Die Göttinger Landrichter und ihr Gutachter. Oder: Wie man mit (überflüssigen) Gutachten die Beweisführung eines Klägers für immer unmöglich macht. Teil III der Chronologie von Lisa HASE's Odyssee

Vorbemerkung:

Dies ist der dritte Teil einer Geschichte, die aufzeigt, wie es Menschen gehen kann, die zunächst erhebliche Probleme mit zahnärztlichen Pannen und Fehlern aushalten müssen (Die Odyssee von Lisa HASE, Chronologie Teil I: die zahnmedizinische Leidensgeschichte), und dann, wenn sie dagegen rechtlich vorgehen, weil das alles nicht hätte sein müssen, im Getriebe des Justizapparates mürbe gemacht werden (sollen): Lisa HASE's Odyssee, Teil II: Versuch der Psychiatrisierung durch die Richter am Göttinger Landgericht. Im 12. Jahr des ersten Prozesses bzw. im achten des zweiten Verfahrens ist die Odyssee von Lisa HASE noch nicht zu Ende. Deswegen geht es jetzt hier im Teil III weiter, der aber nochmals mit einem Rückblick einsetzt mit dem Fokus auf die beiden ersten, sprich: bisherigen Gutachter.

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Was zuletzt geschah - kleiner Rückblick

Der Versuch der Göttinger Richter Gerhard von HUGO, Frank AMTHAUER und Doreen APORIUS, Lisa HASE gleich zu Beginn der Prozesse im Jahr 2009 auf ihre "Prozessfähigkeit" hin überprüfen zu lassen und das mittels eines berühmt-berüchtigten Gutachters, der vorzugsweise für seine Untersuchungsobjekte entweder eine Zwangsbetreuung empfiehlt oder die Einweisung in die 'Klapse', schlug fehl. Lisa HASE war clever.

Für die Richter wäre dies die eleganteste Lösung gewesen, den Prozess beendigen zu können. Denn einer der beklagten Zahnärzte, von dem Lisa HASE Schadensersatz, sprich Genugtuung will (Zahnarzt Nr. 12), ist ein 'hohes Tier' im zahnärztlichen Gewerbe: Vorsitzender der Schiedskommission bei der niedersächsischen Zahnärztekammer in Göttingen und auch als zahnärztlicher Gutachter vor Gerichten tätig - ein Quasi-Kollege.

Jetzt müssen andere 'Strategien' her, die wir hier rekonstruieren. Dazu werfen wir nochmals einen kleinen Blick zurück auf das Ende des zweitens Teils, um den Anschluss zu den dort genannten Gutachtern herzustellen: jetzt ausführlicher, weil sie hier, insbesondere der dritte Gutachter, eine dominante Rolle spielen.

Die bisherigen Gutachter

Gutachter Nummero 1:

Lisa HASE hatte schon vor Beginn ihrer ersten Schadensersatzklage gegen die Göttinger Zahnklinik (UMG) und einige der dortigen Zahnärzte beim Amtsgericht Göttingen ein Beweissicherungsverfahren beantragt. Das Gericht beauftragte die Zahnärztekammer Niedersachsen, einen geeigneten Gutachter auszuwählen. Dort konnte man helfen: in Gestalt von Professor Dr. Ulrich LOTZMANN aus Marburg. Der hatte seinerzeit an der Göttinger Zahnklinik studiert, promoviert und viele Jahre mit den dortigen Kollegen zusammengearbeitet. Genau dort, wo Lisa HASE's Probleme begannen. Jetzt soll der Gutachter Beweise gegen gerade diese 'Kollegen' sichern. Dass der auserkorene Gutachter also zumindest freundschaftliche Beziehungen zur zahnärztlichen Universitätsklinik Göttingen unterhält, weiß Lisa HASE zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Eigentlich hätte bereits die empfehlende Zahnärztekammer einen anderen Gutachter auswählen müssen. Bzw. zumindest auf diesen potenziellen Interessenskonflikt aufmerksam machen müssen. Und eigentlich hätte der Gutachter eben wegen eines potenziellen Interessenskonfliktes diesen Auftrag ablehnen müssen. Nichts davon ist geschehen. Standard in der niedersächsischen Zahnmedizin?

Egal wie: Jedenfalls geschah danach dies:

Gutachter Nummero 1 stellte in seiner ersten Untersuchung am 31.1.2005 fest, dass es tatsächlich Okklusionsfehler bei der Aufbissschiene gibt, die die UMG für Lisa HASE angefertigt hatte. Und machte Fotografien.

Allerdings vertauschte er in seinem schriftlichen Gutachten die dafür verantwortlichen Zahnärzte. Nicht seine "Kollegen" von der zahnärztlichen Uniklinik hätten Fehler gemacht, sondern die Zahnärzte X, Y und Z. Diese Dentisten jedoch hatte Lisa HASE erst im Sommer 2005, also nach seiner gutachterlichen Untersuchung zwecks Behandlung aufgesucht. Qualitativer Standard bei Gutachter Nummero 1?

Auf ausdrückliche Bitten von Lisa HASE, diesen Fehler zu korrigieren, reagierten weder der Gutachter noch der Richter. Letzterer müsste - eigentlich - dem Gutachter vorgeben, was er zu tun habe. Aber offenbar hatte der  'kleine' Richter am Amtsgericht kein Interesse, sich gegen den Gutachter durchzusetzen; sollen doch die 'höheren' Kollegen am Landgericht sich mit Prof. LOTZMANN herumärgern - typischer Alltag in der deutschen Justiz: Richter fragen sich immer zuallererst: Sind sie denn überhaupt zuständig? Anders gefragt: Kann man eine (juristische) Herausforderung vielleicht jemandem anderen aufhalsen?

Und so erstellte Gutachter Nummero 1 drei weitere Ergänzungsgutachten - alle gegen Honorar. Bzw. auf Kosten von Lisa HASE. Aber ohne auch in diesen den unschwer erkennbaren Fehler zu korrigieren. Eine mündliche Anhörung vor Gericht kam ebenfalls nicht zustande. Der Gutachter wollte nicht. Und der Richter - wie oben erwähnt - ließ ihn nicht wollen. Richterliche Unabhängigkeit.

Ergebnis: Gutachter Nr. 1 zog das einfache Beweissicherungsverfahren 3 1/2 Jahre in die Länge - ohne seinen Fehler zu korrigieren. Dann gab der Richter am Amtsgericht das Verfahren an das Landgericht ab. Inklusive des jetzt juristisch kodifizierten Fehlers, der jetzt als 'wahre' Tatsache in den Akten steht.

Als HASE's Anwältin beantragte, den Gutachter aufzufordern, seine Beweisfotos dem Gericht zu geben, waren diese verschwunden. Er habe sie zu den Gerichtsakten gegeben, so der Gutachter. Dort indes sind sie nicht auffindbar. Und er selbst habe keine Duplikate.

