Weg(e) der Erinnerung in Stuttgart


In der Stuttgarter Innenstadt gibt es einen (kleinen) "Weg der Erinnerung". Er verbindet u.a. Orte, die vor 1945 eine andere Bedeutung hatten als heute: Sie waren für viele Menschen Orte des Grauens und des Schreckens. Der "Weg der Erinnerung" ist die schwäbische Variante, wie man mit der finsteren Vergangenheit städtebaulich umgehen kann. Der Weg beginnt im Stuttgarter Landtag mit einem Gedenkbuch: Schicksale von Parlamentariern, die im Dritten Reich 'Widerstand' geleistet haben und dabei ihr Leben ließen:

Die zweite Station betrifft das ehemalige "Hotel Silber in der Dorotheenstrasse 10", in dem sich unsere Geschichte abspielt: die ehemalige Gestapo-Zentrale in Stuttgart. Heute beherbergt das Gebäude Teile des Innenministeriums. Im Keller erinnern nur noch Spuren von den Gefängniszellen. Im Foyer hängt eine kleine Gedenktafel mit dem schlichten Hinweis auf die frühere Funktion dieses Ortes:

Etwas weiter über den Karlsplatz hinaus liegt die Stauffenberg-Erinnerungsstätte. Sie ist dem HITLER-Attentäter Claus Schenk Graf von STAUFFENBERG sowie dessen Bruder Berthold, einem Mitverschwörer, gewidmet. Die STAUFFENBERG's residierten seinerzeit im Alten Schloss, wo sich heute ein kleine Ausstellung mit Bibliothek und Filmvorführungen befindet.

Wieder etwas weiter: das Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, gestaltet durch den Bildhauer Elmar DAUCHER. Das Mahnmal wurde 1970 aufgestellt:

In den vier teilweise aufeinandergestapelten schwarzen Granitblöcken: ein knapper Text des Philosophen Ernst BLOCH.

Zwischen Schlossplatz und Königsbau dann als letzte Station dieses kurzen Weges der Erinnerung das Eugen-Bolz-Denkmal.
BOLZ, Jurist und Politiker der katholischen Zentrumspartei war von 1912 bis 1933 Mitglied des Reichstags und des Württembergischen Landtags. Er hatte sich schon früh von der nationalsozialistischen Ideologie abgegrenzt und wurde deshalb auch schnell aus dem Amt gedrängt.
BOLZ stand in Verbindung mit dem Widerstandskreis um das Attentat des 20. Juli 1944 - als passives Mitglied sozusagen. Hätte alles geklappt, wäre er Minister einer neuen Regierung geworden. So wurde er zunächst im "Hotel Silber" verhört, dann nach Berlin verfrachtet und am 23. Januar 1945 in Plötzensee enthauptet. Das Denkmal hatte der Künstler HRIDLICKA entworfen:


In der Nähe des Nordbahnhofs - ein ganzes Stück weit weg von der Innenstadt - gibt es einen Platz der Deportierten: Von dort ging es für viele Menschen mit der Deutschen Reichsbahn - also durch Einsatz von Lokführern, Zugabfertigern, Weichenstellern, Polizisten undsoweiter - direkt in die Konzentrationslager.
Bei der Erweiterung des Flughafens Stuttgart-Echterdingen beispielsweise wurde beim Freiräumen von Ackerland ein Massengrab entdeckt - ein ehemaliges KZ-Außenlager. Jetzt soll dort ebenfalls ein Denkmal entstehen.

Das letzte Wort über das ehemalige "Hotel Silber" ist wohl auch noch nicht gesprochen: Es regt sich Widerstand und es tauchen Vorschläge auf: www.zukunft-braucht-erinnerung.de.

Eines der wichtigsten Erinnerungsprojekte: die Stolpersteine in Stuttgart. 600 kleine Gedenksteine auf den Strassen - vor Häusern und Wohnungen, in denen früher Mitmenschen gelebt hatten, die allerdings die 'falsche Religion' hatten. Oder einfach aus anderen Gründen unerwünscht waren. Und denen niemand von den anderen Mitmenschen zu Hilfe kam ...


(WJ; Fotos: Wilm und Frei JOHN)