Kinderarmut in Deutschland: eine längere Chronologie aus einem Wohlstandsland


1954

Am 21. September 1954 bei der 9. Vollversammlung der Vereinten Nationen wird der Vorschlag für einen Weltkindertag gemacht. Die Mitgliedsstaaten richten einen weltweiten Kindertag ein. Drei Ziele werden damit verfolgt: 

  1. Einsatz für die Rechte der Kinder 
  2. Förderung der Freundschaft unter den Kindern und Jugendlichen  
  3. Einmal im Jahr sollen sich die Regierungen öffentlich verpflichten, die Arbeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF zu unterstützen. 

Die Idee zum „Universal Children’s Day“ ist damit geboren und bereits ein Jahr später beteiligen sich 40 Länder daran. Heute wird der Weltkindertag in mehr als 145 Staaten begangen. In Deutschland findet der Weltkindertag immer am 20.September statt


1963

Anfang der 60er Jahre sind die Jahre des rasant wachsenden Wirtschaftswunders vorbei. In Deutschland herrscht Hochkonjunktur und weil alles wächst, es aber nicht genügend Arbeitskräfte gibt, holt man sich „Gastarbeiter“ ins Land. Es kommen – zunächst – Männer ohne ihre Familien. 

In Deutschland breitet sich weiter Wohlstand aus. Allerdings profitieren bereits zu diesem Zeitpunkt nicht alle davon: 1,8% der Kinder in Deutschland leben in Armut, dass heißt der Familie stehen weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommen zur Verfügung. Im Jahr 1963 sind das – laut Statistik - 369.157 Kinder in Armutsverhältnissen 


1979

Die Armut von Kindern spielt sich auf sehr unterschiedlichen Niveaus ab. In der so genannten Dritten Welt sind Kinder am Verhungern. In den westlichen Industrieländern schlägt sich Kinderarmut anders nieder: als finanzielle, soziale und emotionale sowie kulturelle Armut. Die Armut wirkt sich vor allem in eklatanter Weise auf die Biografien solcher Kinder aus. 

Mutter Theresa

In Indien erhält MUTTER TERESA (bürgerlich Agnes Gonxha Bojaxhiu) den Friedensnobelpreis: für ihren Einsatz für Waisen, Kranke und Sterbende. Ihr spezielles Engagement liegt bei der Betreuung von Leprakranken. In Deutschland ist Kinderarmut kein öffentliches Thema


1986

1963 lebten 1,8% der deutschen Kinder in Armut. Knapp 25 Jahre später sind es bereits 5,6% - dies betrifft jetzt 862.285 Kinder


1990

In wenigen Jahren (seit 1986) hat sich die Lebenssituation von vielen Kindern erneut dramatisch verändert. Jetzt lebt bereits jedes elfte Kind unter sieben Jahren in einem Sozialhilfehaushalt. 1965 war es nur etwa jedes 75. Kind. In Zahlen: 9,1 % der Kinder in Deutschland leben in Armut: rund 1,4 Millionen Kinder unter 18 Jahren


1991

Der Kindergipfel

Der „Kindergipfel (KIGI)“ ist ein großes Treffen für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren, das alle zwei Jahre von der Naturfreundejugend Deutschlands organisiert wird. Der erste Kindergipfel findet 1991 statt. Der Gipfel soll zeigen, dass auch Kinder etwas zu sagen haben, Kinder begreifen durchaus, was um sie herum passiert. 


90er Jahre

Ein leichter Rückgang der Kinderarmut: es betrifft nur noch 8,5 % bzw. 1.335.629 Kinder
Die Kinderarmut nimmt wieder zu: 10,1 % der Kinder in Deutschland leben in Armut, dies entspricht 1.599.882, also rund 1,6 Millionen Kindern
Das  Hamburger Abendblatt  beschäftigt sich mit dem Thema: Immer mehr Schulkinder hungern. Mehr als 50 Prozent der Hamburger Schüler sind in einem so schlechten Ernährungszustand, dass sie gesundheitliche Probleme bzw. körperliche Entwicklungsrückstände aufweisen  
9,5 %der Kinder in Deutschland leben in Armut, dies entspricht knapp 1,5 Millionen. In Berlin leben 16,2 Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren von Sozialhilfe


28.01.1999

Hunger und Einsamkeit - Kinderarmut in Deutschland: Rund zwei Millionen Kinder in Deutschland hungern. Sie haben Anspruch auf Sozialleistungen, diese reichen aber nicht aus, konstatiert die Autorin Gabriele PROBST


29.04.1999

1999 wird ein Jahr, in dem die Medien aufgrund mehrerer Vorfälle sich mit dem Thema Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern beschäftigen. Das Politmagazin  Kontraste  berichtet in seiner 2. Sendung Missbrauch und Tod von Kindern – Hat das Jugendamt Schuld?“ von der 11 jährigen Anke, die beim Jugendamt in Premnitz bat, in ein Heim zu dürfen – ihre Mutter würde sie schlagen. 
Auf dem Amt nahm man diese dringende Bitte nicht ernst. Nun ist ihr Bruder tot, erdrosselt vom Stiefvater, der Anke jahrelang missbraucht hat. Der kleine Bruder wollte sie beschützen, weil sonst kein anderer Erwachsener etwas unternommen hatte. 


