
ABC der Akteure
MWB Vermögensverwaltung Zürich AG
Die Firma wurde 1980 gegründet. Inzwischen gibt es sie nicht mehr. Die MWB steht hier stellvertretend für all die vielen anderen, die nach wie vor ihre – teilweise fragwürdigen – Dienste anbieten.
Früher – zu Lebzeiten also – hatte die MWB Vermögensverwaltungsdienstleistungen überwiegend für Mittelständler angeboten. Das Unternehmen gehörte zur Finanzgruppe des deutschen Versicherungsberaters Hans-Peter FIEBER. Dubiose Finanzgeschäfte, die die MBW schon seit Anfang der neunziger Jahre betrieb, zogen schnell die Aufmerksamkeit von Anlegerschutzvereinigungen in Deutschland auf sich. Der Informationsdienst des bekannten Anlegerbriefs Gerlach-Report schaltete das Deutsche Versicherungsamt und den Deutschen Versicherungsverband ein. Denn auch die Spitzenpolitiker der CVP (Christlichdemokratische Partei der Schweiz) waren in die Geschäfte der MBW verwickelt – ein ‚ehrenwertes’ Unternehmen also..
Als 1998 die MWB ihren Sitz von Zürich in den kleinen Kanton Appenzell wechselte, bekam FIEBER von der Appenzeller Finanzdirektion ein steuerfreies Abkommen von 25 Millionen Franken zugesagt. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Finanzdirektion von Ruth METZLER, der späteren Bundesrätin und Justizministerin, geleitet. Dem Abkommen soll die ganze Regierung des Kanton Appenzell zugestimmt haben.
Über 600 Millionen Franken – das ist die Anlagesumme, die man bei MWB vermutete. Das Unternehmen konnte sich das Vertrauen seiner Kunden leicht verschaffen: Sitz in der Schweiz, seriöse Partner wie Crédit Suisse, Dexia Bank und die europaweit agierende Versicherungsgruppe Generali sowie das Qualitätssiegel des „Instituts für Finanz- und Betriebswirtschaft IFW)“ in Zürich. Letzteres ist allerdings eine weitere Firma von FIEBER.
MWB hat von diesen 600 Millionen auch etwas. Die Firma kassiert nicht nur fast die Hälfte des angelegten Geldes der Kunden als Provision - Bemessungsgrundlage für diese Provision ist nämlich nicht die Höhe des zu Anfang an eingelegten Startvermögens, sondern das „Zielvermögen“. Also das, was mit Zins- und Zinseszins gerechnet einmal sein wird. Dafür, dass die Gelder auf die Konten der Crédit Suisse deponiert werden, kassiert MWB ebenfalls: eine jährliche Provision.
Als dritter Partner von MWB bzw. „Sponsor“ tritt Generali auf – eine der führenden Lebensversicherungen. Zusätzlich zur Geldanlage bei der Credit Suisse müssen die Anleger eine Lebensversicherung abschließen. Und wieder kassiert MWB Provision: bis zu 5 % auf den Abschluss zuzüglich 2,5 % jährliche Qualitätsprovision der laufenden Bestandsprämie.
MWB war für Generali ein so wichtiger Prämienlieferant, dass Generali den MWB-Mitarbeitern sogar eine Inkassovollmacht ausstellte. Mit dieser Vollmacht wären den Geldtransporteuren n auch weniger Fragen beim Geldtransport über die Grenzen gestellt worden.
Die Geschäfte der MWB liefen – trotz zweier Frontal21 -Berichte im Jahr 2005, eines Beitrags im Schweizer Fernsehen und in mehreren Zeitungsartikeln – eine ganze Weile weiter. Steuerhinterzieher interessieren sich offenbar nicht für politische Zusammenhänge oder gar Steuergerechtigkeit. Steuerflüchtlinge verhalten sich letztlich asozial. Dazu machen wir uns Gedanken unter Steuern - unsere Gemeinschaftskasse.
Dass es dann doch zu einem Einbruch beim (großen) Geldverdienen bei MWB kam, ergab sich daraus, dass ab 2006 erste deutsche „Anleger“ bzw. potenzielle Steuerhinterzieher
- sich geprellt fühlten, weil MWB in Deutschland keine Lizenz zum Geldeinsammeln besaß und überdies statt Kapitalanlagen zur Altersvorsorge mit Vermögensaufbau nur schlichte Lebensversicherungen vermittelt hatten
- und die deshalb vor deutschen Gerichten gegen die MWB auf Schadensersatz klagten, konkret auf Rückerstattung aller geleisteten Zahlungen und Gebühren.
