ABC der Akteure in Sachen Wilhelm SCHLÖTTERER

 Die Schlüsselfiguren aus 20 Jahren

BECKENBAUER, Franz

Der „Kaiser“ steht Mitte der 70er Jahre auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Fußballer. Mit seinem Partner Robert SCHWAN verschiebt er Geld in die Schweiz, um Steuern zu sparen. Da er diesen Steuertipp direkt aus dem Bayerischen FInanzministerium bekommen hat, hält er das für eine legale Praxis.

Die (vermeintliche) "Lichtgestalt" des deutschen Fußballs kann sich lange halten: Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Als die FIFA die Fußballwelt für 2018 nach Moskau bringt - BECKENBAUER ist zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Exekutivkommittees der FIFA (2007-2011) - wird "Kaiser Franz" kurz darauf zum "Botschafter" des russischen Energiekonzerns Gazprom ernannt. Gegen Salär, versteht sich. Dass der Gazprom-Konzern relevanter Baustein auch der russischen Medien- und Pressepolitik ist, stört BECKENBAUER nicht.

2015 geht der deutschen "Lichtgestalt" die Energie aus. BECKENBAUER steht im Zentrum des "Sommermärchens", der offenbar gekauften Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Der "Kaiser", der immer gerne redete und dies bei jeder Gelegenheit, verstummt ganz plötzlich und für alle Zeit.


DANNECKER, Fritz

Rechtsanwalt von Friedrich JAHN. In seinem Auftrag für den Wienerwald tätig. Außerdem ist er wie JAHN mit STRAUSS befreundet. So wie JAHN mit STRAUSS befreundet ist


Dr. ETTMAYR, Felix

In den 60er und 70er Jahren ist er der Vorsteher des Finanzamts München-Nord. Er macht auf die Ungereimtheiten im Fall Wienerwald aufmerksam. Statt Anerkennung für sein Engagement zu erhalten, leitet Anton JAUMANN ein Disziplinarverfahren gegen ETTMAYR ein. Außerdem muss er gegen verschiedene Strafverfahren kämpfen, die allesamt eingestellt werden


FALTLHAUSER, Kurt (CSU)

Von 1998 bis 2007 bayerischer Finanzminister


GOPPEL, Alfons (CSU)

Bayerischer Ministerpräsident von 1962 bis 1978. Sein Nachfolger ist Franz Josef STRAUSS


HILLERMEIER, Karl

Er folgt JAUMANN 1988 auf den Posten des Wirtschaftsministers. Zuvor war HILLERMEIER von 1970 bis 1974 Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium


HUBER, Erwin (CSU)

Bayerischer Finanzminister von 1995 bis 1998 und damit Finanzminister Nr. 5 von SCHLÖTTERER. Wird 10 Jahre später als Parteivorsitzender, zusammen mit Günther BECKSTEIN (Ministerpräsident), Edmund STOIBER beerben, allerdings glücklos und deshalb nur für kurze Zeit


HUBER, Ludwig (CSU)

Finanzminister von 1972 bis 1977 und damit Finanzminister Nr. 1 von SCHLÖTTERER. Nachdem er politisch amtsmüde ist, lässt er sich zum Präsidenten der Bayerischen Landesbank küren - da geht es sehr viel ruhiger zu. Und außerdem gibt es dort (erheblich) mehr Geld. Mag Franz BECKENBAUER sehr gut leiden. Aber auch andere "Großkopferte", wie man in Bayern sagt


JAHN, Friedrich

Inhaber der Restaurantkette „Wienerwald“. Er war Oberkellner, bevor er sich 1955 mit der Hähnchen-Kette selbständig machte. Aus einem einzigen Wienerwald-Restaurant in München wurden innerhalb weniger Jahre weltweit 1.600 Lokale. Die schnelle Expansion führte Anfang der 80er Jahre zum Zusammenbruch des Unternehmens - trotz vieler steuerlicher Hilfen seitens der CSU und ihrer Vertreter


JAUMANN, Anton (CSU)

Von 1966 bis 1970 Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen. Fordert in dieser Funktion alle Finanzbeamte auf, ihm Ungereimtheiten "ohne Einhaltung des Dienstweges" mitzuteilen. Als ETTMAYR ihm entsprechende Informationen über Friedrich JAHN und dessen "Wienerwald" zukommen lässt, ist er darüber gar nicht mehr so glücklich ...
Wird später (1970 bis 1988) Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr in Bayern.