Der Aufforderung durch Lisa HASE's Anwältin, zumindest die Beweisfotos seines zweiten Untersuchungstermins zur Gerichtsakte zu geben, kam der Gutachter insoweit nach, dass er daraufhin an das Gericht schrieb und 19 Diapositive im Original beifügte, wie er behauptete. Merkwürdig nur: Als Lisa HASE sie einsehen wollte, waren sie ebenfalls nicht in der Akte.

Sieben Jahre später wird der Vorsitzende Richter am Landgericht Göttingen, David KÜTTLER, mitteilen, er gehe davon aus, dass sie vor Gericht verloren gegangen sind. So wie die ersten Fotoaufnahmen. Göttinger Landgericht eben.

So ging es hin & her, über mehrere Jahre. Die Beweisfotos aus beiden Untersuchungsterminen bleiben bis heute verschwunden. Offenbar Standard am Landgericht Göttingen.

Gutachter Nummero 2

In einem weiteren Beweissicherungsverfahren kam Gutachter Nummero 2 zum Einsatz. Seine Einschätzung über die Risiken von Schienentherapien lautet:

"Wegen der vielschichtigen Ursachen von Funktionsstörungen ist die Misserfolgsrate bei Schienenbehandlungen besonders hoch."

Wenig später vor Gericht über solche Aufbissschienen befragt, (be)urteilt er (ein wenig anders):

"Es ist wissenschaftlich abgesichert, dass eine Schienentherapie von Erfolg gekrönt ist“.

Kosten dieses Gutachtens für Lisa HASE: knapp 3.000 Euro. Hilfreich ist es nicht.

Ergebnis für HASE und ihre Anwältin auch hier: Jahrelange Fleißarbeit und lange Schriftsätze, in denen sie versuchen müssen, den Spekulationen und Behauptungen auch dieses Gutachters die Glaubwürdigkeit zu entziehen. Gutachten in Gestalt von 'Schlechtachten' oder gar Falschgutachten erzeugen nicht nur überflüssige Kosten. Sie vereiteln die Beweisführung eines Klägers vor allem auch deshalb, weil es viel Zeit und einen gigantischen Arbeitsaufwand bedeutet, diese wieder vom Tisch zu bekommen. Und kaum ein Anwalt bereit ist, einen solchen Aufwand zu leisten. Und meistens gelingt es trotzdem nicht. Ein grundsätzliches, sprich strukturelles Problem.

Soweit zur bisherigen Gutachter-Vorgeschichte. Nun kommt ein neuer auf den Plan:

Neu: Gutachter Nummero 3

Obwohl jetzt - wir reden inzwischen vom Frühjahr 2012, also vom vierten bzw. achten Jahr der Gerichtsverfahren -

  • 2 Gutachten und fünf Ergänzungsgutachten auf dem Tisch liegen, die von Lisa HASE als widersprüchlich und t.w. falsch gerügt wurden
  • dazu insgesamt 9 Patientenakten, an denen ganz offensichtlich teilweise 'gefingert' wurde,
  • und große Teile des Behandlungs- und Krankheitsgeschehens ungeklärt und deshalb streitig sind,

beauftragen die Richter einen neuen Sachverständigen, Gutachter Nummero 3: Prof. Dr. med. dent. Manfred G. LUTHARDT vom Uniklinikum in Ulm. Der soll jetzt die von Lisa HASE gerügten Behandlungen bewerten. Und sich aus den gesamten Akten - bisher runde 1.800 Blatt Gerichtsakten + 2 Bände Patientenakten - das heraussuchen, was er zur Grundlage seiner Wertung machen möchte. Bzw. was er übersehen möchte und wozu er sich möglicherweise nicht äußern will. Aus welchen Gründen auch immer.

Eine Bewertung also nicht aufgrund realer "Tatsachen" und Behandlungsabläufe, denn die sind ja noch gar nicht geklärt.

Was das bedeutet, erklären wir im nachfolgenden Abschnitt:

Kleiner Exkurs: Tatsachen und "Anschlusstatsachen"

Benötigen Richter Hilfe von Gutachtern in Bezug auf die Bewertung von Sachverhalten, die sie selbst nicht einschätzen können, so müssen sie dem Sachverständigen genau vorgeben, von welcher Tatsachengrundlage er ausgehen soll: die sog. Anschluss- bzw. Anknüpfungstatsachen. Sind diese strittig, so müssen die Richter nach § 404a, Absatz 3 der Zivilprozessordnung die strittigen Tatsachen erst im Beweisverfahren klären, bevor sie die "Anknüpfungstatsachen" einem Gutachter zur Bewertung überlassen. Erst dann kann ja der Gutachter wissen, welchen Sachverhalt er unter einer spezifischen Fragestellung, die ihm das Gericht vorgibt, prüfen bzw. bewerten soll.

Nur bei sehr einfachen, nachträglich nicht mehr aufklärbaren Fällen, bei der man aber die allgemeine Lebenserfahrung zu Hilfe nehmen kann, kommt eine sogenannte "alternative" Begutachtung in diversen Varianten in Betracht. Beispiel Autounfall: 'Wenn die Handbremse angezogen war und dies als Tatsache feststeht, dann gilt folgendes:… . War die Handbremse hingegen nicht angezogen, dann folgt daraus, dass ...

In einem Fall, in dem viele Tatsachen zweifelhaft bzw. strittig und diese auch noch kompliziert sind, geht das nicht. Die Richter müssen erst Beweis erheben, von welchem Sachverhalt der Gutachter auszugehen hat. Erst recht, wenn einige der Beweisstücke - weil offenbar 'manipuliert' -  von einer Partei, in diesem Fall Lisa HASE, begründet angezweifelt und bestritten werden. Konkret: Die Göttinger Landrichter müssten - eigentlich - genau diese Dinge vor Einschaltung eines Gutachters klären. Und die dann im Rahmen eines Beweises rekonstruierten Tatsachen als "Anknüpfungstatsachen" dem Gutachter vorgeben. So steht es in der gesetzlich kodifizierten Zivilprozessordnung (ZPO).

