Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 11.02.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

Chaos beim ADAC

Präsident Peter Meyer legt sein Amt nieder und kommt damit seinem Rauswurf zuvor. Doch die Krise beim Automobilclub schwelt weiter. BMW, Daimler und VW geben ihre Auszeichnungen zurück 

München – ADAC-Präsident Peter Meyer ist nach einem Machtkampf in Deutschlands größtem Automobilclub zurückgetreten. Der 64-Jährige legte mit sofortiger Wirkung sein Amt nieder, wie der ADAC Nordrhein am Montag bekannt gab. Meyer kam damit offenbar einer Suspendierung zuvor. Die hatte das Präsidium angesichts der „erschütternden Ergebnisse der aktuellen Krisenaufarbeitung“ beschlossen, wie der Verein mitteilte. 
  Meyer warf dem Präsidium falsche Angaben zu den Umständen seines Rückzug vor. Er erklärte, dass er einen Rücktritt des gesamten ADAC-Präsidiums für ein „wichtiges und besseres Signal“ gehalten hätte. Eingeweihte berichten von chaotischen Zuständen an der Spitze des Vereins. Vertreter unterschiedlicher Lager sollen sich gegenseitig beschuldigt haben, den Verein zu ruinieren oder einen notwendigen Reformprozess zu verhindern. Ein Präsidiumsmitglied beklagt die allgemeine „Stillosigkeit“ im Umgang miteinander. 
  Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung über Manipulationen bei der Wahl 2014 zum „Lieblingsauto der Deutschen“ hatte Mitte Januar die Krise ausgelöst. In der Folge waren Manipulationen und Tricksereien in vielen Bereichen des Vereins bekannt geworden. Fast jeden Tag wurden neue Ungereimtheiten publik. 
  Am Montag musste der ADAC einräumen, dass – wie vorige Woche berichtet – bei der Wahl 2014 nicht nur die Zahl der abgegebenen Stimmen frisiert worden ist, sondern auch die Rangfolge der Marken gefälscht wurde. Ein elfseitiger Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte belegt, dass bei der Wahl 2014 die Reihenfolge der Fahrzeugmodelle nicht mit den tatsächlichen Ergebnissen der Wahl übereinstimmt. 
  Der ehemalige ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter hat nach Erkenntnissen der Prüfer „sowohl die Stimmenzahl als auch die Zuordnung der Stimmen zu den einzelnen Modellen willkürlich verändert“. Intern hat Ramstetter dem Bericht zufolge die Zahl der auf die fünf erstplatzierten Modelle entfallenen Stimmen mit 125 594 angegeben. Tatsächlich seien für diese fünf Modelle nur 8848 Stimmen abgegeben worden. 
  Ramstetter habe auf seinem PC am Tag der internen Bekanntgabe des Ergebnisses verschiedene Szenarien des Wahlausgangs ausprobiert und sich dann für eine Variante entschieden. Richtig war nur Platz eins, alle anderen Ränge waren verschoben. So rückte Ramstetter beispielsweise den eigentlich auf Platz sieben rangierenden BMW der 5er-Reihe auf Platz fünf. Allerdings war zuvor durch einen Fehler der eigentlich Zweitplatzierte 3er BMW aus der Wertung gefallen; die Online-Stimmen dieses Fahrzeugmodells waren nicht berücksichtigt worden. Es gebe „eindeutige Hinweise, dass die Vorgehensweise bei der Wahl in den vergangenen Jahren ähnlich abgelaufen“ sei, erklärte Deloitte. Die Prüfergebnisse zum Autopreis für die Jahre 2005 bis 2013 werden voraussichtlich nächste Woche bekanntgegeben. 
  BMW, Daimler, und der VW-Konzern mit den Marken VW, Audi, Skoda, Porsche und Seat kündigten bereits am Montag an, sämtliche Auszeichnungen der vergangenen Jahre an den ADAC zurückzugeben.