08.07.1999

Kontraste  berichtet erneut (3. Sendung) unter dem Titel Allein gelassen und verdurstet. Zwei Kinder sterben und alle schauen tatenlos zu.“ Tatort: Frankfurt / Oder. Dort sterben zwei Kinder, obwohl das Jugendamt über die Problematik Bescheid wusste. Die Nachbarn weisen alle Schuld von sich - sie wollen nichts bemerkt haben. 
Die Filmemacherin Aelrun GOETTE wird zu ihrem  Kontraste -Bericht 2003 dazu einen Dokumentarfilm "Die Kinder sind totdrehen, der große Beachtung findet


August 2000

In Deutschland betrifft es jetzt jedes siebte Kind, das in Armut lebt. In Deutschlands Hauptstadt Berlin ist die Situation noch schlechter: Hier lebt bereits jedes sechste Kind in von Sozialhilfe – das sind fast 17% aller Berliner Kinder. Merkwürdigerweise leben die meisten davon nicht im Ostteil der Stadt, sondern im Westen


2002

Der erste "Kinderreport Deutschland"

Er wird vom „Deutschen Kinderhilfswerk“  veröffentlicht. Er soll den Umgang mit den Kindern in Deutschland zeigen - an Themen wie: Kinder und Armut, Kinder und Gesundheit, Kinder und Schule sowie Kinder und Medien

Hier finden Sie zwei Kapitel daraus:

Deutsches Kinderhilfswerk e.V.: Kinderreport 2002. München 2002


14.08.2003

Kontraste  ist erneut auf Sendung mit dem Thema: Ist ja nur ein blauer Fleck – Wie Gewalt gegen Kinder vertuscht wird
Auch dieser aus Rundfunkgebühren finanzierte TV-Beitrag ist seit 2010 nicht mehr online. 


22.12.2003

Das Statistische Landesamt in Hamburg gibt die Zahl der Kinder, die von Sozialhilfe leben, bekannt: mehr als 41.000 Kinder. 1980 waren davon nur 13.225 Kinder betroffen. Die meisten armen Kinder leben in den Stadtteilen Billstedt, Wilhelmsburg und Rahlstedt


13.02.2004

Kinder und Ernährung

Deutschlands Wirtschaft hilft der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Renate KÜNAST, Bündnis90/Die Grünen, im Kampf gegen übergewichtige Kinder.  
Unter Übergewicht und Fettleibigkeit leiden vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien und aus Migrantenfamilien. Schon durch ihre Körperfülle seien diese Kinder diskriminiert, hätten in ihrem Leben weniger Chancen als ihre Normalgewichtigen Altersgenossen. Der Kampf gegen Übergewicht sei daher auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, erklärt Renata KÜNAST. 
KÜNAST gründet eine neue Plattform für Kinder und Jugendliche "Ernährung und Bewegung":


18.06.2004

Verbraucherministerin Renate KÜNAST fordert, die Werbung für stark Zucker- und fetthaltige Lebensmittel einzuschränken. Die Wirtschaft müsse ihrer Verantwortung im Kampf gegen die dramatisch zunehmende Fettleibigkeit gerecht werden. Besonders betroffen sind laut KÜNAST arme, ungebildete und ausländische Familien. „Der Zusammenhang von Armut, Herkunft und Bildung und Übergewicht ist inakzeptabel.“


18.08.2004

Das Statistische Bundesamt gibt bekannt, dass mehr als jede vierte allein erziehende Mutter am Jahresende 2003 
Sozialhilfe bezogen hat. Das waren insgesamt 352 000 Haushalte und damit 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Laut Statistik bestehe ein klarer Zusammenhang zwischen der Zahl der Kinder und dem Bezug von Sozialhilfe. 22 Prozent der allein Erziehenden mit einem Kind lebten 2003 von der Sozialhilfe. Bei Haushalten mit zwei Kindern betrug die Quote 30,5 und bei solchen mit drei und mehr Kindern 51 Prozent


08.11.2004

Kinderreport Deutschland 2004

Das Deutsche Kinderhilfswerk stellt den „Kinderreport Deutschland 2004“ vor. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang THIERSE, SPD, und dem Armutsforscher Prof. Dr. Thomas OLK aus Halle/Saale legt das DKHW aktuelle Zahlen zur Kinderarmut vor: 

  • Demnach ist die Quote von Minderjährigen, die von Sozialhilfe leben, mit 6,7 Prozent doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung. Und sie steige doppelt so rasch an. 
  • Außerdem greift der „Kinderreport“ das Problem der Alleinerziehenden auf. Diese werden beim Arbeiten behindert, da es in Deutschland nur für 21% der Kinder im Kindergartenalter Ganztagsplätze und nur für 3% der Kinder im Krippenalter Plätze gibt 
  • Im kulturellen Bereich weisen die armen Kinder doppelt so häufig wie nicht arme Kinder Einschränkungen auf, z.B. Defizite im Sprachverhalten oder im Spielverhalten