"Anschlusstatsachen" im Göttinger Landgericht

Die Richter am Landgericht Göttingen haben allerdings eine andere Meinung zu der gesetzlichen Vorgabe des § 404a, Abs.3 der ZPO. Der Vorsitzende Richter Gerhard von HUGO war - kurz bevor er als "Direktor" ans AG Duderstadt wechselte - dieser Ansicht:

Wir haben in der Vergangenheit in Arzthaftungssachen – und auch, wenn die Möglichkeit der Veränderung von Behandlungsunterlagen im Raum stand – regelmäßig zunächst ein Sachverständigengutachten eingeholt. In den wenigen Fällen, in denen wir davon abgewichen sind und zunächst eine Beweisaufnahme durchgeführt haben, waren wir hinterher immer der Überzeugung, dass auch in diesen Fällen die vorherige Einholung des Gutachtens besser gewesen wäre.“  

Sein neuer Beisitzer, Richter David KÜTTLER, der erst seit wenigen Monaten in dieser Funktion ist und seine Karriere noch vor sich hat, pflichtete seinem 'Großen Vorsitzenden' uneingeschränkt bei:

„Es entspricht der bewährten Vorgehensweise der Kammer, zunächst auf der Grundlage der … beigezogenen ärztlichen Behandlungsunterlagen ein schriftliches Sachverständigengutachten einzuholen, nicht zuletzt auch deshalb, weil oft erst hierdurch deutlich wird, welche streitigen tatsächlichen Umstände überhaupt entscheidungsrelevant sind. .. Aus meiner freilich weniger langen Erfahrung in der Kammer für Arzthaftungssachen kann ich den Ausführungen des bisherigen Kammervorsitzenden, Herr Dir. AG von HUGO, nur beitreten, dass das umgekehrte Vorgehen, wie es die Klägerin nachdrücklich einfordert und wie es die Kammer in Einzelfällen tatsächlich praktiziert hat, jeweils als unpraktikabel und kaum zielführend erwiesen hat.“

Bedeutet: Hier soll es anders funktionieren als in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Zivilprozessordnung vorgesehen.

Dass es in der juristischen Fachliteratur anders diskutiert wird, weil ein "Gutachten auf unvollständiger Tatsachengrundlage, bei dem vielleicht fehlende Sachverhaltsteile noch durch Vermutungen ersetzt werden" häufig "die Aufklärungsmöglichkeit des Falles endgültig zerstört, weil es meist im Gerichtsverfahren kaum mehr möglich ist, diese 'Vermutungsbrücken' wieder zu eliminieren und vor die 'Vermutung' zurückzugelangen", wie die ehemalige Vorsitzende Richterin am OLG Köln, Pia RUMLER-DETZEL, zu Papier gebracht hat, stört die Göttinger Landrichter Gerhard von HUGO und David KÜTTLER nicht.

Können sie ihre abweichende Auffassung näher begründen, fragen wir die Richter? Konkret: Warum genau halten sie es für "unpraktikabel und kaum zielführend", sich an die Vorschriften des § 404a Abs. 3 ZPO zu halten? Haben sie ihre Sicht der Dinge ebenfalls im Rahmen einer Veröffentlichung der Fachwelt zur Diskussion gestellt? Und wie ist diese Diskussion dann verlaufen? Mit welchem Ergebnis? Und vertreten sie noch heute diese Meinung?

Die Richter sehen sich nicht bemüßigt, uns diese Fragen zu beantworten. Sie agieren quasi in einem rechtsfreien Raum und wissen, dass ihnen 'niemand kann'. Das Agieren außerhalb der Zivilprozessordnung gehört bei den Richtern Gerhard von HUGO und David KÜTTLER ganz offenbar zur richterlichen Unabhängigkeit.

Richterliche Willkür? Oder gar "Rechtsbeugung"?

September 2012 bis Juni 2013

100 Stunden für 18.000 Euro

Bevor ein Gutachter anfängt zu arbeiten, will die Honorierung geklärt sein. Prof. LUTHARDT schätzt seinen Arbeitsaufwand im Verfahren Nr. 1 gegen die Zahnklinik u.a. auf rund 100 Stunden. Und er möchte dafür einen Stundensatz von 115 € haben. Zuzüglich eines 30% pauschalen Nutzungsentgeltes, das er seiner Universitätsverwaltung abgeben muss, weil er ja für seine Nebenverdienste die Infrastruktur der Uni nutzt. Letzteres ist gängige Praxis. Laut Gerichtskostengesetz stehen ihm (seinerzeit) nur 85.- € pro Stunde zu. Und kein Nutzungsentgelt.

100 Arbeitsstunden bedeuten 2 1/2 Wochen ununterbrochenen Arbeitens, wenn man eine 40-Stundenwoche zu Grunde legt. Das ist so viel, dass selbst der Anwalt der von Lisa HASE verklagten Zahnklinik der Meinung ist, dass 100 Stunden "nicht annähernd notwendig sein" dürften.

Zu dieser Zeit

Befangenheitsantrag Nr. 2

Handeln gegen den § 404a, Absatz 3 der Zivilprozessordnung (ZPO), also die Auftragserteilung an einen Gutachter, bevor die "Anschlusstatsachen" geklärt sind, ist eine klare Missachtung des Gesetzes. Es ist Richteraufgabe, die Beweismittel und die Beweislage zu klären bzw. Tatsachen festzustellen. Ein Gutachter darf das nicht. Wenn er aber das tatsächliche Krankheits- und Behandlungsgeschehen nicht kennt, kann er es nicht werten. Er kann nur Vermutungen anstellen. Oder würfeln. Oder nach Sympathie und Interessen entscheiden. Die Gefahr eines überflüssigen oder unbrauchbaren Gutachtens liegt auf der Hand. Konkret: die Gefahr, dass die Vermutungen des Gutachters, also die "Vermutungsbrücken", eine Aufklärung dauerhaft unmöglich macht, wie das die ehemalige OLG-Richterin RUMLER-DETZEL formuliert hatte.

Zur Erinnerung: Lisa HASE hat bereits Erfahrungen mit Gutachten, denen falsche Anschlusstatsachen zu Grunde liegen. Der Sachverständige Nr. 1 war von der (Anschluss)Tatsache ausgegangen, dass die Aufbissschiene der UMG vor seiner Untersuchung der Schiene von den Zahnärzten X,Y und Z verändert worden war, folglich nicht mehr im Originalzustand vorlag. Tatsächlich sind die von ihm festgestellten Bissfehler auf der Schiene aber der UMG zuzurechnen. Richter und Gutachter hätten das einfach feststellen können: mittels zur-Kenntnis-nehmen der Hinweise von HASE's Anwältin. Jetzt lässt sich das nicht mehr wegdiskutieren. Und die Richter werden es - eines Tages - zur Grundlage ihrer Entscheidung heranziehen - deutsche Rechtsphilosophie. Insbesondere am Göttinger Landgericht. Soweit die kleine Rückblende.

Weil sich die Richter weigern, erstens Lisa HASE's Hinweise in Sachen Gutachter Nr. 1 zur Kenntnis zu nehmen, und sich jetzt, zweitens, beim dritten Gutachtenauftrag weigern, zuvor Beweis über die "Anschlusstatsachen" zu erheben, keimt in Lisa HASE die Besorgnis auf, die Richter könnten befangen sein, sprich nicht unvoreingenommen. Lisa HASE stellt daher einen neuen Befangenheitsantrag.

