Ende 2020 begannen wir also mit der konkreten Recherche: Wir haben mit aktuellen und ehemaligen Bundestagspolizist:innen gesprochen und Informant:innen gewinnen können, die nicht nur einzelne Vorkommnisse, sondern ein strukturelles Problem beschrieben. Das war nicht leicht, da die berühmte “Mauer des Schweigens” stark zu spüren war. Selbst Polizist:innen, die z.B. aufgrund eigener Diskriminierungserfahrungen ein Motiv für Aufklärung haben könnten, wollten oft nicht mit uns sprechen. Daran mag es auch gelegen haben, dass trotz kritikwürdiger Vorgänge über Jahrzehnte hinweg nur wenig in die Öffentlichkeit gedrungen ist. Die Personen, mit denen wir sprechen konnten, legten teils Wert auf konspirative Umstände der Kommunikation. Eine Sache war für uns immer besonders wichtig: Der Schutz unserer Quellen – und das soweit wir es überblicken können erfolgreich. Das hatte zur Folge, dass wir über manche relevanten und krassen Aspekte nicht berichten konnten, weil sonst womöglich Rückschlüsse darauf hätten gezogen werden können, mit wem wir möglicherweise in Kontakt standen.
Die besondere Herausforderung bei der Recherche war, dass wir offenbar die Ersten waren, die sich systematisch mit der Bundestagspolizei beschäftigten. Es gab keine internen Ermittlungen oder Vergleichbares, auf das wir zurückgreifen konnten. Es gab auch keine Organisationen, die sich von außen mit der Problematik beschäftigt hätten.
Wir haben Mitarbeiterlisten der Bundestagspolizei erhalten und ausgewertet. Ausgeweitet haben wir die Recherche auf Mitarbeiter:innen der Bundestagsverwaltung, wobei wir unter anderem auf relevante Wechsel von Personal aus der Verwaltung zur AfD-Fraktion stießen. Wir haben mit Personalratsmitgliedern, Mitarbeiter*innen von Abgeordneten und Pförtner:innen gesprochen. Außerdem haben wir systematisch Social-Media-Accounts ausgewertet (auch mit speziellen Tools) und waren auf den Fluren des Bundestags unterwegs. Wir haben teilweise auch Polizist:innen an ihren Wohnorten besucht und angesprochen.
Nachdem die Bundestagsverwaltung von der Recherche erfuhr, wurden wir zu Hintergrundgesprächen mit leitenden Beamten eingeladen.
Wir haben interne Dokumente der Bundestagsverwaltung ausgewertet und konnten Bilder in Chatgruppen der Bundestagspolizei einsehen. Zur besonderen Geschichte der Bundestagspolizei haben wir wissenschaftliche Arbeiten ausgewertet. Hintergründe zu den betroffenen Personen recherchierten wir auch in sozialen Netzwerken und archivierten Internetseiten.
Die Recherche war aufwändig, vom Beginn der Recherche bis zur ersten Veröffentlichung vergingen sechs Monate. Wir brauchten einen langen Atem, um Quellen in der Bundestagspolizei zu gewinnen und waren dafür viel in Berlin und Brandenburg unterwegs. Immer wieder gingen wir auch kleineren Hinweisen nach, standen vor verschlossenen Türen und mussten aufwändig recherchierte Ansätze verwerfen. Zu den Hindernissen, die wir zu überwinden hatten, gehörten auch Hinweise darauf, dass angeblich aus der Polizei des Bundestags Recherchen über uns angestellt wurden. Demnach drohten Polizisten damit, uns zuhause besuchen zu wollen. Es ist selbstverständlich schwierig, solche Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, weswegen wir sie öffentlich auch nicht thematisiert haben. Außerdem wurden wir von einem Mitarbeiter der AfD-Fraktion verklagt, konnten vor Gericht aber durchsetzen, dass wir weiterhin über ihn berichten dürfen.