Dezember 2004

Das Arbeitslosengeld II, kurz Alg II, ist zu niedrig, sagt der Paritätische Wohlfahrtsverband. 
Der Verband zeigt, dass bei einem Schulkind für Schreibwaren ganze 1,33 Euro monatlich angesetzt werden, nämlich einfach nur 60 Prozent des Betrages für einen Erwachsenen. 
Hier können Sie Details nachlesen (pdf-file, 40 S., 500 KB)


04.08.2005

Das Fernsehmagazin  panorama  sendet den Bericht Verprügelt, verhungert, zu Tode gequält - keine Hilfe für verwahrloste Kinder


2005

Nach neuesten Zahlen des Kinderhilfswerks Unicef leben weltweit mehr als eine Mrd. Kinder in Armut. Die geht aus der UNICEF-Vergleichsstudie „Child Poverty in Rich Countries 2005“ ("Zur Situation der Kinder in der Welt 2005") hervor. Fast jedem zweiten Kind weltweit fehlen grundlegende Dinge zum Überleben und zu seiner Entwicklung. In vielen Ländern sind die Ursachen Staatszerfall, Bürgerkriege oder AIDS, so Unicef. Armut bezeichnet primär den Mangel an lebenswichtigen Gütern wie Essen, Obdach, Kleidung oder sozialer Sicherung: 

  • Etwa 90 Mio. Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt 
  • 270 Mio. Kinder haben nicht einmal die einfachste Gesundheitsversorgung. Rund 400 Mio. Kinder leben ohne sauberes Wasser und 500 Mio. Kinder können keine sanitären Einrichtungen benutzen. 
  • Etwa 121 Mio. Kinder gehen nicht zur Schule und 300 Mio. haben keinen Zugang zu Radio, Fernsehen oder Zeitung. 

Gleichzeitig wurden die zentralen Aspekte der kindlichen Entwicklung in 21 Industrieländern untersucht: materielle Situation, Gesundheit, Bildung, Beziehungen zu Eltern und Gleichaltrigen und Lebensweise. Deutschland liegt dabei nur auf Rang elf. 
In Deutschland spielt sich Kinderarmut auf einem anderen Niveau ab: 12,4% der Kinder in Deutschland leben in - nach hiesigen Verhältnissen definierter - Armut. Dies entspricht 1,8 Millionen Kindern.

Ebenfalls bekannt:  
Je schlechter das Umfeld, desto schlechter die Gesundheit des Kindes. Kinder aus einfachen Verhältnissen nehmen außerdem viel seltener an Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen teil als ihre Altersgenossen in wohlhabenden Gegenden. Diese Ergebnisse basieren auf den so genannten Schuleingangsuntersuchungen, bei denen im Jahr 2004 über 11.000 Kinder untersucht wurden


Mai 2005

Hamburg: Jedes fünfte Kind ist über- oder untergewichtig. Zusammenhang zwischen der Gesundheit und sozialen Situation. Schuleingangsuntersuchung von 2004 an 11 373 Kindern


16.06.2005

Das Fernsehmagazin  Kontraste  beschäftigt sich erneut mit dem Thema: Kinderarmut in Deutschland – nicht nur eine Frage des Geldes. Die Redaktion thematisiert weitere Zusammenhänge: z.B. die soziale Verwahrlosung, die soziale ‚Armut’


August 2005

Der Paritätische Wohlfahrtsverband gibt neue Zahlen bekannt: Durch Hartz IV hat sich die Kinderarmut drastisch verschärft. Seit Anfang des Jahres sei die Zahl der von Armut betroffenen Kinder unter 15 Jahren auf 1,7 Millionen gestiegen. Ende 2004 waren es noch 1,2 Millionen Kinder. Die Kinderarmutsquote im Westen beträgt 12,4 Prozent, im Osten 23,7 Prozent


2006

Der Kinderreport 2007 konstatiert: 2006 leben 16,1 % der Kinder in Deutschland in Armut


09.03.2006

panorama  geht wieder auf Sendung, u.a. mit dem Beitrag Abgeschoben vor die Glotze - wie Eltern ihre Kinder vernachlässigen


11.05.2006

In der  panorama -Sendung Geschlagen, gequält, getötet” geht es um „Datenschutz statt Kinderleben“: Ein Duisburger Mordkommisar fordert eine Datenbank, in die Ärzte und Kliniken Informationen über Kindesmisshandlungen eingeben können. Dadurch könnte verhindert werden, dass die Kinder von Eltern, die nach jeder Misshandlung den Arzt wechseln, rechtzeitig entdeckt und gerettet werden. 2004 gab es bundesweit rund 3.400 Kindesmisshandlungen, die der Polizei bekannt wurden. Die Dunkelziffer liegt weit höher. Eine solche Datenbank wird es erst eineinhalb Jahre später geben