Was nach § 42 der ZPO berechtigte Gründe für eine "Besorgnis der Befangenheit" sind und was nicht, entscheiden - natürlich - wiederum Richter, die sich über "Kameraderie" mit ihren Kollegen:innen verbunden fühlen, wie der ehemalige OLG-Richter Egon SCHNEIDER in seinem Standardwerk "Befangenheitsablehnung im Zivilprozess" erläutert hat, sicherlich aus eigener Erfahrung.

Wie nicht anders zu erwarten, lehnen die Kammerkolleg:innen die Befangenheit ihrer juristischen "Kameraden" ab: Sie können und/oder wollen keine Gründe für eine potenzielle Besorgnis von Lisa HASE erkennen, dass ihre Richter unvoreingenommen und/oder parteiisch agieren würden:

„Die abgelehnten Richter haben mit der Beschlussfassung nicht zum Ausdruck gebracht, dass dem Sachverständigen entgegen § 404a Abs. 3 ZPO die Aufklärung der Anschlusstatsachen überlassen werden soll. Vielmehr haben die abgelehnten Richter die Entscheidung getroffen, vor einer Klärung der streitigen tatsächlichen Umstände, zunächst auf der Grundlage der beigezogenen ärztlichen Behandlungsunterlagen das Gutachten einzuholen. Dies gibt insbesondere unter Berücksichtigung der seitens der abgelehnten Richter hierfür angegebenen Gründe keinen Anlass, die Besorgnis derselben zu begründen. Denn ausweislich der Angaben in den dienstlichen Stellungnahmen erfolgte dies, um hierdurch einerseits eine Klärung darüber herbeizuführen, welche streitigen Tatsachen überhaupt entscheidungsrelevant sind. Zudem erschien dies auf der Grundlage der Erfahrungen der abgelehnten Richter in Arzthaftungssachen effektiver, da sich ein umgekehrtes Vorgehen in der Praxis der Kammer als unpraktikabel und kaum zielführend erwiesen habe.“

Wir haben Richterin Carolin SCHNEIDEWIND gefragt, was sie von der Einschätzung hält, dass ein Vorgehen nach § 404 a Abs. 3 der ZPO als "unpraktikabel und kaum zielführend" anzusehen ist. Ihre Antwort wäre besonders aufschlussreich:

Sie war nämlich zuvor Richterin im regulären Verfahren von Lisa HASE und hat den Beweis- und Hinweisbeschluss aus dem Jahr 2012 mitgetragen, nach dem der § 404 a Abs.3 außer Acht gelassen werden soll. Jetzt muss(te) sie - als Kontrollinstanz sozusagen - darüber entscheiden, ob ihr eigenes Vorgehen dabei die begründete Besorgnis der Befangenheit auslösen konnte.

Eigentlich ein Interessenskonflikt erster Güte. Wir fragen sie deshalb auch danach: Sieht sie einen solchen Interessenskonflikt? Und wenn ja, hätte sie sich dann nicht selbst als 'befangen' erklären müssen? Oder anders gefragt: Ist es am Göttinger Landgericht üblich, dass Richter, die über die "Besorgnis der Befangenheit" von Kolleg:innen entscheiden sollen, selbst Mitglied eben jener Richterbesetzung sind, egal ob vorher oder wieder nachher - über die es zu entscheiden gilt?

Aber RiinLG Carolin SCHNEIDEWIND, die inzwischen zur Richterin am Oberlandesgericht (RiinOLG) aufgestiegen und dort jetzt für "Bausachen" zuständig ist, antwortet nicht.

Befangenheitsantrag Nr. 3

Jetzt hat die Besetzung der Kammer gewechselt. Der ehemalige Beisitzer David KÜTTLER, der vor kurzem erst seinem 'Großen Vorsitzenden' Gerhard von HUGO, so bedingungslos beigepflichtet hat, als es um die Frage ging, ob man auch ganz anders mit dem § 404a verfahren könne als vom Gesetzgeber vorgesehen, rückt zum Vorsitzenden der Kammer auf, die über Lisa HASE's Klagen zu befinden hat. Auch die neue Kammerbesetzung hält daran fest, Gutachten auf streitiger Tatsachengrundlage in Auftrag zu geben. Und sie sattelt sogar noch oben drauf: ergänzt den bisherigen Auftrag um einen Zusatzauftrag, von dem gleich die Rede sein wird:

Da die Authentizität und inhaltliche Richtigkeit verschiedener Behandlungsunterlagen im Streit ist, soll er insbesondere auch prüfen, inwiefern die in den verschiedenen Unterlagen in der Gesamtschau dokumentierten Behandlungsabläufe [Hervh. d.d. Red.] aus medizinischer Sicht nachvollziehbar und folgerichtig sind bzw. inwiefern sich hierzu Ungereimtheiten bzw. Widersprüche ergeben.“

Die angeforderte "Gesamtschau" findet sich in inzwischen ca 2.100 Seiten Gerichtsakten mit 2 Bänden Patientenakten eines Zeitraums von 25 Jahren. Dieser Zusatzauftrag nimmt daher Lisa HASE nicht ihre Besorgnis, dass diese Richter die Beweisführung durch ein weiteres unbrauchbares Gutachten erschweren wollen. Sie lehnt deshalb auch die neue Besetzung der Kammer ab. Begründung:

  • Eine medizinische 'Plausibilitätsprüfung' von offensichtlich nachträglich 'gefingerten' Behandlungsunterlagen in einer "Gesamtschau" wie die Richter das nennen, sei nicht geeignet, die Klärung der streitigen Anschlusstatsachen vor der Begutachtung zu ersetzen. Sie könne bestenfalls Erkenntnis darüber bringen, ob 'plausibel' manipuliert wurde oder nicht.
  • Außerdem vervielfache eine solche nutzlose Begutachtung den Streitstoff. Anstatt ihn zu reduzieren.

Absicht? Um das Verfahren weiter zu verkomplizieren? Und was kann wohl mit "in einer Gesamtschau" gemeint sein, wenn es um einzelne streitige Unterlagen geht, die sich in einem dicken Aktenberg befinden? Soll der Gutachter selbst entscheiden, welche Unterlagen er "in einer Gesamtschau" berücksichtigen möchte (und welche lieber nicht, aus welchen Gründen auch immer)? Können sie dazu eine konkrete Begründung ausführen?

Das haben wird Richter David KÜTTLER und seine Beisitzerin Carolin SCHNEIDEWIND gefragt. Keine Antwort(en).

