Warum wir WIKIPEDIA für unzuverlässig und eigentlich für überflüssig halten

Die Antwort ist einfach: Das DokZentrum ansTageslicht.de dokumentiert Fakten. Und erklärt mit diesen Hintergründe und Zusammenhänge. Wenn notwendig, legen wir dazu die  Einflussnahmen offen, die sich hinter den Kulissen abspielen. Und - wenn es geht - machen wir die "hot docs" zugänglich: die Dokumente, die das belegen, was wir (be)schreiben.

Weil wir ein (Online-)Medium sind, muss das, was wir veröffentlichen, aus juristischen Gründen „erweislich wahr“ sein. Sonst kann es teuer werden. Und peinlich obendrein.

Bei WIKIPEDIA ist das anders. Dort gibt es bei den vielen Einträgen keinen „Verantwortlichen im Sinne des Presserechts“. Und deswegen kann im WIKIPEDIA stehen,

  • was zutreffend ist
  • was nicht stimmt oder nur teilweise
  • oder was sogar völlig falsch ist.

Man weiß es nicht von vorneherein. Sondern muss alles immer überprüfen. Denn jene, die etwas schreiben, geben sich nicht zu erkennen. Und jene, die das 'überprüfen' (sollen), die sogenannten Admins, ebenfalls nicht. Und niemand weiß, was sie treibt: um Langeweile zu vertreiben; mal den 'Chef' bzw. Oberaufseher spielen zu können; unter Umständen im Auftrag von anderen; möglicherweise sogar gegen Geld. Keiner weiß es. Aber: Transparenz und Verantwortungsbereitschaft sehen anders aus. 

Aber so funktioniert nun mal die sogenannte Schwarmintelligenz bei WIKIPEDIA. Im wissenschaftlichen Modus auch „kollaborative Wissensproduktion“ genannt. Das WIKIPEDIA-Prinzip, überspitzt formuliert:

  • Erst veröffentlichen,
  • dann darauf setzen, dass danach irgendwer korrigiert.

Das kann gutgehen, muss aber nicht.  

Der Workflow bei ansTageslicht.de sieht anders aus:

  • erst Recherchieren,
  • dann Kontrollieren
  • und erst danach Veröffentlichen.

Und natürlich, wenn notwendig, auch nachträglich nochmals korrigieren, wenn sich trotzdem ein Fehler eingeschlichen hat. Und dann entschuldigen wir uns auch und erklären, wie der Fehler zustande gekommen ist.

Letzteres kommt bei ansTageslicht.de allerdings recht selten vor. Wir arbeiten gründlich.  Wir müssen es, schon deswegen, weil wir vielen Leuten und Institutionen auf die Füße treten. Und deswegen sind bei uns – schon aus presserechtlichen Gründen und im Gegensatz zu WIKIPEDIA – Präzision, Faktizität und objektive Darstellung angesagt. 

(Nur) ein kleines Beispiel: der "Wächterpreis der Tagespresse" bei WIKIPEDIA

Wer wissen möchte, wie sich eine der bedeutensten Journalistenauszeichnungen, der „Wächterpreis der Tagespresse“ finanziert, sollte dies bei uns nachlesen. Wir kooperieren mit der Stiftung, die diesen Preis auslobt und dokumentieren die Entstehung jener Geschichten, die diese Ehrung zugesprochen bekommen. In diesem Kontext haben wir natürlich auch beschrieben, woher die Preisgelder stammen: unter Kurze Historie des Wächterpreis.

Bei WIKIPEDIA steht dazu: „Heute wird die Stiftung aus Beiträgen der Zeitungsverlage finanziert.“

Völlig falsch. Die Zeitungsverlage haben mit dem Wächterpreis überhaupt nichts zu tun.

Wie es sich tatsächlich verhält, steht bei uns übrigens bereits seit dem Jahr 2004.

Warum wir das im WIKIPEDIA nicht korrigieren?

Einfache Antwort: Es wäre Zeitverschwendung. Denn es würde vermutlich sofort wieder gelöscht. Fast alles, was wir früher bei WIKIPEDIA eingetragen haben, wurde wieder entfernt.

Die letzte Löschaktion, um die wir uns gekümmert haben, stammt vom April 2016. Einer unserer Studenten, der jetzt bei google in Irland arbeitet, hatte begonnen, bei einigen WIKIPEDIA-Einträgen die von uns unter „Weiterführende Links“ gesetzten Weiterleitungen z.B. auf die ausführlichen, insbesondere chronologischen Darstellungen bei ansTageslicht.de zu aktualisieren. Dass wir das überhaupt gemacht haben, war der Idee geschuldet, dass tiefere Hintergründe vielleicht auch WIKIPEDIA-Leser interessieren könnten.

Nun sollten auf WIKIPEDIA die nicht mehr funktionierenden Links durch neue ersetzt werden, weil wir unser Content Management System umgebaut hatten. Der Student hatte seine Arbeiten schnell wieder eingestellt: Alles, was er aktualisiert hatte, wurde unmittelbar danach auf der Stelle gelöscht. Auch ein erneuter Versuch war vergeblich.

Wir haben mit unserem Projekt "ans Tageslicht" ausreichend zu tun. Es ist aufwendig genug, anderen auf die Finger zu schauen, Missstände zu entlarven und dabei die Bedeutung von mutigen Menschen, die man Whistleblower nennt, zu würdigen, ohne die Skandale nicht aufgedeckt würden. Da müssen wir unsere Kapazitäten nicht für ein modisches Phänomen namens Schwarmintelligenz opfern, die bei WIKIPEDIA ganz offensichtlich nichts anderes bedeutet, als dass sich dort uns unbekannte Individuen aus uns unbekannten Gründen ‚verwirklichen‘ können.  

Dass unser (ehemaliger) Student, der jetzt bei google arbeitet, bei dieser Gelegenheit auch über einen WIKIPEDIA-Eintrag über mich selbst, den Initiator von ansTageslicht.de, gestolpert ist, sei nur am Rande erwähnt. Von dem wusste ich bis dato nichts. Überflüssig zu erwähnen, das nicht alles, was dort steht, zutreffend ist. Und dass vieles, was bedeutsamer wäre, sich dort garnicht findet. Aber egal: Aufschlussreich ist die Löschdiskussion, die ich den Lesern nicht vorenthalten möchte: „WIKIPEDIA:Löschkandidaten/14.Februar 2016“, dort auf S. 13. Seltsamerweise wurde dieser Beitrag – bisher – noch nicht gelöscht.

Unser Resümee

Meine Studenten lernen im Zusammenhang mit WIKIPEDIA zweierlei (Überblick als PDF):

  • Man kann dieses schwarmintelligente Sammelwerk zur Erstinformation nutzen. Aber man muss praktisch alles überprüfen. Konkret: ein flächendeckendes Fakt-Checking machen.  
  • Weil niemand für die Beiträge verantwortlich zeichnet und deswegen niemand seinen guten Ruf verlieren kann, ist WIKIPEDIA grundsätzlich eine Quelle mit hohem Unzuverlässigkeitspotenzial.

Weil man sowieso alles überprüfen, sprich nachrecherchieren muss, könnte man auf WIKIPEDIA eigentlich verzichten. Wir tun es inzwischen.

(JL)