Interview mit panorama-Autor Volker STEINHOFF

 

Im folgendem Interview gibt der panorama - Autor Volker STEINHOFF Auskunft über den Bericht  Chaos im Jobcenter - Gefrustete Mitarbeiter, wütende Arbeitslose, der am 6.Dezember 2007, also knapp drei Jahre nach Einführung von "Hartz IV" über den Bildschirm lief.


ansTageslicht.de: Wie sind Sie auf die Geschichte gekommen

V. STEINHOFF: Wir hatten eine Titelgeschichte zur Arbeitswelt für den 03.01.08 geplant.Im Rahmen der Recherche stießen wir auf den Aspekt der Fehlkonstruktion.Aufgrund des Amtsantritts von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD, inzwischen Bürgermeister von Hamburg) haben wir den Aspekt zum Beitrag gemacht und vorgezogen.

ansTageslicht.de: Wurde das Thema zuvor von anderen Medien aufgegriffen

V. STEINHOFF: Meines Wissens nach so nicht.

ansTageslicht.de: Haben sich eventuell Betroffene selbst bei Ihnen gemeldet?

V. STEINHOFF: Nein, die Recherche ging zunächst von uns aus.

ansTageslicht.de: Wie liefen die Recherchen im Vorfeld ab? Nach welchen Informationen haben Sie gesucht und wie haben Sie die letztendlich bekommen?

V. STEINHOFF: Die Recherchen waren sehr umfangreich und beliefen sich zeitlich auf 10 Wochen. Allerdings würde das Aufzählen aller Einzelheiten den Rahmen sprengen.

ansTageslicht.de: Wie liefen die Recherchen im Zusammenhang mit den ARGEN ab? Wie auskunftsfreudig waren die betreffenden Jobcenter

V. STEINHOFF: Sie waren erstaunlich auskunftsfreudig - wohl, weil der Unmut auch dort sehr groß ist

ansTageslicht.de: Sind Sie im Zuge dessen auf Barrieren gestoßen? Wurden Informationen verweigert?

V. STEINHOFF: Ja: Scholz!

ansTageslicht.de: Gab es Informanten innerhalb der ARGEN, die über die Ursachen von falschen Bescheiden gesprochen haben?

V. STEINHOFF: Ja, hauptsächlich diejenigen, die auch im Beitrag gezeigt worden sind.

ansTageslicht.de: Gab es öffentliche Reaktionen auf Ihren Bericht? Wenn ja, welcher Art?

V. STEINHOFF: Es gab viele Reaktionen in Foren von Arbeitslosen und Arge-Mitarbeitern und auch im Forum von Panorama.

ansTageslicht.de: Wie groß war die Bereitschaft der Arbeitslosen, vor die Kamera zu treten und über Ihre Situation zu sprechen?

V. STEINHOFF: Die Bereitschaft war nicht sehr groß. Sie haben Angst vor Stigmatisierung etc...

ansTageslicht.de: Wie haben Sie die Betroffenen während Ihrer Recherchen empfunden? Bestand eine Form der Hilflosigkeit gegenüber der Behördenwillkür und wie äußerte sich diese?

V. STEINHOFF: Wie im Beitrag auch gezeigt wurde waren viele hilflos und auch aggressiv gegenüber den Mitarbeitern.

ansTageslicht.de: Wie beschrieben die betroffenen Hartz IV- Empfänger den persönlichen Umgang mit ihnen in den betreffenden Jobcentern?

V. STEINHOFF: Sehr unterschiedlich. Von höflich bis schikanös.

ansTageslicht.de: Was für einen Eindruck hatten Sie persönlich vom Verhalten des Personals gegenüber den Arbeitslosen?

V. STEINHOFF: Man hatte den Eindruck, dass viele überfordert und genervt waren.

ansTageslicht.de: Im Jahr 2005 hat panorama bereits über die Klagewelle gegen Hartz IV- Bescheide berichtet. Wie hat sich die Situation seitdem Ihrer Meinung nach entwickelt?

V. STEINHOFF: Schlimmer als von den härtesten Kritikern erwartet.

ansTageslicht.de: Arbeitsminister Olaf Scholz hat das Gespräch mit Ihnen abgebrochen. Kommen solche Reaktionen auf kritische Fragen häufig vor?

V. STEINHOFF: Nicht der Abbruch an sich, sondern der Unwille, überhaupt ein Interview zu geben, ist unser Hauptproblem. Die machen lieber live ihre Gespräche.

ansTageslicht.de: Wie wird sich die Situation der Jobcenter Ihrer Meinung nach in der Zukunft entwickeln?

V. STEINHOFF: Das hängt von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes am 20.12.07 und vom Evaluationsbericht im Sommer 2008 ab. Eventuell muss es dann zu Umstrukturierungen kommen.

ansTageslicht.de: Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um die momentane Situation der Jobcenter zu verbessern?

V. STEINHOFF: Man müsste alle 3 Behördenstränge zusammenlegen: Arbeitsagenturen, Argen und Sozialämter.

ansTageslicht.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview wurde geführt von Andre Kummer (13.12.2007)