September 2006

Kinder und Gesundheit

Eine bislang einmalige Kinder und Jugendgesundheitsstudie.  
des Robert Koch Instituts (RKI) zeigt Daten zur Gesundheit von mehr als 17 600 Jugendlichen im Alter von 17 Jahren: Während 15,5 % der Jugendlichen aus der oberen Sozialschicht betroffen sind, liegt der Anteil der Auffälligen mit niedrigem sozialen Status mit 27,6 Prozent merklich höher. Bei Mädchen mit knapp 29% doppelt so hoch wie bei Jungen. Dabei sind Kinder aus sozial schwachen Familien, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder, deren Eltern ebenfalls übergewichtig sind, besonders betroffen. 
Laut dieser Studie ist der BMI (Body Mass Index: Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen) heute bei 14,6 % aller Kinder zu hoch. Die Zahl der dicken Kinder hat sich von drei auf sechs Prozent verdoppelt und ist bei den 14-17 Jährigen sogar auf acht gestiegen. Kinder aus Unterschichtfamilien sind häufiger zu dick: Bei den 14- bis 17-Jährigen etwa stehen 24,5 % der ärmeren Kinder 11,3 % aus betuchten Familien gegenüber


10.10.2006

Kevin, 2 1/2 Jahre

An diesem Tag schockt eine Nachricht die ganze Republik: in Bremen wird ein zweieinhalbjähriger Junge, der bei seinem Ziehvater aufwuchs, misshandelt und tot im Kühlschrank aufgefunden. Mitarbeiter der Sozialbehörde wollten ihn mit einem gerichtlichen Beschluss der Obhut des Vaters entziehen. Obwohl den Verantwortlichen eigentlich schon lange klar war, dass das Kindeswohl bei dem drogensüchtigen Ziehvater nicht gewährleistet war, reagieren die Behörden erst jetzt. Zu spät.panorama  geht zwei Tage später damit auf Sendung: „Kevins Tod – Ein Behördenskandal“ (12.10.2006)

Mehr bei uns im DokZentrum auf www.ansTageslicht.de/Kevin


2006/2007

Am Department "Soziale Arbeit" der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg wird das vom Bundesfamilienministerium geförderte und von der Köber-Stiftung ausgezeichnete Forschungsprojekt “Transitions in life - Hilfe bei Übergängen - das  STEEP Programm  von Prof. Dr. Wolfgang HANTEL-QUITMANN und Prof. Dr. Gerhard SUESS durchgeführt.  

Das Konzept STEEP (“steps towards effective and enjoyable parenting“) wurde im Jahre 1986 in den USA gegründet und richtet sich an junge und sich in einer instabilen Lebenslage befindenden Eltern. Das Augenmerk dieses Interventionsprojektes wird auf das Mutter-Kindverhältnis bis zum 2. Lebensjahr gesetzt. Mithilfe von STEEP-Beratern soll eine stabile Bindesbeziehung zwischen Eltern und Kinder aufgebaut werden. 

Durch die Forschungsarbeit an der HAW Hamburg soll das Projekt STEEP auch in Deutschland etabliert werden 2007 14% der Kinder in Deutschland leben in Armut In Berlin wachsen 37 % der Kinder in Haushalten auf, die auf ALG II angewiesen sind laut deutschem Kinderschutzbund. Das ist mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Jedes dritte Kind in Berlin lebt von Hartz IV. Für viele ist das monatliche Kita-Essensgeld in Höhe von 23 Euro zu viel 28.04.2007 


Die Medien tischen eine weitere Geschichte auf: „Rabenmutter ließ vier Kinder allein“ ( Hamburger Abendblatt ). Der zwölfjährige Sohn einer in Berlin-Prenzlauer Berg lebenden Familie hat sich in völliger Verzweiflung an das Jugendamt gewandt. Er musste fast ein Jahr lang alleine auf seine Geschwister aufpassen, weil die Mutter nicht zuhause, sondern bei ihrem Freund lebte. Dementsprechend fand die Polizei eine fast bis zur Unkenntlichkeit verwahrloste Wohnung vor.

Kinder: Ernährung und Gesundheit

Kontraste geht auf Sendung: „Kinder ohne Ärzte. Der Staat versagt bei der Fürsorge“. Die Redakteurin weist darauf hin, dass in Stadtteilen wie z.B. Berlin - Neukölln, nur ein einziger Kinderarzt vorhanden sei. Dadurch werden oft die so wichtigen ersten Untersuchungen der Säuglinge vernachlässigt, weil einfach die Zeit fehlt.
Kontraste  sendet: „Trotz Hartz IV – keine gesunde Ernährung für Kinder!“
Reiches Land – arme Kinder. Sprösslingen voEin Hartz IV Familien bleibt nicht viel zum Essen übrig: 2,70 € pro Tag. Pech, wenn das Essen in der Schule mehr kostet, da bleibt die ausgewogene Ernährung auf der Strecke. Wissenschaftler und Wohlfahrtsverbände fordern nun, den Satz zu erhöhen: mehr Geld für gesunde Kinder. Die Politik aber schweigt


