Washington Post, 09.09.2001

von Sarah COHEN

Serie "Lost Children" Teil 1

Im Zeitraum von 1993 bis 2000 starben 229 D.C. Kinder, nachdem sie oder die Familien beim Child Protect System auffällig wurden und das System versagte. 40 Kinder starben, nachdem staatliche Mitarbeiter versäumten, präventive Maßnahmen vorzunehmen und sie in unsichere Familien bzw. Institutionen brachten. Ein solcher Fall ist der von NickiColma Spriggs, die im Alter von 15 Jahren im Hausflur eines Pflegeheims an Thanksgiving 1998 verstirbt.

Ihre Leidensgeschichte beginnt 1990, als Nicki von Sozialarbeitern in Obhut genommen wird, weil ihre Mutter sie vernachlässigt. Das Mädchen ist geistig zurückgeblieben, kann nicht sprechen, nicht gehen, nicht alleine essen. Aufgrund der Behinderung lässt sich Nicki schlecht vermitteln und kommt schließlich in das Harbor Healthcare and Rehabilitation Center in Lewes. Die Zustände im Heim sind jedoch schlecht. Nicki wird auch hier nicht ausreichend verpflegt. Besuche von Sozialarbeitern, die offiziell das Mädchen betreuen und ihre Situation ändern könnten, bleiben aus. Keiner scheint sich für Nicki zu interessieren.

Am 11. Juni 1997 inspiziert ein Team der Pflegeheim-Behörde das Heim und hält die schlechten Zustände in einem 59 Seiten langen Bericht fest. Delwares Director of Public Health versucht jedoch die Tatsachen zu vertuschen und löscht 22 Seiten des Berichts, in denen die Misshandlungen der Patienten geschildert werden. Die Vertuschung missglückt und die vermeintlich gelöschten Seiten erregen großes Aufsehen in den Medien in Delaware. Erst jetzt bekommt auch Nickis Fall Aufmerksamkeit. Nachforschungen werden angestellt, Untersuchungsberichte durchforscht und die verantwortlichen Sozialarbeiter herangezogen – keiner will etwas gewusst haben.

Nickis Fall wird zur Priorität bei den Child and Family Services – dem Mädchen soll nun geholfen werden. Ärzte kommen zur Begutachtung und ordnen eine lebensnotwendige Rückenoperation an. Doch auch die zieht sich ewig hin und wird letztlich für den 2. Dezember 1998 angesetzt. Für Nicki ist die Hilfe zu spät. Sie verstirbt sechs Tage vor dem Operationstermin.

Mitarbeiter und Zuständige geben hinterher an, von nichts gewusst zu haben oder verweigern eine Stellungnahme. Das Pflegeheim reagiert mit der Schließung des Kindertraktes.