Nebenbei, die beisitzende Richterin Carolin SCHNEIDEWIND, die über den Befangenheitsantrag Nr. 2 als "Kammervertreterin" mit entschieden hatte, hat jetzt wieder die Rolle der zuständigen bzw. "gesetzlichen Richterin" in Lisa HASE's Verfahren eingenommen. Ein solches Richter-"Hopping" ist ganz offenbar Standard am Göttinger Landgericht. 

Natürlich wird auch Befangenheitsantrag Nr. 3 von den "Kameraden" abgeschmettert. Im andersartigen Vorgehen als § 404a sehen die Kammervertreter keinen "durchgreifenden Ablehnungsgrund". Und zur Logik und Sinnhaftigkeit des neuen Zusatzauftrags schreiben sie am 17. Juni 2013:

"Die Klägerin führt hier an, dieser Auftrag verstoße gegen Denkgesetze, da, wenn feststehe, dass eine vom Behandler vorgelegte Behandlungsunterlage nicht im Originalzustand vorliege, sondern nachträglich erstellt worden sei, dann gehe die Beauftragung, diese Unterlagen auf Plausibilität und Widerspruchsfreiheit zu prüfen, am Kern der Sachverhaltsfeststellung vorbei und liefe nur auf die Prüfung hinaus, ob eine geschickte oder ungeschickte Fälschung vorläge.

Es kann dahinstehen, ob tatsächlich der gerügte Verstoß gegen Denkgesetze vorliegt, denn auch ein solcher begründet grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (Zöller/Vollkommer in ZPO, 27.A., § 42, Rn. 28). Der Auftrag ist auch nicht grob verfahrensfehlerhaft oder inhaltlich weit von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt. Vielmehr wird durch diesen Auftrag deutlich, dass die abgelehnten Richter den Vorwurf der Klägerin der Manipulation der Behandlungsunterlagen erst nehmen."

So glauben es die Kammervertreter am Landgericht Göttingen. Zumindest steht es so in ihrer Begründung vom Juni 2013.

Lisa HASE legt gegen diesen Beschluss sofort Beschwerde ein: in der nächst höheren Instanz,dem OLG Braunschweig.

April 2014

Die Richterkollegen/Richterkameraden am Oberlandesgericht Braunschweig lassen sich Zeit: fast ein ganzes Jahr.

Zeitschinden ist ein probates Mittel, um Verfahren in die Länge zu ziehen. Ganz generell. Und effektiv.

Die OLG-Richter unter ihrem Präsidenten Karl-Helge HUPKA, nebenbei "Honorarprofessor" an der Uni Hildesheim, halten Lisa HASE's Beschwerde für "unbegründet". Argument: Die Kollegen am Landgericht Göttingen hätten ja nur ein "Vorgutachten" in Auftrag gegeben.

Ein "Vorgutachten" für 18.000 Euro?

Zur Erinnerung: Honorarprofessor Karl-Helge HUPKA hatte bereits drei Jahre zuvor mit Lisa HASE zu tun. Unter seinem Regiment hatte seine Kammer ihre Beschwerde über den abgelehnten Befangenheitsantrag (Überprüfung ihrer "Prozessfähigkeit" durch das LG Göttingen) zurückgewiesen. Und dabei die Ansicht geäußert: "Weder Verfahrensverstöße noch sonstige Rechtsfehler eines Richters sind für sich betrachtet ein Ablehnungsgrund." Ganz offenbar die Rechtsphilosophie am OLG Braunschweig. Und die ihres Honorarprofessors Karl-Helge HUPKA.

Lisa HASE ist - zunächst - sprachlos. Ist dies der deutsche "Rechtsstaat"? Handeln gegen das Gesetz (§ 404a ZPO)? Und wenn es ein richterlicher "Rechtsfehler"  wäre: Ist dies dann kein Grund für eine "Besorgnis der Befangenheit", wenn dadurch ihre Beweisführung (die bisher ja noch nicht einmal stattgefunden hat) unmöglich gemacht wird?

Lisa HASE will das klären lassen und reicht beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde ein. Sie wird ein halbes Jahr später ohne jegliche Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.

danach

Gutachter Nummero 3: "konterkarierend"

Währenddessen meldet sich Prof. LUTHARD aus Ulm beim (neuen) Vorsitzenden Richter David KÜTTLER: Der Begutachtungsauftrag zu den von Lisa HASE "behaupteten Behandlungsfehlern" sei nachvollziehbar. "Allerdings", so schreibt LUTHARDT weiter, "wird diese Zielsetzung durch den Beweisbeschluss vom 30.8.2012 konterkariert", da er in diesem zu einer "differenzierten Wertung hinsichtlich des Vorliegens von Behandlungsfehlern bzw. groben Behandlungsfehlern" beauftragt sei.

"Konterkarierend" meint, krass ausgedrückt: geht eigentlich nicht.

  • Konkret haben die Richter David KÜTTLER und Kolleg:innen (RiinLG SCHNEIDEWIND, RiLG THIELBEER) dem dritten Gutachter aufgegeben, er solle zunächst "behauptete Behandlungsfehler" ausfindig machen. Und dabei - so offensichtlich die Intention - selbst entscheiden, von welchen "Tatsachen" - bzw. "Anschluss-Tatsachen" er ausgehen möchte, sprich: welche der streitigen Behandlungsunterlagen, Beweismittel und Behandlungsschilderungen der Parteien er als "wahr" ansehen und seiner Bewertung zugrunde legen möchte. Und welche er nicht in Betracht ziehen will.
  • "Soweit danach vom Vorliegen von Fehlern auszugehen ist, werden ein oder mehrere Gutachten zum Ausmaß der Schadensfolgen und deren (Mit-)Verursachung durch die Behandlungsfehler einzuholen sein", kündigen die Richter an.
  • Die - dann fertigen - Gutachten sollen - nach der erklärten Absicht des Vorsitzenden Richters David KÜTTLER - dem Zweck dienen, auf für ihn praktikable Weise erkennbar zu machen, welche der streitigen "Tatsachen" entscheidungserheblich sind. Und ggfs. weiterer Aufklärung durch das Gericht bedürfen. Beispielsweise durch Zeugenbefragungen.
    Und dann erst, wenn also die - für Richter KÜTTLER - entscheidungserheblichen Dinge geklärt sind, erst dann soll/kann das eigentliche Gutachten in Auftrag gegeben werden. In dem kann dann bewertet werden, ob Behandlungsfehler gemacht wurden.
    All das wird dauern, dauern, dauern.
  • Doch nicht nur das. Die Richter satteln noch obendrauf: Nun soll sich der Gutachter bereits im "Vorgutachten" dazu äußern, ob hier und da ggfs. ein "grober" Behandlungsfehler vorliegt.
    "Grobe Behandlungsfehler" sind nach der laufenden Rechtsprechung bei Arzthaftungsprozessen durch eine Besonderheit gekennzeichnet: In einem solchen Fall muss der verklagte (Zahn)Arzt nachweisen, dass der Fehler keinen Folgeschaden verursacht hat; es tritt also der seltene Fall einer Beweislast-Umkehr ein.
  • Alle Beteiligten wissen: Attestiert  er einen "groben Behandlungsfehler", haftet in der Regel der Arzt und muss zahlen. Wenn nicht: Pech für den Kläger. Er bekommt nichts, hat ggfs. den Schaden und muss alle Kosten tragen: Gutachten, Gerichtskosten, Anwälte.
  • Ein Gutachter weiß aber auch, dass sich die haftende Partei kaum damit abfinden wird. Und es in der Regel zu einer mündlichen Verhandlung kommt, wo der Gutachter dann alles erklären und sich mit den absehbaren Einwendungen auseinandersetzen muss - ein Rattenschwanz an zusätzlicher Arbeit.
    Abgesehen davon: Das "Ausmaß der Schadensfolgen und deren (Mit-)Verursachung durch die Behandlungsfehler" soll ja aber erst in weiteren Gutachten abgeklärt werden, wie Richter David KÜTTLER angesagt hat.
  • Ein totaler Widerspruch. Abgesehen davon, dass er den Vorgaben des § 404a der ZPO widerspricht.

