Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 24.11.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

Reformen ja, aber wie?

Mit Gericht und Finanzbehörden im Nacken sucht der ADAC nach einem Neuanfang 

München – In knapp zwei Wochen, am Nikolaustag, will die Hauptversammlung als oberstes Organ des ADAC in München ein umfassendes Reformpaket beschließen. So versprechen es zumindest die Krisenmanager des Automobilclubs. Der durch Manipulationen bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen und allerhand grenzwertige Geschäfte in Verruf geratene ADAC hofft auf einen Befreiungsschlag. Man wolle künftig der „erforderlichen und sinnvollen Trennung zwischen Vereins- und Wirtschaftsaktivitäten besser Rechnung tragen“, sagte ein ADAC-Sprecher. 
  Der jüngst beschlossene Verzicht auf eine ADAC-Werkstattkette sollte ein erster Schritt sein. Womöglich ist auch der Ausstieg aus dem Fernbusgeschäft in diesem Zusammenhang zu sehen. Diese beiden Entscheidungen allein bringen den größten Automobilistenverein Europas aber noch nicht aus der Bredouille. Seit Monaten prüft das Registergericht München, ob der ADAC angesichts seiner vielen wirtschaftlichen Aktivitäten seinen Vereinsstatus überhaupt behalten darf. Und die Finanzbehörden brüten noch darüber, ob die Einnahmen aus seinen umfassenden Versicherungsgeschäften weitaus höher versteuert werden müssen als bisher. 
  Der ADAC muss vor diesem Hintergrund glaubhaft machen, dass er es ernst meint mit der Erneuerung und das Etikett „Verein“ zu Recht trägt. In diesem Zusammenhang sind Meldungen vom Wochenende zu sehen, wonach der kommissarische ADAC-Chef und bei der Hauptversammlung mutmaßlich einzige Kandidat für das Präsidentenamt wirtschaftliche und Vereinsaktivitäten künftig trennen will. Nach Informationen von Spiegel und NDR info möchte August Markl die ADAC-Firmenholding in eine Aktiengesellschaft ausgliedern. 
  An ihr soll der ADAC 74,9 Prozent der Anteile halten, das übrige Viertel soll auf eine noch zu gründende ADAC-Stiftung übergehen. In die Stiftung sollen künftig auch Überschüsse aus Mitgliedsbeiträgen fließen. Damit sollen angeblich Forschungsprojekte etwa zur Verkehrssicherheit oder zu neuen Mobilitätskonzepten finanziert werden. Im fünfköpfigen Stiftungsrat sollen zwei externe Kontrolleure sitzen. 
  Unklar ist, wer die wichtigsten ADAC-Entscheidungsgremien kontrollieren soll: Das Präsidium und die Geschäftsführung. Ein unabhängiger Beirat, den der Autoclub auf dem Höhepunkt seiner Krise installierte, hat lediglich beratende Funktion. Die ADAC-Granden können, müssen seine Vorschläge allerdings nicht annehmen.