Gutachter als Schlechtachter

Hier finden Sie Beispiele: Geschichten, die wir dokumentiert haben und in denen Gutachter als Schlechtachter eine verhängnisvolle Rolle spielen. Nur in den seltensten Fällen wurden (und werden) sie zur Rechenschaft gezogen. Über die Gründe haben wir unter Lesen Sie diesen Text zuerst geschrieben.

Die Geschichten, zu denen wir hier mit einer sehr kurzen Beschreibung verlinken, haben wir aus anderen Gründen dokumentiert - nicht wegen der Rolle von Gutachtern/Schlechtachtern dabei. Diese Fälle fassen wir erst jetzt (2019) zusammen, und zwar aus zwei Gründen:

  • Zum einen haben wir uns entschieden, diesem Problem stärkere Aufmerksamkeit zu widmen  - unter dem zentralen (permanenten) Link www.ansTageslicht.de/Gutachter.
  • Zum zweiten wollen wir anhand der wenigen und allein schon hier dokumentierten Fällen die Absurditäten aufzeigen, die es immer wieder gibt. Und die nur in den seltensten Fällen wieder korrigiert werden (können). Und dass des, wenn es gelingt, nur mit einem (sehr) hohen Einsatz möglich ist - seitens der Betroffenen und vor allem der Medien.

Deswegen fangen wir jetzt mit dieser (kleinen) Sammlung an.


Fallgruppe Vormundschaft und rechtliche Betreuung

Beispiel Besuch der "Alten Dame", danach: Betreuung und Maulkorb verhängt

In dem kleinen Ort Kummerfeld, Nähe Pinneberg und alles vor den nördlichen Toren Hamburgs, hatte eine ältere Dame ein großes Grundstück geerbt: rund 7.000 qm groß und mitten in der Ortschaft. Der Bürgermeister wollte es ihr abkaufen, um 25 Einfamilienhäuser darauf bauen lassen zu können - junge Familien bringen Geld ins Dorf.

Die Dame verkaufte nicht. Der Bürgermeister (CDU) setzte einen Gutachter in Gang. Der besichtigte die Dame - sozusagen aus der Ferne, sprach mit ihr nicht, erstellte aber ein Gutachten. Ergebnis: Sie leide an einem Vermüllungssyndrom. Folge: Sie wurde unter rechtliche Betreuung gestellt und bekam einen Vormund vorgesetzt.

Dessen erste Handlung: Er verkaufte das Grundstück an die Gemeinde.

Wie die Geschichte weiterging, erfahren Sie unter www.ansTageslicht.de/AlteDame

2 Beispiele: Gutachter RUTETZKI im Dauereinsatz

wurden dokumentiert von der "Kreiszeitung" aus Winsen/Luhe: Ein "Dr. med." namens Uwe-Christian RUTETZKI, der als a) Psychiater, b) Facharzt für Psychotherapie und Psychoanalyse, c) Psychoanalytiker DGIP und d) und auch zuständig für Forensische Psychiatrie unterwegs war, ist immer recht schnell mit der Einweisung von Menschen in die Psychiatrie oder Vormundschaft zur Hand, die für die Behörden und Richter als "Querulanten" gelten und mit denen sie nicht umzugehen wissenund/oder wollen.

Dass dies mithilfe des Gutachters RUTETZKI, der sich eine entsprechenden Ruf erworben hatte, für die staatliche Gewalt immer komplikationslos für den Staatsapparat, aber zuungunsten der Betroffenen abging, erklärt die "Kreiszeitung" so:

Wie eine Connection aus Richtern, Gutachtern und Betreuern das Recht auf Selbstbestimmung deformiert.

Fallgruppe "Querulanten", Überprüfung der "Prozessfähigkeit"

Beispiel: und wieder Gutachter RUTETZKI

betrifft wiederum den Gutachter RUTETZKI. Hier gibt es kein schriftliches Gutachten - die Richter lassen es während einer Verhandlung erstellen und RUTETZKI stellt a) "narzistische Elemente", b) eine "narzistische, paranoide und querulatorsiche Persönlichkeitsstörung" fest. Darauf basiert die Richterin Angela SCHMEER ihre Entscheidung: Freispruch wegen Schuldunfähigkeit. Einen Belastungszeugen wollte die Richterin nicht anhören - mit dem eindeutigen Gutachten geht alles schneller.

Alles endet erst im vierten Verfahren, diesesmal vor dem OLG Celle. Der Betroffene hat sich der Unterstützung eines bekannten Kriminologen versichert, der die bisherigen RUTETZKI-Gutachten inhaltlich nach Strich und Faden zerpflückt. Da Richter an Oberlandesgerichten in der Regel 'ein anderes Kaliber' repräsentieren als kleine Amtsrichter(innen), wird der Betroffene, Uwe W., dessen vollständigen Namen wir kennen, nicht als "Querulant" unter Betreuung gestellt.