Prof. LUTHARDT macht die Richter noch auf einen weiteren Umstand aufmerksam: Dass dieser Zusatzauftrag zu einer Plausibilitätsprüfung in einer "Gesamtschau" eine "lückenlose Gesamtrekonstruktion des Behandlungsablaufs differenziert nach Behandlern, Behandlungszeitpunkten und Behandlungsorten" erforderlich mache. Die Unterlagen, die die Göttinger Landrichter dem Gutachter Nr. 3 zugeschickt haben, reichen bis ins Jahr 1988 zurück. Umfassen also einen Zeitraum von 25 Jahren.

Dies alles sei "im Grundsatz leistbar", aber eben mit erheblichen Zeitaufwand und damit erheblichen Kosten verbunden. LUTHARDT will daher wissen, ob er für seine - bisher geschätzten - 100 Stunden auch den von ihm geforderten Kostensatz inklusive des 30%-prozentigen Nutzungsentgelts bekäme?

100 Stunden, allein für das Verfahren gegen die Zahnklinik der UMG u.a.. Und er lässt offen, ob die 100 Stunden (nur) für die Plausibilitätsprüfung ("Gesamtschau") sein sollen und/oder für das gesamte Gutachten.

Richter David KÜTTLER: Er solle sich mal keine Gedanken machen. "Nicht zuletzt bezweckt die Kammer hiermit auch, für den Fall, dass Behandlungsfehler festzustellen sind und deshalb eine Haftung dem Grunde nach in Betracht kommt, allen Beteiligten eine Abschätzung der weiteren Prozessrisiken zu ermöglichen. (...). Dass Ihnen entsprechend dem tatsächlichen, voraussichtlich erheblichen Aufwand Vergütungsansprüche (...) zustehen, müssen alle Beteiligten hinnehmen.“

Wir haben Richter David KÜTTLER gebeten, uns diese juristische Logik bzw. reale Sinnhaftigkeit der beiden Gutachtenaufträge - aus unserer Sicht: Widersprüchlichkeit bzw. in den Worten des Gutachters "Konterkarierung" - zu erläutern. Dies ist David KÜTTLER's Erklärung: Er gibt uns keine.

Und wir haben den Gutachter Prof. Dr. dent. Ralph LUTHARDT gebeten, uns zu erklären, worin die - seiner Meinung nach - "Konterkarierung" besteht. Seine Antwort dokumentieren wir im letzten Teil der Chronologie IV: Fakten ignorieren, Tatsachen erfinden, Verfahren verschleppen: Fehlerkultur und richterliche Unabhängigkeit am Landgericht Göttingen, ganz am Ende, wenn wir den -  vorläufigen - Showdown beschreiben.

Herbst 2014

Dem lockeren Umgang des Richters KÜTTLER mit den Kosten bzw. dem Geld anderer Leute ("other people's money") will Lisa HASE's Anwältin Einhalt gebieten.

  • Sie weist ihn darauf hin, dass es für den Gutachter objektiv unmöglich sei, auch den Zusatzauftrag zur Plausibilitätsprüfung, der ja in den Worten des Gutachters selbst eine "lückenlosen Gesamtrekonstruktion des Behandlungsablaufs differenziert nach Behandlern, Behandlungszeitpunkten und Behandlungsorten" erforderlich macht, im Rahmen von 100 Stunden zu erledigen. Sie bittet um Veranschlagung der Kosten des  gesamten Gutachtens.
  • Außerdem erinnert sie Richter KÜTTLER daran, dass es für die Forderung des Gutachters nach einem zusätzlichen Nutzungsentgelt von 30% keine gesetzliche Grundlage gibt. Und dass es dafür zwei aktuelle und eindeutige OLG-Urteile gibt.

Richter David KÜTTLER indes weiß alles besser. Er schreibt an

  • an Prof. LUTHARDT, dass wohl alles mit 100 Stunden möglich sei,
  • und an HASE's Anwältin, dass es nach einem anderen (Uralt)Urteil rechtlich sehr wohl möglich sei, dem Gutachter ein Nutzungsentgelt zu erstatten. Aus Lisa HASE's Tasche natürlich.

Gutachter LUTHARDT kommt mit diesem Vorschlag rüber: Er würde jetzt einfach mal 100 Stunden arbeiten und dann sehen, wie weit er gekommen wäre und ob er dann einen Nachschlag bräuchte. "Sachgerecht" meint David KÜTTLER.

Und wieder muss Lisa HASE's Anwältin widersprechen:

  • Es würde bedeuten, dass absehbar nach 100 Stunden ein "halb fertiges Gutachten" vorliegt (genau genommen ja erst ein "Vorgutachten", wie das der Braunschweiger OLG-Honorarprofessor Karl-Helge HUPKA bezeichnet hatte)
  • und dass Lisa HASE dann vor vollendete Tatsachen gestellt wird, indem sie den bis dahin geleisteten Vorschuss von 14.000 Euro entweder in den Wind schreiben oder weitere Kosten "in völlig unbekannter Höhe" berappen muss.
  • Und sie gibt David KÜTTLER juristische Nachhilfe, indem sie dem Kammervorsitzenden aus einem der aktuellen OLG-Urteile in Sachen Nutzungsentgelt zitiert, dass sich die Rechtsprechung dazu längst geändert habe.

Richter KÜTTLER sowie seine beiden juristischen "Kameradinnen" (RiinLG Dr. JANSSEN-ISCHEBECK und RiinLG Dr. SCHÄPER) wissen (natürlich) weiterhin alles besser. Sie ignorieren auch diese Hinweise - richterliche Unabhängigkeit!

