kreis chef Christian Hartmann empfiehlt seinen Parteifreunden die Teilnahme ab der Annenkirche. Er forderte aber auch einen Dialog mit den Pegida-Demonstranten unter Moderation der Oberbürgermeisterin. "Wer gegeneinander demonstriert, kann sich nicht zuhören." Die AfD distanzierte sich von dem neuen Bündnis. "Wieso soll diese Manifestation der sogenannten Zivilgesellschaft wie eine kriegerische Kesselschlacht inszeniert werden?", hieß es.

Dresdens SPD-Chef Christian Avenarius betonte, dass nicht alle, die bei Pegida mitmachten, Nazis seien. "Aber diejenigen müssen sich natürlich fragen lassen, ob sie wissen, wen sie da unterstützen." Der Sprecher des Bündnisses Dresden Nazifrei, Silvio Lang, betonte die Wichtigkeit einer Gegenbewegung. "Viele Dresdner warten darauf, dass es ein Forum gibt, an das sie sich anschließen können." Er erklärte, dass sein Bündnis explizit nicht zu Blockaden der Pegida-Demonstration aufrufen werde. Gestern Abend war noch unklar, wo Pegida demonstrieren wird. Die Veranstaltung sei aber bei der Stadt angemeldet worden, sagte Rathaussprecher Kai Schulz.

Orosz appellierte vorsorglich an die Teilnehmer: "Es ist wichtig, dass wir aus den Erfahrungen des 13. Februars gelernt haben und alles dafür tun, dass die verschiedenen Demonstrationen friedlich bleiben." Vom vergangenen Montag liegen der Polizei fünf Anzeigen wegen Körperverletzungen oder Blockaden durch Gegendemonstranten vor.

Der Sternlauf am Montag soll nicht die einzige Aktion des neuen Bündnisses bleiben. "Am 8. Dezember werden wir uns auch zusammensetzen und beraten, wie es weitergehen kann." Es sei nicht das Ziel, Dresden zu spalten. "Wir wollen versuchen, verschiedene Gruppen miteinander ins Gespräch zu bringen."

 

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