Die Berichte der Rhein-Zeitung zwischen den Landtagswahlen 2006 und 2011, 31.01.2009

Blitzschnelles Urteil zur Blitzernennung

Landgerichtspräsident Hans-Josef Graefen ist vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz mit der Klage gegen die Ernennung von Ralf Bartz zum Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) gescheitert. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht zuvor die umstrittene Blitzernennung von Bartz durch Justizminister Heinz Georg Bamberger (SPD) gerügt und Graefen ermuntert, sich vor Gericht zu wehren. Und jetzt steht er, der sich vom Minister ausgetrickst fühlt, in zweiter Instanz vor Richtern, die er für befangen hält.

Ein Argument: Der Vorsitzende Wolfgang Steppling sitzt im Verfassungsgerichtshof mit Bartz (früher mit Bamberger) auf einer Richterbank. Nun soll er urteilen, ob Bartz zu Unrecht im Amt ist und Bamberger ihn zu Unrecht ernannt hat. Die Richter im Publikum rechnen ohnehin nicht damit, dass Graefen beim OVG Chancen hat, weil "nur mit dessen Hilfe die Blitzernennung möglich war".

Gespannt hören sie, dass der Senat ein ergebnisoffenes Verfahren zusagt, aber auch ausführlich weitreichende Konsequenzen vor Augen hält. Graefen will mit 16 Beweisanträgen untermauern, dass seine Bewerbung nicht fair beurteilt wurde und er nur unbedingt verhindert werden sollte. Der Vertreter des Landes hält diese Anträge zu romanhaft und es nicht für relevant, die Umstände bei Auswahl und Ernennung zu prüfen. Der Senat lässt zunächst offen, wie er sie bewertet. Sein Paukenschlag folgt nach der Beratungspause - ohne Vorwarnung oder belehrenden Hinweis. Er lehnt sie ab und erklärt, dass er die Klage als unzulässig abweisen will.

Als er sich vor dem blitzschnellen Urteil wieder zurückzieht, hält es nur Rechtsvertreter des Landes ruhig auf den Stühlen. Mehr als ein Dutzend Richter und -innen, die sich Rücken deckend hinter Graefen als Zuhörer versammelt haben, reagieren mit Kopfschütteln. Sie sind "fassungslos, weil dies der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht". "Es darf nicht sein, was nicht sein darf", sagt einer. "Das heiße Eisen soll schnell an die nächste Instanz durchgereicht werden", meint ein anderer. Sogar das Wort von "Bananenrepublik" fällt. Graefens Miene versteinert sich.

Dann begründet der Senat, der Revision zulässt, die Entscheidung: die Klage stehe der Ämterstabilität entgegen, an der das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht rüttele. Kurz: Wer die Urkunde erhält, bleibt im Amt. Es sei auch "ein rechtlich unmögliches Ziel", die Präsidentenstelle zu verdoppeln. Eine Schadenersatzklage hält er für aussichtslos. Zudem hätte sich Bamberger die Bewertung des Bundesverfassungsgerichts nicht aufdrängen lassen müssen. Graefen kommentiert das Urteil nicht. Erst nach dem Studium der schriftlichen Begründung entscheidet er über den Gang zum Bundesgericht.

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2012

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