Richter David KÜTTLER bleibt stur. Und schickt alle Akten an den Gutachter. Richterliche Ignoranz ist hierzulande eben auch von "richterlicher Unabhängigkeit" abgedeckt. Oder aber es handelt sich um richterliche Willkür - dann, wenn es gezielte Strategie sein sollte.

November 2014

HASE stellt eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen alle Richter, die am Beschluss ihrer psychiatrischen Begutachtung mitgewirkt haben: gegen den heutigen Direktor des Amtsgerichts Duderstadt, Gerhard von HUGO, gegen die Richter Frank AMTHAUER und Richterin Doreen APORIUS sowie gegen die Kammervertreter: VorsRiLG Dr. WINTGEN, Riin DR. WEINREICH und RiinLG AHRENS. Und gegen den Präsidenten des OLG, "Prof." Karl-Helge HUPKA und seine Beisitzer RiOLG GROß und RiOLG BRANDT. Adressat der Dienstaufsichtsbeschwerde: Justizministerin Antje NIEWISCH-LENNARTZ (GRÜNE).

Außerdem setzt Lisa HASE eine Petition an den niedersächsischen Landtag in Hannover auf. Sie rügt den willkürlichen Beschluss ihrer ursprünglich geplanten psychiatrischen Begutachtung. Vor allem bittet sie um "Sicherstellung einer geordneten Rechtspflege im OLG-Bezirk Braunschweig". Der potenzielle Straftatbestand "Rechtsbeugung" n. § 339 StGB verjährt in Kürze (nach 5 Jahren).

Urplötzlich scheint Richter David KÜTTLER - nach außen hin - ein Einsehen zu haben. Er bittet den Gutachter, die Akten wieder zurück zu schicken. Und er teilt mit, die Kammer werde ihre Vorgehensweise überprüfen. Er gibt sich damit den Anschein, er habe Lisa HASE "rechtliches Gehör" gewährt. Tatsächlich ist es das Justizministerium, das sich die Akten anschauen möchte.

Im neuen Jahr 2015

Lisa HASE's Dienstaufsichtsbeschwerde gegen alle Richter, die mit den Beschlüssen zu ihrer psychiatrischen Überprüfung befasst waren, also ihre drei "gesetzlichen Richter" am LG Göttingen sowie deren Kammervertreter (Befangenheitsantrag) sowie die Richter am OLG Braunschweig, die ihre Beschwerde abgewimmelt haben, nimmt den üblichen Lauf in der öffentlichen Verwaltung.

Das niedersächsische Justizministerium leitet diese weiter an die zuständigen Gerichtspräsidenten und bittet um Stellungnahme. OLG-Präsident Karl-Helge HUPKA äußert sich zu HASE’s Kritik an der Entscheidung seiner Kammer, ihre Beschwerde für unbegründet und ihre psychiatrische Begutachtung für Recht zu erklären. Er prüft sozusagen die Zulässigkeit und Notwendigkeit dienstaufsichtsrechtlicher Maßnahmen gegen sich selbst und seine Kammerkollegen. Er schreibt (urteilt):

"dass die richterliche Rechtsfindung einschließlich der ihr auch nur mittelbar dienenden, sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden Sach- und Verfahrensentscheidungen der Einflussnahme durch die Dienstaufsicht entzogen sind."

Um "Einflussnahme" war es Lisa HASE überhaupt nicht gegangen. Sie wollte eine nachträgliche Prüfung der rechtskräftig gewordenen Beschlüsse der (psychiatrischen) Begutachtung ihrer Prozessfähigkeit initiieren, die die Richter dann nach 3 Jahren zurücknehmen mussten, weil Lisa HASE clever war.

Rechtskräftig gewordene Entscheidungen sind nämlich einer Dienstaufsicht nicht immer entzogen.

Und weiter schreibt der präsidiale Richter:

"Im Rahmen der Dienstaufsicht ist daher nichts zu veranlassen. lm Übrigen wird auf die Ausführungen in den vorgenannten Beschlüssen verwiesen."

Wir fragen Karl-Helge HUPKA,

  1. ob er damit meint, dass alles bereits in den jeweiligen Beschlüssen gesagt bzw. geschrieben sei?
  2. Und dass man deswegen Kritik nicht ernst nehmen und sich schon gar nicht damit auseinandersetzen müsse?
  3. Und ob es üblich sei, dass Richter, wenn es um eine nachträgliche Überprüfung richterlicher Entscheidungen gehe, diese immer gleich selbst vornehmen? Also ob er überhaupt einen Interessenskonflikt zu erkennen vermag, wenn er selbst über etwaige dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen sich entscheidet?

Dies ist die Antwort von Karl-Helge HUPKA: Der "Honorarprofessor" antwortet nicht.

Und so wird es weitergehen: Da die Dienstaufsichtsbeschwerde Gegenstand der Petition von Lisa HASE an den Landtag ist, antwortet das Justizministerium, dass man von einer "gesonderten Beantwortung" absehe. Sie bekäme ja schließlich Antwort vom Petitionsausschuss. Das wird nach 3 (in Worten: drei) Jahren der Fall sein:

Der Landtag sieht zu der in der Eingabe zum Ausdruck gebrachten Besorgnis einer unzureichenden Dienstaufsicht und einer nur unzureichend funktionierenden Rechtspflege keinen Anlass.“

Mai 2015

Lisa HASE's Dienstaufsichtsbeschwerde hat offenbar zumindest den Effekt, dass Richter David KÜTTLER ein weiteres Mal urplötzlich von einem Einsehen überfallen wird: Er teilt den Prozessparteien mit, dass seine bisher stur vertretene Ansicht in Sachen Nutzungsentgelt "nicht weiter aufrecht" gehalten wird. Und zitiert aus just jener OLG-Entscheidung, auf die ihn Lisa HASE's Anwältin bereits vor 7 (in Worten: sieben) Monaten aufmerksam gemacht hatte.

Juni 2015

Befangenheitsantrag Nr. 4

Weil weiterhin ganz offenbar der Gutachter entscheiden soll, was er als 'wahr' ansehen und werten möchte, die Kosten absehbar ins Uferlose laufen und das gesamte Vorgehen nach Maßgabe der Richter unter Missachtung der Zivilprozessordnung ablaufen soll, kommt es zum vierten Befangenheitsantrag. Begründung: Die geplante Vorgehensweise

  • ist gesetzeswidrig
  • führt zu eine Vervielfachung des Streitstoffes
  • und wird die Beweisführung der Klägerin endgültig vereiteln.

Umgekehrt wäre eine Tatsachenklärung (Beweiserhebung) entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auf zeit- und kostensparende Weise möglich.

