Die Berichte der Rhein-Zeitung zwischen den Landtagswahlen 2006 und 2011, 02.06.2009

von Ursula SAMARY

Wie Bamberger die Justiz umkrempelt

Das macht dem Justizminister im Mainzer Kabinett so schnell keiner nach: Mit seiner Personalpolitik sorgt Heinz Georg Bamberger (SPD) ständig für Zoff und viel Stoff an Gerichten, weil kaum noch eine Präsidentenstelle geräuschlos besetzt wird. In den Fokus gerät jetzt das Landgericht Mainz.

Als neue Präsidentin soll Bamberger die Chefin des Landesprüfungsamts für Juristen, Marlies Dicke, vorgeschlagen haben. Nun ist die Juristin beliebt. Niemand will ihr Kompetenz absprechen. Trotzdem wird gerätselt, warum sie jetzt bessere Karten haben soll als die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Angelika Blettner. Denn Bamberger hat die frühere Amtsgerichtsdirektorin von Neuwied und Koblenz bereits 2001 für den Mainzer Chefposten favorisiert, als er - damals noch als OLG-Präsident - den Leitenden Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach verhindern wollte. Hartnäckig hält sich deshalb die Theorie, dass er womöglich nur einen in FDP-Regierungszeiten in der Zentralabteilung agierenden und heute fürs Zivilrecht zuständigen Abteilungsleiter ins Prüfungsamt versetzen will.

Aber dies kostet Geld. Denn der Mann genießt eine ungleich bessere Besoldungsstufe als derzeit seine Kollegin Dicke. Und den Status kann ihm keiner nehmen. "Solche Pläne sind der Staatssekretärin nicht bekannt", wiegelt der persönliche Referent von Beate Reich, Alexander Ahnelt, ab. Skeptische Justizkreise schließen die Rochade trotzdem nicht aus, "weil es bei Absprachen an der Spitze ja wohl häufiger hakt".

Ein anderer Wechsel im Ministerium ist schon perfekt - begleitet vom Staunen darüber, "welch große Notensprünge" man im Ministerium machen kann. Denn die frühere Richterbund-Vorsitzende Ulrike Müller-Rospert, die Bamberger bei der vor Gerichten noch umstrittenen Blitzernennung von Ralf Bartz zum OLG-Präsidenten so loyal erlebt hat, ist nun Vorsitzende Richterin am Senat des OLG Zweibrücken - mit einer Beurteilung "für noch höhere Weihen", so ein Fachmann. Die Meriten hat sie sich auf der Position verdient, die aus CDU-Sicht als Bambergers Schwachstelle gilt: Sie war seine Personalreferentin. Nachfolgerin wird wohl die Amtsgerichtsdirektorin von Hermeskeil, Claudia Stadler.

An ein neues Gesicht im Ministerium müssen sich auch die weisungsgebundenen Staatsanwälte gewöhnen, weil der bisherige Chef der Abteilung Strafrecht, Jürgen Brauer, doch lieber Chefankläger in Trier geworden ist. Für ihre Fach- und Dienstaufsicht ist nun die aus der Staatskanzlei kommende Juristin Stefanie Hubig (SPD) zuständig. Ihre neue Schaltstelle führten bisher Leitende Oberstaatsanwälte, wie mit gewissem Unterton festgestellt wird. Denn seit Bambergers Amtsantritt grassiert ständig der Generalverdacht, dass er vor allem aufs Parteibuch schaut.

Aber Hubig, die am Bundesjustizministerium zuletzt an der wichtigen Nahtstelle zwischen Kabinett, Bundestag und Bundesrat agierte, eilt aus Berlin über Parteigrenzen hinaus der Ruf voraus, "äußerst kompetent, engagiert und sachorientiert" zu sein. Wie an der Spree auch zu hören ist, gehörte das Parteibuch nicht zur Qualifikation, die von der Ressortspitze erwartet wird. In Mainz ist damit aber vielleicht Genossen leichter zu erklären, warum wieder jemand von auswärts vorrückt.

Dass auch Eigengewächse im Ministerium gezielt gefördert und befördert werden, zeigt sich in Montabaur: Reiner Rühmann, SPD-Kreistagsmitglied in Altenkirchen, ist neuer Amtsgerichtsdirektor. Für ihn soll Amtsgerichtsdirektor Thomas Henrichs (Cochem) ins Ministerium gehen - mit dem Nebeneffekt, den Bamberger sicher auch schätzt: Mit dem Wechsel nach Mainz verstummt zwangsläufig seine unter Kollegen anerkannte Stimme im Präsidialrat, der immer noch eine wichtige Anhörinstanz vor der Entscheidung im Richterwahlausschuss ist.

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2012

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