Die vielen Berichte der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) 2005 bis 2007, 26.11.2005

von Ulrich Wangemann

Brandenburg in dieser Woche

Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) , 26.11.2005

Mit was hält sich eigentlich die Stadtspitze auf angesichts eines Skandals, der mehr Menschen erschüttert als jedes Seerosenfeld? Das fragt sich mancher, dem die unappetitlichen Details aus den Tiefen der Fleischfabrik in Schmerzke auf den Magen geschlagen haben.

Die vergangenen Tage sagen alles: Amtstierarzt Knut Große soll die Sache allein ausstehen – so etwa heißt wohl die Devise im Rathaus. Große allein stand den versammelten Journalisten Rede und Antwort, die sich am Donnerstag zu einer äußerst unglücklichen Pressekonferenz in dem viel kritisierten Betrieb einfanden. Wäre das nicht Aufgabe des zuständigen Beigeordneten für Ordnung und Sicherheit, Michael Brandt (CDU) gewesen?

Brandt jedoch, dem das jüngst verliehene Amt zu Kopfe gestiegen ist, gefällt sich in formelhaften, verwaltungshubernden Äußerungen („wir prüfen“) und kann sich nicht einmal unpassende Bemerkungen in Richtung seines eigenen Untergebenen Große verkneifen. So verglich er seltsamerweise gestern Lebensmittel- und Baustellenkontrollen. Darf man mutmaßen, dass er beide für gleichermaßen durchschlagend hält?

Wenigstens hat Parteifreund René Kohl, Vorsitzender des CDU-internen Arbeitskreises Sicherheit und Ordnung und Stadtverordneter, den Ernst der Lage erkannt. Er fordert „schnelle und umfassende Aufklärung“. Es sei, so Kohl, „zu klären, ob es Schwachstellen in den Kontrollen gibt“. Kohl will das Thema im nächsten Hauptausschuss auf den Tisch bringen.

Keinen Anlass zur Beruhigung gibt auch die gestrige Nachricht, das Landeskriminalamt (LKA) habe angedeutet, keine strafrechtlich relevanten Vorgänge in der Fleischfabrik belegen zu können. Denn die Polizeiermittler stützen sich nach eigenen Angaben bei ihren Recherchen vor allem auf die Erkenntnisse der städtischen Veterinärmediziner – und die sind wegen ihrer gemeinsam mit dem Fleischbetrieb organisierten, absurden Entlastungs-Pressekonferenz in die Kritik geraten.

Vor all dem steht fassungslos der Verbraucher (den man eigentlich Genießer nennen sollte) und fragt sich, was er überhaupt noch essen kann. Ihm kurz vor den traditionell fleischlastigen Festtagen wieder Grundvertrauen einzuflößen, muss nun oberste Aufgabe der Politik sein. Da reicht es nicht, den Amtstierarzt zu verheizen.