09.08.2007

Die Wochenzeitung  DIE ZEIT  berichtet von einer Untersuchung des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt/M.. Die Forscherin Gerda HOLZ konstatiert, dass bei der Kalkulation des Sozialgelds für Kinder von einem Betrag in Höhe von 2,57 Euro pro Tag für Ernährung und Getränke ausgegangen wurde. Die Eltern bekommen für ihre Kinder 208 Euro Sozialgeld im Monat. Also 6,80 Euro am Tag für Essen, Kleidung und Schulbücher


November 2007

Laut Kinderreport 2007 des Deutschen Kinderhilfswerks hat sich seit der Einführung des ALG II am 1. Januar 2005 die Zahl der auf Sozialhilfe oder Sozialgeld angewiesenen Kinder auf mehr als 2,5 Millionen verdoppelt 
Dem Kinderreport zufolge ist heute jedes sechste Kind unter sieben Jahren auf Sozialhilfe angewiesen, 1965 war es nur jedes 75. Kind. Besonders betroffen sind Kinder aus Migrantenfamilien


Dezember 2007

Kindergipfel bei "Mutti"

Angela MERKEL und die Länderchefs treffen sich zu einem „Kindergifpel“, um Maßnahmen zum besseren Schutz von Kindern zu vereinbaren. Ein zentrales Thema: Wie ist Gewalt gegen Kinder in Familien zu verhindern? Es wird entschieden, dass es künftig verbindliche Einladungen für Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt geben wird. Hier können Sie das Protokoll dieser Sitzung nachlesen.


27.02.2007

Im  ARD -Programm läuft zur besten Sendezeit (20:15) der Spielfilm "Der große Tom". Er erzählt die Geschichte des 12jährigen Jungen, der - mehr oder weniger ganz alleine - seine drei jüngeren Geschwister über ein ganzes Jahr lang versorgt hatte: die achtjährige Schwester zur Grundschule bringen, selber in die Schule gehen, später Essen organisieren, bei den Schulaufgaben helfen, Gute-Nacht-Geschichte vorlesen undsoweiter.

Die Mutter war zu ihrem Freund gezogen und hatte ihre Kinder verwahrlosen lassen. Dieser Vorfall aus dem Bezirk Prenzlauer Berg war am 27./28.April 2007 bekannt geworden. Der Zwölfjährige, der in seiner Schule oft deswegen verhänselt wurde, hatte sich in seiner letzten Not aufs Jugendamt getraut: er wäre mit seiner Situation überfordert


26.12.2007

Robin, 2 Jahre

Am 2. Weihnachtstag stirbt in Sachsen ein zweijähriger Junge namens Robin. Seine Mutter ließ ihn fast drei Tage allein in seinem Bettchen, während sie eine Chat-Bekanntschaft in Mecklenburg-Vorpommern traf. Angeblich hatte sie erst Heiligabend festgestellt, dass es Robin nicht gut ging. Trotz dieses Wissens ließ sie keinen Arzt kommen. Sie hatte Angst, das Jugendamt könne ihr das Kind wegnehmen. Seit anderthalb Jahren betreute das Jugendamt die Familie und stellte eine „positive Prognose“. Offensichtlich eine Fehleinschätzung


18.02.2008

In Brandenburg werden in wenigen Tagen drei Kindstötungen durch die Eltern bekannt. Ministerpräsident Matthias PLATZECK und Sozialministerin Dagmar ZIEGLER sind geschockt und wollen nun das Netzwerk "Gesunde Kinder" landesweit integrieren. Das Modellprojekt vermittelt Paten an sozial schwache, junge oder überforderte Mütter, die sich während der Schwangerschaft und mindestens ein Jahr nach der Geburt um die Familie kümmern. Ausgezeichnet wurde das Netzwerk bereits zum bundesweit besten Präventionsprojekt 


21.06.2008

Kinder und Zwei-Klassen-Medizin

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) bemängelt eine drohende Zwei-Klassen-Medizin. In bestimmten Stadtteilen seien Kinder aus sozialen Randgruppen unzureichend medizinisch versorgt. Die Finanzierung vor allem aus Honoraren der gesetzlichen Krankenkassen, ist für viele Ärzte ein Grund, sich in bestimmten Gebieten nicht mehr niederzulassen. Auch in der Vorsorge seien gesetzlich versicherte Kinder benachteiligt. Ihnen bleibt der Anspruch auf eine Vorsorgeuntersuchung im dritten und zwischen dem sechsten und elften Lebensjahr versagt. BVKJ-Vorsitzender Uli FEGELER spricht sich für eine elternunabhängige Untersuchung der Kinder aus. Nur so können frühzeitig eventuelle Misshandlungen bemerkt werden

Lea-Sophie, 5 Jahre

Die Eltern der toten  Lea-Sophie  werden am Landgericht Schwerin wegen Mordes zu elf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die recht milde Verurteilung der Eltern begründet sich damit, dass der Mord nicht aus Grausamkeit, sondern aus „niederen Beweggründen“ begangen worden sei. Der Vorsatz zur Tötung sei nur schwach ausgebildet gewesen. Die Eltern verwehrten  Lea-Sophie  nicht das Essen, sondern sahen ‚nur‘ beim Sterben ihres Kindes zu