Natürlich wird auch dieser von Richter KÜTTLER's Kamerad:innen abgeschmettert. Die Begründung wird wie immer gestrickt: Die Kammervertreter isolieren die vorgebrachten Argumente von einander und lehnen alle einzeln als „nicht ausreichend“ ab. Sie unterlassen es, die genannten Gründe für die "Besorgnis" in ihrem Zusammenhang zu werten. Obwohl genau dies aus logischen Gründen notwendig ist und auch von der höchstrichterliche Rechtsprechung gefordert wird. Denn einzelne Gründe, die für sich allein die Besorgnis der Befangenheit möglicherweise nicht hinreichend begründen, können in Zusammenhang mit anderen betrachtet, diese "Besorgnis" durchaus begründen. So haben es beispielsweise schon vor langer Zeit das OLG Schleswig (16 W 126/04) oder das OLG Köln (16 W 46/01) entschieden. Selbst der Standardkommentar "ZÖLLER" schreibt davon.

Aber am Göttinger Landgericht spielt offenbar auch die Rechtsprechung anderer Kolleg:innen an höheren Gerichten keine besondere Rolle. Die Selbstgerechtigkeit der Göttinger Landrichter scheint grenzenlos zu sein.

Herbst 2015

Inzwischen - wir reden jetzt vom 11. Jahr des ersten und 7. Jahr des zweiten Verfahrens - werden erste Medien auf den Fall aufmerksam. Das NDR-Fernsehen ("Hallo Niedersachsen") sendet einen fünfminütigen Beitrag mit dem Titel "Ich war verzweifelt ohne Ende". Im NDR-Hörfunk läuft der Bericht "Richterliche Willkür am Landgericht Göttingen?". Kurz darauf wagt es sogar das "Stadtradio Göttingen" auf Sendung zu gehen: "Vom Gericht mundtot gemacht?"

Zuvor hatten die "Braunschweiger Zeitung" und die "Neue Presse Hannover" über Lisa HASE berichtet.

Lisa HASE's Geschichte ist kurz zuvor im Sommer auf ansTageslicht.de zuallererst online gegangen.

Wie es danach weitergeht

Die mediale Berichterstattung bewirkt zumindest, dass der Vorsitzende Richter einige Monate danach, für Juni 2016, einen allerersten Beweistermin anberaumen wird. In dem allerdings soll es nicht darum gehen, was im Jahr 2004 überhaupt passiert ist und ob die dem Gericht vorgelegten Patientenakten Originale sind oder ob sie neu geschrieben und dabei verändert wurden.

In dem vorgesehenen Zeugentermin soll es ausschließlich darum gehen, ob die Zahnarztpraxis von Dr. dent. Nr. 12 eine "Gemeinschaftspraxis" oder "Scheingemeinschaftspraxis" ist oder war, wie Lisa HASE das erlebt hatte und wie es - für jeden Menschen sichtbar - zur fraglichen Zeit an dem Gebäude zu lesen war. Wie die das (nicht) geklärt wird, dokumentieren wir in Teil IV unserer chronologischen Erzählung: Fakten ignorieren, Tatsachen erfinden, Verfahren verschleppen: Fehlerkultur und richterliche Unabhängigkeit am Landgericht Göttingen.

Nach den (insgeamt 2) Beweisterminen werden die Richter den Gutachterauftrag einschränken:

Der erste Satz unter "1.)" ist besonders relevant. Die Richter weisen den Gutachter darin an, dass er davon auszugehen hat, dass Zahnarzt Dr. dent. Nr. 12 die Behandlung von Lisa HASE im August 2004 beendet hat.

Dass Zahnarzt Dr. dent. Nr. 12 einen Monat später, im September 2004, Lisa HASE schriftlich attestiert  hatte, dass sie bei ihm "in Behandlung" ist, stört die Richter nicht. Darauf gehen wir im nächsten und letzten Teil IV ein.

Durch die Einschränkung des Gutachtenauftrags, stellen die Richter sicher, dass sich der Gutachter nicht zu dem äußern darf, was z.B. im Oktober 2004 in der Praxis von Zahnarzt Dr. dent. Nr. 12 geschehen ist. Lisa HASE hat diese Zeit als "zahnmedizinischen Katastrophenmonat" in Erinnerung.

Der Gutachter wird sich daran halten, weil er muss. Und er darf auch nichts dazu sagen oder schreiben, ob die unterschiedlichen Patientendokumentationen, von denen Lisa HASE annimmt, dass daran nachträglich 'gefingert' wurde, sich widersprechen oder nicht, und ob sich schon daraus Hinweise ergeben, dass es nicht die originalen Patientenakten sein könn(t)en.

Dies ist der Stand der Dinge Ende des Jahres 2015 bzw. Anfang des Jahres 2017.

Fünf Jahre später, Anfang 2022, wird dem Gutachter offenbar die Lust ausgehen. Er teilt dem Gericht mit, dass er nicht vor dem Jahr 2024 dazu kommen wird, mit dem Gutachtenauftrag beginnen zu können.

Anders gesagt: Gutachter Nr. 3 würde dann nach exakt 20 (in Worten: zwanzig) Jahren nach Lisa HASE's erster Klage gegen die universitäre Zahnklinik (u.a.) in Göttingen bzw. 16 Jahre nach ihrer zweiten Klage gegen Zahnarzt Dr. dent. Nr. 12 (u.a.) mit seinem "Vorgutachten" anfangen.

Lisa HASE weiß inzwischen: Mit der Beauftragung von Gutachten können Richter Zeit schinden. Sozusagen endlos. Und ein unliebsames Verfahren ausbremsen. Und die Beweisführung für immer unmöglich machen.

Jedenfalls am Landgericht Göttingen.

Inhaltlich geht es jetzt weiter mit dem letzten Teil IV unserer chronologischen Erzählung: Fakten ignorieren, Tatsachen erfinden, Verfahren verschleppen: Fehlerkultur und richterliche Unabhängigkeit am Landgericht Göttingen. Dort präsentieren wir nochmals die Merkwürdigkeiten und Widersprüche, denen die Richter nicht auf den Grund gehen (wollen). Und wir dokumentieren die Fragen, die wir ihnen dazu gestellt haben.

Außerdem: Wie das Landgericht Göttingen unter seiner Präsidentin Gabriele IMMEN in eine Sackgasse geraten wird. Die 'Chefin', die für die richterliche Kultur in ihrem Haus zuständig ist, wird nämlich ihre 'rechte Hand', konkret ihren Stellvertreter ihrer (1.) Kammer,  zum Vorsitzenden der 9. Kammer machen, da wo Lisa HASE's Verfahren die nächsten Jahre erst einmal weiter schmoren werden. Bis der Richter nicht mehr weiter weiß.

Setzen die Richter am LG Göttingen hier auf eine 'biologische Lösung'? Das haben wir sie ebenfalls gefragt.

(JL)