LANG, Gustl (CSU)

1974 übernimmt er den Vorsitz der CSU-Fraktion. Auf dieser Position bleibt er, bis er unter STRAUSS 1982 Justizminister wird. Er gilt als zuverlässiger, bodenständiger Mensch, der für STRAUSS ein unbequemer Fraktionsvorsitzender ist


MERKEL, Gottlieb

Steuerabteilungsleiter, belastet MÜLLER im "PUA Steuerfälle I" zusammen mit Prof. Dr. Ludwig SCHMIDT. Später Ministerialdirektor, er geht 1974 in den Ruhestand


MEYER, Albert (CSU)

Von 1974-1993 Staatssekretär im bayerischen Finanzministerium. Er stoppt 1977 die Ablösung von SCHLÖTTERER


MIEHLER, Kurt

Kollege von SCHLÖTTERER, der ihn anfangs unterstützt. Später verkehrt sich das Verhältnis ins Gegenteil und MIEHLER macht im Finanzministerium Karriere


MÜLLER, Lothar

vormals Referent bei der Oberfinanzdirektion; nimmt dort Einfluss auf die Steueraffäre Wienerwald. Wird dann oberster Steuerbeamter im Finanzministerium, direkt dem Staatssekretär unterstellt. Ist ein politisches Ziehkind von Franz Josef STRAUSS. Mag den aufrechten und gradlinigen SCHLÖTTERER überhaupt nicht leiden. Wird später befördert: zum Chef der Landeszentralbank


ROTHEMUND, Helmut (SPD)

Von 1962 bis 1992 Abgeordneter des bayerischen Landtags. Er arbeitet in verschiedenen Untersuchungsausschüssen mit, die teilweise auf seinen Antrag hin eingesetzt wurden


RÜTH, Fritz

Erhält für seine Arbeit als Oberfinanzpräsident das Bundesverdienstkreuz. Hat zusammen mit seinem Untergebenen Lothar MÜLLER die steuerliche Bevorzugung von Friedrich JAHN ermöglicht


SCHLÖTTERER, Wilhelm

1968 beginnt SCHLÖTTERER, beim bayerischen Finanzministerium zu arbeiten. Dort übernimmt er 1974 das Referat Steuerfahndung, Steuerstrafrecht, Steuererlass, Abgabenordnung und Außensteuerrecht. Weil sich SCHLÖTTERER nicht mit der bevorzugten Behandlung einflussreicher Steuersünder zufrieden gibt und dagegen vorgeht, ist er im Laufe seiner Jahre bei bayerischen Finanzbehörden immer wieder Repressalien ausgesetzt. Einige Jahre nach seiner Pensionierung entschließt er sich, das Buch „Macht und Missbrauch – Franz Josef Strauß und seine Nachfolger – Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten“ zu schreiben, um auf die Missstände aufmerksam zu machen


Dr. SCHMIDT, Ludwig

1976 ist er Leiter der Betriebsprüfung beim Finanzministerium und führt mit Gottlieb MERKEL eine Befragung von Lothar MÜLLER durch. Aus den Ergebnissen schreibt er einen MÜLLER schwer belastenden Bericht, der später einfach verschwindet


STILLER, Michael

Beginnt 1968 als Journalist bei der Süddeutschen Zeitung und bleibt dort bis zu seiner Pensionierung. Er ist lange Zeit Redakteur im innenpolitischen Ressort. Besonders intensiv beschäftigte er sich mit der CSU und den Verflechtungen von Wirtschaft und Politik, z.B. im Rahmen der Amigo- und der ZWICK-Affäre, aber auch in den SCHLÖTTERER-Fällen