Wie alles ablief und was man daraus lernen kann, erfahren Sie unter Die Richter und ihr Gutachter RUTETZKI

Beispiel Lisa HASE aus Göttingen: geistesgestört? "prozessunfähig"?

Und wieder taucht der Name des Gutachters RUTETZKI auf, diesesmal im Kontext noch anderer Gutachter. Und wieder befinden wir uns in Niedersachsen.

Lisa HASE klagt vor dem Landgericht Göttingen. Gegen mehrere Zahnärzte wegen offensichtlicher Falschbehandlung. Und zwar zum ersten Male in der Universitätsklinik. Später kam u.a. ein weiterer Zahnarzt hinzu, der selbst des Öfteren für das Landgericht als Gutachter beauftragt wird. Der ist jetzt selbst Beklagter. Und hat ganz offensichtlich nachträglich die Patientenakte gefälscht, um sich entlasten zu können.

Die Richter der 9. Zivilkammer am Landgericht Göttingen, denen selber u.a. Verfahrensfehler unterlaufen, geraten zunehmend unter Druck, wissen offenbar nicht weiter. Auch der erste Gutachter hat Fehler gemacht, mehrere Dinge miteinander verwechselt und dann gehen bei Gericht auch noch einige Beweisunterlagen verloren. Angeblich auf Nimmerwiedersehen.

Im Jahr 5 seit Prozessbeginn (2004) kommen die Richter auf die Idee, das mühsame Verfahren vorzeitig beenden zu können: Sie wollen Lisa HASE auf ihre "Prozessfähigkeit" hin überprüfen lassen. Und haben dafür auch einen geeigneten Richter in ihren Reihen: einen, der gute "connections" zu einem geeigneten Gutachter hat, dessen Name RUTETZKI lautet.

Lisa HASE als 'geistesgestört', sprich "prozessunfähig" abzuqualifizieren, gelingt nicht. Lisa HASE ist clever. RUTETZKI kommt nicht mehr zum Einsatz.

Wie Lisa HASE das erreicht hat, und wie der Stand der Dinge heute im jahr 2019, konkret: im 14. Jahr des Verfahrens ist, lesen Sie unter dem (permanenten) Link www.ansTageslicht.de/Zahnschmerz. Dort geht es auch um weitere Gutachter und darum, wie Richter Verfahren auch mit a) immer mehr und b) immer teurer werdenden Gutachten zu beenden versuchen.

Beispiel Hessische Steuerfahnder

Eine Großrazzia bei der Commerzbank im Jahr 1996 führte zu rund 60.000 steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die Hälfte davon allein im Bundesland Hessen. Die SPD-geführte Landesregierung muss ihre Steuerfahndung personell aufstocken.

Mit den Landtagswahlen 1999 änderten sich die Verhältnisse. Der neue Ministerpräsident Roland KOCH, CDU, ein bekennender Freund der Banken und der Wirtschaft, will nicht mehr, dass da so genau hingeschaut wird. Und lässt über seinen Finanzminister im Rahmen einer schriftlichen Amtsverfügung, die weder in die offizielle Amtsregistratur noch ins Intranet gestellt, sondern jedem Steuerfahnder persönlich überreicht wird, erreichen, dass nur noch bei größeren Finanztransaktionen (größer als 150.000 € im Einzelfall) geprüft wird.

Fast alle Steuerfahnder akzeptieren das - zunächst - nicht. Es verstieße gegen ihre Dienstpflichten und gegen ihren Amtseid.

In der Folge wird jeder - einzeln - in die Personalabteilung gebeten, man führt Gespräche. Zum Schluss, nachdem einige zwangsversetzt wurden, wehren sich nur noch 5 Steuerfahnder gegen die nach ihrer Meinung illegitime Anordnung. Ihre Briefe an den Finanzminister und Roland KOCH werden nicht beantwortet. Der Personalrat und die Deutsche Steuergewerkschaft stellen sich taub. 

So werden vier der fünf Steuerfahnder zum Amtsarzt beordert. Der gibt sich als Psychiater zu erkennen: Dr. med. Tomas HOLZMANN in Frankfurt/M. Seine Diagnose: Der eine leidet an einer "paranoid-querulatorischen Entwicklung", die anderen an "psychischen Defekten". Deswegen seien alle  "dienstunfähig". Und so geschieht es auch - alle werden deswegen entlassen. Der jüngste ist 39 Jahre alt.

