Was man inzwischen über Qualitätsdefizite in der Zahnheilkunde weiß

Eine kleine Zusammenstellung von Lisa HASE

Die Auflistung hat sich ergeben im Zusammenhang mit ihren Bemühungen, zu verstehen, was alles in ihrem Fall, bei dem über 20 Zahnärzte beteiligt waren, falsch gelaufen ist. Die Liste gibt den Stand des Jahres 2010 wieder.


„32 Zähne – fast so teuer wie der ganze Mensch. Die Zahnärzte, …. führen die Einkommensskala an. “ (Spiegel Nr. 20/ 1979 S. 70 – 89)

„Gutes Geld für schlechte Zähne. Über Praktiken westdeutscher Zahnärzte“ (Spiegel 21 /1979 S. 177 ff , Spiegel 22/ 1979 164 ff, Spiegel 23/ 979, 154 ff)

Krista Federspiel, Wolfgang Kirchhoff: Lückenlos. Die goldenen Geschäfte der Zahnärzte, Köln 1988

Friedrich Storch: „Aufrufe  zur Vernunft sind aussichtslos“, in Spiegel Nr. 1/1988 S. 135-138

Deutscher Bundestag: Gesetz-Entwurf eines Gesundheitsreformgesetzes,  Drucksache 11/2237, 3.5.1988, S. 27

Endbericht der Enquete-Kommission „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung“ 12.2.90 Drucksache 11/6380, S. 88

„Mist raus, Mist rein. Spiegelreport über Qualitätsmängel der zahnärztlichen Versorgung“  (Spiegel 12/ 1990 S. 168 ff)

Deutscher Bundestag: Gesetz-Entwurf eines Gesundheitsstruktur-Gesetzes, Drucksache 12/3608, 5.11.1992, S. 72/73

Reinhard Marxkors u.a. : Zur Qualität zahnärztlicher Prothetikarbeiten, in. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit:  Beiträge zur Qualitätssicherung in der Zahnmedizin, Band 18, Baden 1993

Monika Sinka: Studie des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen gefördert durch den Bundesminister der Gesundheit, in : Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit:  Beiträge zur Qualitätssicherung in der Zahnmedizin, Band 18, Baden-Baden 1993

 „Murks im Mund: In deutschen Zahnarztpraxen wird gepfuscht. Zwei Studien liefern Beweis“ (Spiegel 45/ 1994 S. 231)  

Gerd Gröde, Kostenfalle Zahnarzt – Über das Geschäft mit den Zähnen, Berlin 1998

Sachverständigenrat für die Konzertiere Aktion im Gesundheitswesen: Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Band III. Über-, Unter- und Fehlversorgung, III.4: Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Gutachten 2000/2001, Bundesministerium für Gesundheit, Bonn 2001

„Dem Knirschen auf der Spur“, von Christiane Berg, Pharmazeutische Zeitung 37/2003

Gunnar Meinecke: Zur White-Collar-Kriminalität im Gesundheitswesen im Beispiel der Zahnmedizin, Hamburg 2005

Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Zahnmedizin an den Universitäten in Deutschland, Berlin 2005

„Zahnärzte: Abgezockt, geschlampt und gepfuscht“ (Ökotest, 4/2004, S. 44)

„Vorsicht, Zahnarzt. Großer Test: Jeder dritte Befund ist falsch. Viele Patienten werden abgezockt.“ Von Horst Güntheroth, Anika Geisler, Studie in Stern 50/ 8.12.2011, S. 110-118

„So tricksen Zahnärzte: Unnötige Behandlungen, überteuerte Implantate, unverständliche Rechnungen: Zahnärzte schröpfen die Kassenpatienten“ (FAZ 29.04.2012.  S. 43)

Tanja Wolf: Murks im Mund. Missstände in der Zahnmedizin. München 2014

Ebenfalls bekannt ist, dass die Zahnmediziner trotz oder gerade wegen dieser Qualitätsdefizite und Fehlentwicklungen außerordentlich gut verdienen.  Stellvertretend für viele, zitiere ich hier aus einem Artikel aus dem Bayrischen Zahnärzteblatt:

 „Zur Situation in Deutschland präsentierte Noack einige zum Nachdenken zwingende Fakten: 60 Millionen Füllungen pro Jahr, über zehn Millionen Extraktionen, 6,2 Millionen Wurzelkanalbehandlungen und etwa 1,4 Millionen Individualprophylaxefälle bei Kindern. Der Knackpunkt bei der horrend hohen Zahl von Füllungen: In etwa 70 bis 80 Prozent der Fälle müssen insuffizient gewordene Füllungen ersetzt werden. Als größter Posten schlägt hier die Sekundärkaries zu Buche, wobei die exakte Diagnose offenbar ein großes Problem darstellt. Die diagnostische Qualität der deutschen Zahnärzte wird auf fünf bis 30 Prozent geschätzt. Der Rest? „Fehldiagnosen“, so Noack. Alarmierend ist dabei: Entscheidungen werden offenbar mehr oder minder willkürlich gefällt- dies das Ergebnis einer In-vitro-Studie zur Reproduzierbarkeit von Therapieentscheidungen. Dazu Noack: „Die diagnostischen Fähigkeiten hierzulande sind erschreckend schlecht.“ Und: „Ist der reflexartige Griff zur Turbine wirklich im Sinne unseres medizinischen Auftrags?“

Fazit des Referenten: „Je schlechter die Zahnmedizin, desto besser verdient der Zahnarzt.“ Wohin dies für den Patienten führt, ist für Noack ein klarer und zeitlich sehr absehbarer Fall: „Zur systematischen Entzahnung unserer Patienten!“

Schon im Jahr 1990 wies die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages in ihrem Endbericht: „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung“  darauf hin, dass sich defizitäre Therapien und zahnmedizinisch erklärungsbedürftige Behandlungsmuster weniger als Auffälligkeiten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zeigen als bei der Untersuchung einzelner Zahngeschichten - das heißt den Verläufen von Therapiemaßnahmen vom ersten kariösen Defekt bis zur Extraktion und zum Ersatz des Zahnes.

Mir ist nicht bekannt, dass derartige Untersuchungen auch durchgeführt worden sind. Die mir bekannten Untersuchungen und Veröffentlichungen zur Qualität zahnärztlicher Arbeiten beschränken sich auf Ausschnitte des Behandlungsgeschehens: die Qualität von Zahnersatzarbeiten, die Qualität der Karies-Diagnostik, die Qualität der Befunderhebung vor der Behandlung, die Qualität von Füllungen usw. Keine der mir bekannten Untersuchungen und Veröffentlichungen untersucht die Lebensgeschichte von Zähnen und Gebissen im Verlauf größerer Zeitabschnitte. Keine der mir bekannten Untersuchungen und Veröffentlichungen untersucht und beschreibt das Zusammenspiel der Faktoren, die zur der von Prof. Noack angekündigten „systematischen Entzahnung von Patienten“ führen, im konkreten Verlauf.