15.08.2008

Florian, 6 Monate

An diesem Tag fällt das Urteil im Fall  Florian : Die jungen Eltern, die ihren Säugling in ihrer gemeinsamen Wohnung in Frankfurt/Oder verhungern ließen, werden wegen „gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassen“ verurteilt. Die Mutter bekommt eine Jugendstrafe von sieben Jahren, der Vater eine Haftstrafe von zehn Jahren


22.01.2009

Die Bundesregierung billigt zwei Gesetzesentwürfe zum Kinderschutz. Demnach soll zum Einen die Schweigepflicht von Ärzten gelockert werden. Künftig sollen sie bei einem Anfangsverdacht auf Gefährdung des Kindes ohne Zustimmung der Eltern das Jugendamt informieren können. Außerdem soll mithilfe des Gesetzes das sogenannte Jugendamt-Hopping, also das häufige Wechseln eines Wohnortes von Familien, die sich dem Jugendamt entziehen möchten, unterbunden werden. Jugendämter werden somit zum Austausch von Informationen verpflichtet


März 2009

Mehrere Studien belegen, dass Kinder aus ärmeren Familien häufiger an Infektionen und psychischen Krankheiten leiden als Mittel- oder Oberschichtskinder. Die Kinder seien schlechter ernährt, seien öfters krank und hätten mehr Karies als ihre Altersgenossen. Nach Berechnungen des Instituts für Kinderernährung in Dortmund müsste der Hartz-IV-Regelsatz von 3,42 Euro pro Tag für Jugendliche um mindestens einen Euro erhöht werden, um zumindest eine gesunde Ernährung zu gewähren. Der Betrag wurde jedoch nur um 12 Cent angehoben. (Zur Pressemitteilung des FKE Arbeitslosengeld II reicht nicht für gesunde Kinderernährung
Das Institut für Kinderernährung in Dortmund forscht „in den Bereichen Ernährung, Entwicklung und Wachstum von Kindern zur langfristigen und nachhaltigen Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung“. Das Institut wird vom Land Nordrhein-Westfalen, von öffentlichen Forschungsförderern und industriellen Sponsoren finanziell unterstützt. Diese finanzielle Förderung folgt nach eigenen Angaben unter „strikter Beachtung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit“


April 2009

Innenminister der Bundesrepublik und des Kosovo unterzeichnen ein „Rücknahmeabkommen“. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen leben insgesamt 50.000 Roma-Flüchtlinge in Deutschland, davon sind nur über 30.000 geduldet. Nach dem neuen Abkommen sollen ca. 13.000 Roma, Ashkali und Ägypter in den kommenden Jahren in den Kosovo abgeschoben werden – die Hälfte der Betroffenen sind Kinder. Laut einer UNICEF-Studie haben die abgeschobenen Kinder dort „kaum eine Perspektive auf Schulbildung, medizinische Hilfe oder gesellschaftliche Integration“. Sie werden also zurück in die Armut geschickt


Juni 2009

Änderung im Sozialgesetzbuch: Gestrichen wird die Verpflichtung der Jugendämter Hausbesuche durchzuführen, wenn aus der Bevölkerung Hinweise auf Gefährdung des Kinderwohls eingehen. Die Regel-Verpflichtung wird von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe als unverhältnismäßig und kontraproduktiv argumentiert. Somit konnte der Entwurf zum Bundeskinderschutzgesetz, der Hausbesuche durch die Jugendamtsmitarbeiter grundsätzlich vorsah, nicht verabschiedet werden. Die aktuelle Fassung enthält demnach eine Spezifizierung zur Pflicht der Hausbesuche. Diese müssen in Zukunft nur noch durchgeführt werden, wenn es dem Jugendamt als fachlich geboten erscheint


18.06.2009

Das Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie im Internet wird vom Bundestag verabschiedet. Ein Stoppschild auf der Internetseite machen Nutzer aus Deutschland zukünftig auf gesperrte Seiten aufmerksam. Strafrechtlich bleibt dies allerdings folgenlos. Kontrovers diskutiert wurde das Gesetz vor allem aufgrund einer Einschränkung der Informationsfreiheit. Bedenken über den Beginn einer Zensur im Internet wurden laut


15.07.2009

Jennifer, 13 Jahre

Nach einem anonymen Hinweis holt das Jugendamt ein verwahrlostes 13-jähriges Mädchen ab. Das Mädchen heißt  Jennifer , ist körperlich und geistig behindert und wurde von ihrer Familie zu Hause in Lübbenow (Kreis Uckermark) versteckt. Obwohl  Jennifer  beim Einwohnermeldeamt bekannt ist, hat sie bis zu diesem Zeitpunkt weder eine Schule noch einen Arzt besucht. Fraglich ist auch, warum das Jugendamt bei einer Prüfung der Familie 2006 keine Gefährdung des Kindes feststellte und den Eltern die Befreiung der Schulpflicht des Kindes abnahm


