Seit der Gründung dieser Einrichtung ist die "BG Rohstoffe und chemische Industrie" (BG RCI) eine maßgebliche Akteurin des Mesotheliomregisters. Aus ihrer Branche stammen besonders viele Asbestopfer.
Damals, anfangs der 70er Jahre, war erstmals absehbar, dass die Zahlen der Asbestgeschädigten erheblich ansteigen würden - das Ende der Latenzzeit bei den Arbeitern des Wirtschaftswunders begann sich auszuwirken. Latenzzeit meint: Erst nach 20 bis 40 Jahren kommen die bis dahin verborgenen Schädigungen des menschlichen Körpers zum Vorschein. Dem galt es gegenzuhalten.
Der Aufbau eines zentralen Registers für die Begutachtung, ob berufsbedingt verursacht oder nicht, war eine von mehreren Maßnahmen. Eine andere: Die Asbestindustrie, die die Berufsgenossenschaften - "gesetzlich" festgeschrieben - finanzieren muss, hatte zuvor heimlich einen "Unabhängigen Wissenschaftlichen Beirat" gegründet, in dem der damalige 'Pabst' der deutschen Pathologen saß: Prof. Dr. Herbert OTTO. Dieser "Unabhängige Wissenschaftliche Beirat" sollte die öffentliche Diskussion um die in den Medien und der Öffentlichkeit aufkommende Asbestproblematik besser kontrollieren (mehr unter Warum es so lange gedauert hat, bis Asbest verboten wurde: die darauffolgenden 50 Jahre - Asbestchronologie Teil II).
Konkret: Gespräche und Absprachen zwischen den BGen und der medizinischen Wissenschaft wurden als notwendig erachtet, "um zu verhindern, daß dieses Thema in der breiteren Öffentlichkeit durch Publikationsmittel in nicht vertretbarer Weise hochgespielt werde." So liest sich das in einem internen Protokoll auf S. 6 des Dachverbands der Gesetzlichen Unfallversicherung. Und ganz generell: Der Sinn von regelmäßigen (Röntgen)Untersuchungen von Beschäftigten der Asbestindustrie, wie von einigen gefordert, "sei keinesfalls darin zu sehen, den Versicherten, koste es was es wolle, zu einer möglichst hohen Rente zu verhelfen" (Protokoll auf S. 13).
OTTO erhielt daraufhin einen Auftrag für eine Studie. Sie wurde nie veröffentlicht. Deren Zweck wurde später indirekt bekannt: als der Spitzenverband der Gesetzlichen Unfallversicherung die Gründung eines "Mesotheliomregisters" bekannt gab. Dieses zentrale Register sollte nicht nur für den Mesotheliomkrebs zuständig sein, sondern auch für den Lungenkrebs.
Und so erhielten alle Berufsgenossenschaften ein Rundschreiben "92/73", in dem sich diese Aufforderung zu lesen war:
"Die BG-lichen Verwaltungen werden gebeten, den beauftragten, obduzierenden Pathologen darauf hinzuweisen, dass die Lunge des Verstorbenen nach Entnahme an das Institut von Herrn Prof. Otto zu senden ist, damit dort eine ergänzende Untersuchung zur Bestimmung der Menge und Qualität der in der Lunge eventuell abgelagerten Asbestpartikel erfolgen kann."
Der erste Schritt zum Monopol.