Trierischer Volksfreund, 20.11.2007

von Christiane WOLFF

"Chaotisch und unprofessionell"

Nicht nur bei den Abrechnungen gab es im Umweltzentrum (UWZ) der Handwerkskammer Unregelmäßigkeiten (TV von Dienstag). Auch bei der Weiterbildung lag einiges im Argen. Die Handwerkskammer hat die Missstände eingeräumt. 

Die Weiterbildungskurse zum Gebäude-Energieberater könnten das Flaggschiff des Umweltzentrums der HWK sein. Schließlich sind energetische Sanierungen ein Riesenthema auf dem Bausektor. 1700 Euro kostet der Kursus, der mit dem Zertifikat als „staatlich geprüfter Gebäude-Energieberater“ abschließt. Doch die Realität sieht anders aus: „Katastrophal schlecht, chaotisch, unprofessionell“, berichten Kursusteilnehmer, sei der Unterricht größtenteils gewesen – wenn er denn überhaupt gehalten wurde. „Von zwölf angekündigten Stunden zur neuen Energie-Einsparverordnung fanden drei statt“, klagt ein Angestellter einer Baufirma.

Verkaufsveranstaltung statt Unterricht

Auch die Unterrichtsmodule zum Einsatz eines „Blower Door“, mit dem die Luftdichtigkeit eines Gebäudes überprüft wird, und zum Umgang mit einer Thermografie-Kamera seien ersatzlos ausgefallen. Im Vorgängerkursus wurde das Modul „Brandschutz“ komplett gestrichen. Auch bei der „Modernisierungsplanung“ sollen von 15 angesetzten Unterrichtseinheiten nur zehn stattgefunden haben. „Dabei sind diese Module ausdrücklich im bundesweiten Ausbildungsplan vorgesehen“, klagt ein weiterer Kursusteilnehmer.

Auch beim Unterricht, der tatsächlich statt fand, gab's Probleme: „Einige Dozenten waren absolut unfähig“, berichtet eine Architektin. „Statt zu unterrichten, haben sie einfach die Unterlagen vorgelesen, Fragen konnten sie nicht beantworten“, klagt ein Absolvent. „Einmal fand anstelle von Unterricht eine Verkaufsveranstaltung statt“, beschwert sich eine andere Teilnehmerin. „Mit dem einschlägigen Computer-Programm konnten wir nicht arbeiten, weil keine Lizenzen zur Verfügung standen“, erzählt eine Technikerin. Alle Beschwerden der Kursteilnehmer – auch schriftlich an die HWK – blieben ohne Erfolg. „Wir wussten nichts von Missständen, weil die Aufarbeitung von Beschwerden Sache des Leiters des Umweltzentrums war. Von ihm wurde immer signalisiert, dass alles in Ordnung sei“, erklärt HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks.

Viele Teilnehmer, hohe Provision

Der wegen Betrugs mittlerweile fristlos gekündigte UWZ-Mitarbeiter Paulsen (Name von der Redaktion geändert) hatte offenbar freie Hand bei der Organisation der Kurse (der TV berichtete). Offenbar setzte dieser unabhängig von deren Qualifikation gerade die Dozenten vermehrt ein, die ihm satte Provisionen dafür überwiesen. „Die Mitarbeiterin, die eigentlich für die Weiterbildung zuständig ist, war erkrankt“, sucht Kocks nach Erklärungen, warum die umfassenden Qualitätsrichtlinien der HWK auf breiter Front versagten.

Um möglichst viele Teilnehmer für die Kurse zu gewinnen, akquirierte Paulsen auch junge Gesellen und einen Bankberater für den für Architekten, Ingenieure und Handwerksmeister konzipierten Kursus. Und das offenbar mit falschen Versprechungen: „Mir wurde explizit gesagt, dass ich nach dem Kurs von den Förderstellen anerkannt werde“, bezeugt ein angestellter Handwerksgeselle. Dabei dürfen nur Architekten, Planer und Handwerksmeister entsprechende öffentliche Fördergelder beantragen, die selbst keine Sanierungsprodukte vertreiben. Den betroffenen Kursteilnehmern will die Kammer „Einzellösungen“ anbieten, der ausgefallene Unterricht soll nachgeholt werden.