03.12.2009

Die Regelung für das neue Kinderschutzgesetz in Berlin, dass SPD und LINKE beschlossen haben, sieht vor, dass Familien, die mit ihren Kindern bis zum sechsten Lebensjahr nicht bei den Vorsorgeuntersuchungen waren, vom Kinder- und Jugenddienst besucht werden. Darüber hinaus sollen Neugeborene eine Identitätsnummer und einen ID-Bogen für sechs Vorsorgeuntersuchungen, die vom dritten Monat bis zum sechsten Lebensjahr durchgeführt werden sollen, bekommen. Diese Nummer soll bei jeder Vorsorgeuntersuchung dem Kinderarzt vorgelegt wird. Dieser wiederum schickt den „Screening-ID“ an die ihm vorgesetzte Zentrale Stelle. Ein Alarm wird bei dieser Stelle ausgelöst, wenn kein ID-Streifen abgeben wird. Eine „Vertrauensstelle“ der Berliner Charité hat die alleinige Befugnis, die ID-Nummern mit dem Melderegister abzugleichen und einen Brief an die jeweiligen Familien zu schicken. Reagieren diese dann immer noch nicht, soll der zuständige Kinder- und Jugendgesundheitsdient die Eltern an ihrem Wohnungsort aufsuchen und sie auf die Vorsorgeuntersuchung hinweisen dürfen. "Wir wollen damit vermeiden, dass Kinder misshandelt, missbraucht oder geschlagen werden", sagte Stefanie WINDE, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Kritik an der Regelung gibt es im Hinblick auf Datenschutz und auf die behördliche Rolle, die Ärzte auf sich nehmen müssten. Das „Berliner Gesetz zum Schutze und Wohle des Kindes“ ist im Jahre 2010 in Kraft getreten


17.02.2010

Untersuchung zum Armutsrisiko

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin veröffentlicht in seinem neuesten Wochenbericht Nr. 17  aktuelle Ergebnisse einer DIW-Studie zum Armutsrisiko in Deutschland.  Demnach lebten 2008 insgesamt 14 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsschwelle – ein Drittel mehr als vor zehn Jahren. Trotz des Ausbaus an KiTa-Plätzen seit 1993, des 2007 eingeführten Elterngeldes und der Erhöhung des Kindergeldes, seien Kinder und Jugendliche besonders betroffen. Die Autoren der DIW-Studie fordern einen Mix aus finanzieller und nicht-finanzieller Unterstützung, da bloße Geldmaßnahmen nie die Ursachen von Armut bekämpfen würden. 

Auch der Deutsche Kinderschutzbund legt in einer neuen Broschüre ähnliche Zahlen vor: Nach Daten der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) stieg die Gesamtarmutsrate in Deutschland zwischen 1985-2005 von 6% auf 11%, die der Kinder sogar von 7% auf 16%. Nach SOEP-Daten des 3. Armuts- und Reichtumsberichts stieg die Gesamtarmutsquote von 12 % im Jahr 1998 auf 18 % im Jahr 2005, von Kindern bis zum 15. Lebensjahr im selben Zeitraum von 16 % auf 26 %. Im Jahr 2008 leben etwa 2,5 Millionen Kinder in Einkommensarmut. Das Armutsrisiko ist hierbei in den neuen Bundesländern höher als in den alten. 
Der Deutsche Kinderschutzbund plädiert u.a. für die Einführung eines Mindestlohns, damit Eltern durch ihre Erwerbstätigkeit auch ausreichend verdienen. Außerdem müssen die Integration von Müttern in den Arbeitsmarkt und neue Steuerkonzepte diskutiert werden. Auch die Neuberechnung des Harzt-IV-Regelsatzes für Kinder sei unabdingbar. Hier ist der Bericht: "Arm dran in einem reichen Land" lautet der Untertitel:


09.07.2010

In 13 von 16 Bundesländern ‘kontrolliert‘ der Staat die Familien. Sozialarbeiter prüfen durch Hausbesuche und Telefonate, ob die Kinder bei den ärztlichen Routineuntersuchungen waren. Der Kindergipfel 2007, der nach dem Tod von  Lea-Sophie  einberufen wurde, versprach den Schutz des Kinderwohls durch staatliche Kontrolle. Nach drei Jahren ist klar: Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis. Das neu eingerichtete "Kindervorsorgezentrum" sowie das notwendige Personal verursachen allein in Hessen Kosten von mehr als 1,5 Mio. Euro und einen hohen bürokratischen Aufwand. Herausgekommen ist bei den Überprüfungen der 9208 Hinweise auf versäumte Untersuchungen kaum etwas. Lediglich sechs Kontrollen ergaben einen neuen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Die meisten Eltern hatten die Untersuchung schlichtweg vergessen oder, wie sich sehr oft zeigt, hatte das "Vorsorgezentrum" einfach nicht rechtzeitig mitbekommen, dass die Eltern bereits beim Arzt waren


