Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 07.02.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

ADAC begünstigte BMW

Der Automobilclub setzte die Fünfer-Reihe bei der Wahl zum „Gelben Engel“ auf Rang fünf, obwohl sie nur Platz sieben erreichte. Dafür wurde der VW Tiguan von der Liste gestrichen 

München – Der ADAC hat bei der jüngsten Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ offenbar nicht nur die Zahl der Stimmen frisiert, sondern auch die Platzierung manipuliert. Das ergibt sich aus internen Unterlagen des Vereins. So war bei der Publikumsabstimmung zum „Gelben Engel“ 2014 ein Wagen der Baureihe BMW 5 zunächst nicht unter den ersten fünf Gewinnern gelandet, sondern rangierte nur auf dem siebten Platz. In der offiziellen Pressemittlung war dieser BMW dann aber auf Platz fünf zu finden; nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wurde das eigentlich fünftplatzierte VW-Modell Tiguan dafür nicht erwähnt. Sieger dieser Kategorie wurde ein anderer Volkswagen, der VW Golf. Damit war neben VW und Mercedes auch BMW vertreten, also die drei größten deutschen Autohersteller. 
  Bisher hatte der Club nur zugegeben, dass die absoluten Stimmzahlen bei allen Preisträgern nach oben korrigiert wurden, nicht aber die Reihenfolge verändert wurde. Nun gibt es auch Hinweise auf ähnliche Manipulationen bei früheren Wahlen. Die Vorjahre „sahen ähnlich übel wie die Wahl 2014 aus“, sagt ein Informant. Insider vermuten, dass immer wieder auch die Reihenfolge verändert worden ist. 
  Der ADAC kommentierte die Zahlen und den Manipulationsverdacht nicht. Ein Sprecher verwies darauf, die externen Prüfer der Firma Deloitte seien beauftragt worden, die Wahlen zum Gelben Engel „vollumfänglich“ zu prüfen. Erste Ergebnisse werden in der kommenden Woche erwartet. Intern haben Manager mehrerer Autokonzerne signalisiert, sie würden die errungenen Preise zurückgeben, falls sich herausstelle, dass auch in die Rangfolge eingegriffen worden sei. Die Wahl findet seit 2005 statt. Der ADAC-Präsident Peter Meyer hatte Anfang der Woche erklärt, „umfassende Aufklärung“ sei „oberstes Gebot“. 
  Angesichts der vielen Vorwürfe hat der Automobilclub auch gegenüber der Staatsanwaltschaft, die noch keine Ermittlungen gegen Verantwortliche des Vereins eingeleitet hat, die Flucht nach vorne angetreten. Die Leiterin der ADAC-Rechtsabteilung hat der Staatsanwaltschaft München I Unterlagen zu strittigen Vorgängen übergeben und den Ermittlern zugesagt, vollständig mit der Behörde zu kooperieren. 
  „Wir sind im Prüfstadium“, sagte dazu Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Die Kernfrage der Ermittler lautet immer noch: Sind Präsident Meyer und seine Funktionärskollegen sorgsam mit Vereinsgeldern umgegangen? Die Staatsanwälte interessieren sich beispielsweise für die Flüge von Präsidiumsmitgliedern mit ADAC-Rettungshubschraubern, aber auch für die Reifentests. Dabei sollen bestimmte Hersteller vorab mit Detailinformationen zu den Tests versorgt worden sein. 
  Auch die Frage, wie teuer eine 190-Quadratmeter-Villa in Bad Homburg für einen Regionalchef des Vereins war, ist von Interesse. Zudem geht es um den Flug eines Ambulanz-Jets, mit dem eine inzwischen geschasste ADAC-Managerin ihren Sohn nach Ägypten in den Urlaub geschickt haben soll. Es sei kein Extra-Flug gewesen, erklärte dazu der ADAC, ein schwer verletztes Mitglied sollte abgeholt werden. Aber: Die Mitnahme des Sohns sei nicht in Ordnung gewesen. Die Staatsanwaltschaft prüft auch dies.