Sie bekamen Recht – juristisch gesehen. Federführend bei diesen Prozessen sind die Kanzleien
- Kanzlei Engelhard, Busch und Partner in München sowie
- Göddecke Rechtsanwälte in Köln.
Finanztest hatte die Fa. MWB bereits im Oktober 2007 auf die sogenannte Warnliste gesetzt.
Ob die Anleger auch ihr Geld – ganz oder teilweise – wiedersehen, ist derzeit offen. Klagen – auf Schadensersatz - kann man immer. Unabhängig davon, ob es auch etwas zu holen gibt. Jedenfalls hat MWB im Jahr 2011 ersteinmal Insolvenz angemeldet. Jene, die alles mittels Schwarzgeld abgewickelt haben, werden auf Schadensersatzklagen wohl verzichten (müssen) ...
CT Consulting und Marketing GmbH
Gegründet 1996, beschäftigt die Firma Betriebsstätten in 9 deutschen Städten. Laut Handelsregister ist der Gegenstand des Unternehmens „Beratung mittelständischer Unternehmen in allen wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten, einschließlich Vertriebs- und PR-Beratung sowie das Marketing“. Einfach definiert: Call Center.
Für die MWB Vermögensverwaltung in Zürich wirbt CT Consulting per Telefon Kunden an. Diese Tätigkeit wurde ihr mit einem Vermittlungshonorar von 350.000 Euro monatlich vergütet.
Nachdem die Steuerfahndung bzw. die Staatsanwaltschaft die Zentrale in Essen durchsucht hatte, sind die Fahnder auch auf die Spur der MWB-Geschäfte gekommen.
Die deutsche Finanzaufsicht, das BAFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat dem Call Center weitere Anwerbung von Kunden für MWB untersagt. Für die anderen darf CT-Consulting allerdings immer noch arbeiten.
Crédit Suisse (CS)
Die Crédit Suisse mit Sitz in Zürich ist weltweit führender Anbieter von Finanzdienstleistungen – eine der weltgrößten und weltweit bekanntesten Banken, die hohes Prestige genießt. Die Banken-Gruppe (CS-Gruppe) beschäftigt 60.000 Mitarbeiter. Davon sind allein in Deutschland 750 Mitarbeiter an den 12 CS-Standorten tätig.
Als zweitgrößte schweizer Bank arbeitet die CS hauptsächlich mit Privatkunden sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen im Bereich Private Banking und Finanzberatung. Das verwaltete Vermögen der CS-Gruppe beträgt runde 1.300 Milliarden Schweizer Franken. In anderen Worten: 1,3 Billionen. Nochmals anders gesagt: Das allein bei dieser Bank gebunkerte Vermögen entspricht in etwa der Hälfte des bundesdeutschen Bruttoinlandprodukts eines ganzen Jahres.
Trotz des überzeugenden Profils wurde der Ruf des Unternehmens schon früh angeknackst. DFI Gerlach-Report berichtete Ende 2003: „ Schließlich hat die CS-Gruppe einen bemerkenswert negativen Track-Record: 1999 führten illegale Aktivitäten am Rande offener Kriminalität zum Entzug von Banklizenzen in Japan."
Die Crédit Suisse hatte den MWB-Kunden große Kreditlinien erteilt, die von den Kunden meist nachträglich genehmigt wurden. Bei jeder Kreditvermittlung fiel auch für MWB etwas ab: ein ordentlicher Gebührenaufschlag.
Generali Gruppe Schweiz
Generali Schweiz gehört zur Generali Gruppe, einem der weltweit führenden Anbieter von Versicherungsdienstleistungen. Die Generali (Schweiz) Holding umfasst mehrere Tochtergesellschaften, die verschiede Arten von Versicherungen anbieten. Das jährliche Prämienaufkommen liegt bei über 2 Milliarden Schweizer Franken.
Die MWB Vermögensverwaltung hat bei der Generali Lebensversicherungen für ihre Kunden abgeschlossen. Der Umweg über Versicherungsgesellschaften ist ein altbekannter Trick, um Schwarzgeld wieder „sauber“ zu waschen.
(SKO/ON)
Online am: 20.01.2016
Inhalt:
- Ein Überblick über das Geschäftsmodell Steuerflucht und Schwarzgeldschmuggel
- System MWB & Credit Suisse
- Der Frontal21-Film von 2005 und das Making-of
- Steuerparadies Schweiz
- Kontrolle an den Grenzen
- Steuern - unsere Gemeinschaftskasse
- ABC der Akteure
Tags:
(Aus)Bildung | Bankgeheimnis | Frontal 21 | Herbert KLAR | Schwarzgeld | Schweiz | Steuerflucht | Steuerhinterziehung | Steuerzahler | versteckte Kamera | Zoll