Was selten vorkommt: Der Gutachter Tomas HOLZMANN wird vom Verwaltungsgericht Gießen wegen "standesrechtlicher Verstöße", weil er seine "ärztlichen Berufspflichten verletzt" habe, indem er "in Kauf genommen hat, dass das Ergebnis hinter dem Standard psychiatrischer Begutachtung zurückbleibt und unrichtig sein könnte", zu einer Buße von 12.000 Euro verurteilt. Was sich herausgestellt hatte: Dr. HOLZMANN produziert Gutachten im Zwei-Stunden-Takt. Dabei bleibt es nicht: Auf zivilrechtlichem Weg wird er etwas später zu Schadensersatz verurteilt: für die 4 Entlassenen 250.000 Euro.

Alles ist ausführlich dokumentiert unter www.ansTageslicht.de/Steuerfahnder

Beispiel "Gustl Mollath"

Aus einem ehelichen Rosenkrieg wird ein strafrechtlicher, weil Gustl seiner "Ex" falsches Verhalten vorhält: Wenn sie als Bankangestellte der HVB-Bank weiterhin Gelder der Kunden illegal in die Schweiz transportieren würde, könne er das nicht mehr akzeptieren. Weil sich die "Ex" davon nicht beirren lässt, wendet sich Gustl MOLLATH an die Staatsanwaltschaft - ein mehrseitiges Schreiben, das die Justizministerin 7 Jahre später als "abstruses Sammelsurium" bezeichnen wird. Die "Ex" rächt sich mit einer Anzeige, er habe sie geschlagen.

Der Richter, der den Neuen der "Ex" aus seinem Sportclub kennt, macht - im wahrsten Sinne des Wortes - kurzen Prozess. MOLLATH wird 2006 wegen Schuldunfähigkeit nicht verurteilt. Denn der Richter hat einen Gutachter beauftragt, der weiß, was der Richter lesen möchte: MOLLATH leide an einem "paranoiden Gedankensystem." MOLLATH wird eingesperrt: nicht im Gefängnis, sondern in der Psychiatrie.

2008 erscheint in der Illustrierten "stern" ein großer Bericht über die hessischen Steuerfahnder (siehe Beispiel 6) und MOLLATH wendet sich an einen diesen. Der weiß, wie einem zumute ist, wenn man sozusagen als 'Geisteskranker' ausgegrenzt wird. Und er setzt Journalisten auf den Fall MOLLATH an.

Die recherchieren und veröffentlichen, aber die öffentliche Erregung, auch im Bayerischen Landtag, hält sich in Grenzen. Bis ein unbekannter Whistleblower aus der HVB-Bank ein entscheidendes Dokument anonym jenem ehemaligen Steuerfahnder zukommen lässt, der selbst als "paranoid querulatorisch" außer Dienst gestellt wurde. 

Jetzt kommt wieder Fahrt in die Angelegenheit, denn inzwischen hat auch das Bundesverfassungsgericht die sofortige Freilassung verfügt: Gustl MOLLAT ist nach 2.717 Tagen wieder ein freier Mann.

Die ganze Geschichte, u.a. die Rolle der Gutachter, ist ausführlich dokumentiert unter www.ansTageslicht.de/Mollath.

Fallgruppe 'oberflächliche' Begutachtung

Beispiel Eissporthalle Bad Reichenhall:

Über 30 Jahre lang hat keiner etwas gesagt: Dass das Dach der Eissporthalle so hätte garnicht gebaut werden dürfen. Und dass es dafür erst recht keine Baugenehmigung hätte geben dürfen. Dann geschah es am 2. Januar 2006: Das Dach stürzte ein. Und begrub 15 Menschen unter sich, die meisten davon Kinder.

Weil die ganze Zeit regelmäßig Wasser durch das Dach auf die Eisfläche tropfte, so dass überall Eimer aufgestellt werden musste, entschließt sich die Stadt, den ehemaligen Prüfingenieur zu beauftragen. Der rückt mit einem Fotoapparat an, auf den er ein 300 mm-Objektiv aufgezogen hat. Und betrachtet 1 von insgesamt 10 Hauptträgern vom Boden aus. Seine Begutachtung: "Die Tragkonstruktionen befinden sich in einem allgemein als gut zu bezeichnenden Zustand". ... Und die sichtbaren Wasserflecken hätten "weder auf die Qualität noch die Tragfähigkeit des Tragwerks Einfluss." Das Honorar für diesen Auftrag: 3.000 €.

Drei Jahre später passiert es. In einem späteren Prozess wird der Prüfingenieur Rüdiger S. von jeder (Mit)Schuld freigesprochen.

Der Vorgang ist ausführlich rekonstruiert unter www.ansTageslicht.de/Reichenhall.


Hinweis:

Gutachterbeispiele, die im Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen bei der Arbeit und im Beruf entstanden sind, haben wir im nachfolgenden Kapitel angeteasert: Gutachterwesen: Arbeits- und Dienstunfälle, Berufskrankheiten, Gesetzliche Unfallversicherung.

(JL)