Die vielen Berichte der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) 2005 bis 2007, 25.09.2007

Durch eine Lücke im Gesetz gerutscht

Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) , 25.09.2007

„Die Außenwirkung ist katastrophal, aber ein Schuldspruch wäre keinesfalls sicher“, meint der Brandenburger Amtsrichter von Bülow. Eben haben die angeklagten Zöllner und Sachbearbeiter, die nach einer Schwarzarbeiter-Fahndung im April 2005 ergebnislos, aber mit dicken Fleischpaket-Geschenken unter dem Arm die Schmerzker Fleischfabrik „Disselhoff-Sachsenkrone“ verließen, mit einem blauen Auge sein Gericht verlassen.

Ihr Verfahren wegen Annahme einer Vorteilsnahme im Amt war gegen Zahlung einer Geldbuße nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung eingestellt worden. Fünf Angeklagte zahlen je 800 Euro, der Zolloberinspektor Peter F. wird als Leiter des Einsatzes mit 1200 Euro zur Kasse gebeten. Die Kosten des Verfahrens für „die etwas gammelige Akte“ (von Bülow) trägt die Staatskasse.

Als im August 2005 durch den Stadtkurier öffentlich wurde, dass sich die Zöllner hatten beschenken hatten lassen und die Meldung darüber beim Arbeitgeber allesamt vergaßen, tagten bei der Oberfinanzdirektion in Cottbus die Spitzen der Behörde. Ihr Ziel: Außerordentliche Kündigung gegen alle Angeklagten.

Doch schnell wurde deutlich, im amtlichen Erlass darüber, wie mit Zuwendungen an Beamte umzugehen sei, klaffte eine Lücke. Die Annahme von Geschenken, soweit sie einen Wert von 25 Euro nicht übersteigen, war zu diesem Zeitpunkt unter gewissen Umständen möglich.

An anderer Stelle war allerdings deutlich ausgeführt, dass es den Zöllnern sogar untersagt war und ist, Kaffee, Getränke oder einen Snack im Rahmen einer Fahndung anzunehmen. Aus der Kündigung wurde eine Abmahnung wegen des „Nichtanzeigens“ des Geschenks. Die Mitarbeiter wurden in den Innendienst versetzt, ihre Verbeamtung verschoben, Waffen mussten abgegeben werden, die Karrieren gerieten ins Stocken.

Inzwischen hat das Bundesministerium die Lücke geschlossen: Jetzt darf man keine Geschenke mehr annehmen. Im Sommer wurden die Restriktionen gegen die Angeklagten aufgehoben, die Verbeamtungen durchgeführt und inzwischen sind die Zöllner wieder im Außendienst tätig, was eine finanzielle Besserstellung zur Folge hat.

Trotz wiederholter Nachfragen der engagierten Staatsanwältin Köhler fand Peter F. nichts Anstößiges daran, sich bei der Suche nach Schwarzarbeitern im Objekt der Fahndung bewirten zu lassen und beschrieb den Getränkeverzehr als gängige Praxis. In der Vernehmung hatten Angeklagte auf die Frage, warum sie das Fleisch annahmen, angegeben, dass sich eine „Herdentriebs-Reaktion“ einstellte, nachdem der Einsatzleiter das schuhkartongroße Paket annahm. Nur eine polnische Dolmetscherin, die im Auftrag des Zolls vor Ort war, ließ das Grillfleisch stehen.