Trierischer Volksfreund, 06.12.2007

von Christiane WOLFF

Angepasste Wirklichkeit

Büro-Umzug und geänderte Internetseiten: Die Methoden, mit denen im Kompetenzzentrum der Handwerkskammer Trier Fördergelder eingeworben wurden, haben offenbar skurrile Blüten getrieben. 

Hektik war Anfang November 2006 wohl angesagt im Komzet-Gebäude in der Cläre-Prem-Straße. Die Fördergeldgeber des Prestigeprojekts der Handwerkskammer (siehe Extra) hatten sich zum finalen Kontrollbesuch angekündigt. Daher galt es offenbar, alles so herzurichten, wie in den Unterlagen vorgesehen, die samt Förderantrag den Ministerien vorlagen.

„Laut Richtlinien durfte der Leiter des Umweltzentrums damals noch nicht in dem mit mehreren Millionen geförderten Komzet-Gebäude sitzen“, heißt es aus interner Quelle. „Also musste sein Büro geräumt werden. Die Akten wurden in Kisten in die HWK in der Loebstraße gebracht, wo dann schnell ein neues Büro hergerichtet wurde.“

Geändertes Türschild

Einen allgemeinen Besprechungsraum sah die Komzet-Projektbeschreibung dagegen vor. „Deshalb wurde das Türschild vom UWZ-Leiter-Büro in ,Besprechungsraum' geändert“, bezeugt eine zweite interne Quelle. „Es wurden Regale reingetragen und Tische so zusammengeschoben, dass es eine große Sitzrunde gab.“

Nur sehr zurückhaltend will sich das Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb), das das Komzet aus Mitteln der Ministerien gefördert hat, zu der Angelegenheit äußern. „Lediglich das Komzet, nicht das UWZ, ist durch uns gefördert worden“, erklärt Bibb-Sprecher Andreas Pieper verhalten. „Das Geld für die baulichen Maßnahmen musste daher zweckgebunden für das Komzet verwendet werden.“

Der Präsident der HWK Trier, Rudi Müller, will den skurrilen Umzug nicht bestätigen. Die Beantwortung der entsprechenden TV-Anfrage „gestalte sich naturgemäß nicht einfach“, da der Leiter des UWZ als „damals Verantwortlicher“ keine Auskünfte geben könne. Er ist seit Mitte Oktober erkrankt und soll, nachdem die HWK in der vergangenen Woche gegen ihn Strafanzeige wegen „systematischer Manipulation von Unterlagen“ erstattet hat, fristlos entlassen werden (der TV berichtete.) „Dennoch kann ich feststellen, dass es bei der Förderung der Investitionen ,Komzet' keine Unregelmäßigkeiten gegeben hat“, schreibt Schreinermeister Müller, den der HWK-Vorstand mit der Beantwortung der Presseanfrage beauftragt hat.

Geänderte Jobbeschreibung

Doch auch der Internet-Auftritt von UWZ und Komzet wurde pünktlich zur Begehung den Förderunterlagen angepasst. So taucht ein Mitarbeiter in der Stellenbeschreibung auf der Homepage vor der Begehung als Assistent der UWZ-Geschäftsführung auf. Pünktlich zum Kontrollbesuch ändert sich seine Job-Beschreibung in „Mitarbeiter des 6. Komzet-Leitprojekts Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Nicht-Bauberufen“ – eine in den Komzet-Unterlagen explizit vorgesehene Stelle. In den Sicherheitskopien der Homepage, die dem TV vorliegen, werden rechtzeitig zur Begehung zwei weitere UWZ-Mitarbeiter durch die Änderung der Stellenbeschreibungen zu Mitarbeitern des „6. Komzet-Leitprojekts“.

Auch die Aufgabe von Paulsen (Name geändert) – der wegen Abrechnungsbetrugs mittlerweile fristlos entlassene HWK-Mitarbeiter (der TV berichtete), der für die Weiterbildungskurse des UWZ zuständig war – wird vor der Begehung beschrieben mit „Weiterbildung, Betriebskontakte, Messen und Veranstaltungen“. Rechtzeitig zur Begehung wird der ehemalige Ein-Euro-Jobber der HWK zum „Servicemanager“ des Komzet. „Der Servicemanager war laut Projektbeschreibung eine ganz wichtige Komzet-Stelle, die entsprechend gefördert wurde“, bestätigt eine dritte interne Quelle die dubiosen Vorgänge.

„Durch die geänderten Stellenbeschreibungen sollte den Kontrolleuren gezeigt werden, dass es alle Stellen, für die die HWK für ihr Komzet-Projekt Fördergelder beantragt hatte, auch gab – obwohl das nicht der Realität entsprochen hat.“ Einen Zusammenhang zwischen der Abschlussbegehung und der geänderten Homepage – die einen Tag nach der TV-Anfrage aus dem Internet genommen wurde – bestreitet HWK-Präsident Rudi Müller. „Die Förderung des Komzet war zum 31.12.2005 bereits ausgelaufen“, begründet er. Nach TV-Informationen wurde der Projektzeitraum allerdings kostenneutral verlängert. Den Abschlussbericht fertigte das Bibb Mitte November 2006 an, wenige Tage nach besagtem Kontrollbesuch.


Kompetenzzentrum:

Das „Kompetenzzentrum für nachhaltiges Renovieren und Sanieren“ (Komzet) ist ein Projekt der Handwerkskammer Trier, das im Sommer 2002 startete. Gefördert wurde das Komzet vom Bundesinstitut für Berufsbildung (aus Mitteln des Bundesbildungsministeriums), vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums) und von den rheinland-pfälzischen Landesministerien für Wirtschaft und Umwelt. Als Anschauungsmodell für nachhaltiges Sanieren wurde das gründerzeitliche Gebäude in der Cläre-Prem-Straße auf dem Konversionsgebiet Castelforte zur Leitstelle des Komzets umgebaut. Das Komzet sollte das Thema nachhaltiges Sanieren und Renovieren in die gesamte Aus-, Fort- und Weiterbildung der Handwerkskammer einbinden. Auch spezielle Weiterbildungskurse wie „Fachberater für nachhaltiges Renovieren und Sanieren“ wurden konzipiert. Mit der Abwicklung des Komzet-Projekts hat die HWK ihre in den 90er Jahren gegründete Abteilung „Umweltzentrum“ (UWZ) beauftragt. Das UWZ hatte seinen Sitz in den HWK-Gebäuden in der Loebstraße. 2006, nachdem der maximale Förderzeitrahmen für das Komzet ausgereizt war, verschmolzen Komzet und UWZ zum heutigen „Zentrum für Energie und Nachhaltigkeit“.