STOIBER, Edmund (CSU)

Nachdem er einige Jahre Abgeordneter des Landtags war, wird STOIBER 1974 Generalsekretär der CSU (bis 1983) unter STRAUSS, dessen Ziehkind er ist. Er 'vernimmt' 1978 zusammen mit Kurt FALTLHAUSER im Rahmen des "PUA Steuerfälle I" Wilhelm SCHLÖTTERER. Die außerordentlich harte Vernehmung zieht sich über viele Stunden. 1993 wird er Ministerpräsident des Landes Bayern. Im folgenden Jahr gibt STOIBER bei Aufklärungen im Rahmen der Amigo-Affäre allzu viel preis und bekommt Gegenwind seitens seiner Parteigenossen. Dies tut seiner Beliebtheit bei den Wählern jedoch keinen Abbruch - ersteinmal


STRAUSS, Franz Josef (CSU)

Seit der ersten Legislaturperiode ist STRAUSS Abgeordneter des Bundestages für die CSU. 1956 wird er in Bonn Bundesverteidigungsminister, muss 1962 aber im Zuge der SPIEGEL-Affäre von diesem Posten zurücktreten. 1966-69 übernimmt STRAUSS das Amt des Bundesfinanzministers. Als er 1978 aus dem Bundestag ausscheidet, wird er Nachfolger von Alfons GOPPEL als Ministerpräsident in Bayern. Diesen Posten behält er bis zu seinem Tod 1988. Ebenso wird er schon 1961 wird STRAUSS Parteivorsitzender der CSU. Während dieser langen Zeit an der Spitze der bayerischen Regierungspartei und Regierung entwickeln sich verschiedene Verflechtungen mit der Wirtschaft. Dazu gehört das freundschaftliche Verhältnis zu Wienerwald-Chef Friedrich JAHN


STREIBL, Max (CSU)

Mitglied des bayerischen Landtags, Generalsekretär der CSU, bayerischer Finanzminister – STREIBL machte Karriere in der CSU. Nach dem Tod von Franz Josef STRAUSS wird STREIBL sein Nachfolger als Ministerpräsident. Er ist in die Amigo-Affäre verstrickt und muss schließlich im Mai 1993 zurücktreten


TANDLER, Gerold (CSU)

Finanzminister, muss wegen hoher Schulden und Verstrickungen im Rahmen der Amigo-Affäre 1990 zurücktreten. Für den Bäderkönig ZWICK erreichte er gegen die Zahlung von 8,3 Millionen Mark die Niederschlagung der Steuerschuld von 70 Millionen Mark. Zuvor ist er zwei Mal Generalsekretär der CSU gewesen


WALDENFELS, Georg Freiherr von (CSU)

Von 1990 bis 1995 ist von WALDENFELS bayerischer Finanzminister. Während dieser Zeit findet der Untersuchungsausschuss zur Amigo-Affäre statt, an der ihm keine Beteiligung nachgewiesen wird


WILHELM, Paul (CSU)

Macht eine skandalfreie Karriere als Abgeordneter des bayerischen Landtags. Obwohl er als sehr fleißig gilt, steht er dabei nie in der ersten Reihe, vielleicht gerade weil er vermutlich nie mit Korruption und Verflechtungen zur Wirtschaft zu tun hatte


ZWICK, Eduard

Gründet das Johannesbad in Bad Füssing und trägt zum Aufstieg der Stadt zu einem Badekurort bei. Daher wird er auch „Bäderkönig“ genannt. Als Freund von STRAUSS ist auch er in die Amigo-Affäre verstrickt und hinterzieht Steuern in Höhe von etwa 70 Millionen Mark. Um einer Bestrafung zu entgehen, setzt er sich in die Schweiz ab, wo er bis zum Ende seines Lebens bleibt



(AJ, KD)