13.07.2010

Das Statistische Bundesamt gibt bekannt: 33.700 Kinder holten die Jugendämter 2009 aus ihrer Familie, um sie zu schützen. Eine  Umfrage der Süddeutschen Zeitung  bei den 16 statistischen Landesämtern zeigt: 12.164mal entzog das Familiengericht das Sorgerecht der Eltern. Während das Familiengericht 2008 noch alle Anträge auf Sorgerechtsentzug akzeptierte, wurden 2009 insgesamt 3.110 Anträge der Jugendämter zurückgewiesen. Diese steigende Tendenz der Anträge auf Sorgerechtsentzug liegt zum Einen an der zunehmenden Wachsamkeit für die Not der Kinder und zum Anderen an der Angst einer öffentlichen Kritik an den Sozialarbeitern. Das Bundesverfassungsgericht sieht die Entwicklung skeptisch. Sie rügten die Jugendämter, mehrmals das Recht der Eltern "auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder" missachtet zu haben


26.07.2010

Laut der  Pressemitteilung  des Statistischen Landesamtes NRW vom 26.07.2010 wurden im Jahr 2009 in Nordrhein-Westfalen 9932 Kinder und Jugendliche von Jugendämtern in Obhut genommen. Dies seien 6,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Mehrheit der in Schutz Gestellten waren Jugendliche ab 14 Jahren, davon 53,2 Prozent Mädchen. Gründe für die Maßnahme waren in den meisten Fällen Überforderung der Eltern oder Vernachlässigung des Kindes. Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW nimmt nach mehrmaligen Anfragen keine Stellungnahme zu diesen Zahlen


10.08.2010

Sarah, 3 Jahre

Die dreijährige Sarah aus Thalmässing in Franken stirbt in einer Nürnberger Klinik an Unterernährung, nachdem die Eltern 32 Stunden zuvor den Notarzt verständigt hatten. Das Kleinkind wurde von der Mutter ohne Essen und Trinken eingesperrt. Der Vater resignierte und sah beim Sterben seiner Tochter zu. Nach Obduktionsberichten befanden sich im Magen des Mädchens Zellstoff aus Windeln, die das Mädchen zuletzt gegessen haben musste. Das Jugendamt griff trotz Hinweisen nicht ein


01.11.2010

Laut Paragraph 27 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes haben Eltern einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Trotz einer Vielzahl an Hilfen für Eltern, sterben Kinder mitten in Deutschland an Hunger, Vernachlässigung und Verwahrlosung. Zu den größten Schwächen des Hilfesystems gehört, dass diese Hilfen meist erst beantragt werden müssen. Zudem meiden viele Eltern das Jugendamt, da sie Angst haben, ihnen könnten ihre Kinder weggenommen werden. Gleichzeitig hängt der Zugang zu privaten Angeboten von der sozioökonomischen Situation der Eltern ab. Fachleute plädieren für eine Ganztagsbetreuung und für die Vorverlegung der Schulpflicht um ein Jahr


19.11.2010

13 Jahre Haftstrafe lautet das Urteil für den Vater, der seine Tochter Sarah verhungern ließ. Der Vater legt vor dem Landgericht Nürnberg weder ein Schuldeingeständnis ab, noch zeigt er Reue. Die Mutter muss sich zu dem Zeitpunkt nicht vor Gericht behaupten, da sie schwer an Krebs erkrankt ist und sich in einem Hospiz befindet. Ihr wird jedoch die Hauptschuld zugesprochen


15.12.2010

Neues Kinderschutzgesetz

Familienministerin Kristina SCHRÖDER (CDU) stellt den Entwurf für ein neues Kinderschutzgesetz vor, das bundesweit gelten soll:

Der Entwurf sieht eine Hausbesuch-Pflicht für Jugendämter vor, wenn ein Verdacht der Gefährdung eines Kindeswohls vorliegt. Zudem soll die Schweigepflicht der Ärzte in Verdachtsfällen aufgehoben werden und somit der Austausch zwischen Jugendämtern, Polizei und Ärzten über das Netzwerk „Frühe Hilfen“ gefördert werden. Neben der Gewährleistung eines Mindeststandards für Kinderschutz in entsprechenden Hilfseinrichtungen sollen außerdem sogenannte Familienhebammen, also Hebammen mit Zusatzqualifikationen, verstärkt eingesetzt werden. Bis zum Jahre 2012 will SCHRÖDER dafür jährlich 30 Mio. Euro zu Verfügung stellen. FDP und Opposition kritisieren den Gesetzesentwurf als „reine Inhhaltsbeschreibung“, er bekämpfe nur Symptome und nicht die Ursachen. Außerdem sei die Finanzierung unklar.  
Das Gesetz soll am 01.01.2012 in Kraft treten


25.10.2013

UNICEF stellt einen Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland vor. Demnach liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz sechs der Industrienationen, wenn es darum geht, Kindern eine Lebensumwelt zu bieten.
Nach der subjektiven Einschätzung der Heranwachsenden sehen jedoch 15% der deutschen Kinder ihr Leben eher negativ.Somit liegt Deutschland hier im unteren Drittel. Der Bericht hält fest: In keinem anderen Land ist die Diskrepanz zwischen guten objektiven Daten und der schlechten subjektiven Selbsteinschätzung so groß. 

Mehr als eine Million Kinder (8,6 Prozent) haben zwischen 2000 und 2010 Armut erfahren. 6,9 Prozent der Kinder mussten die Armut über ein Drittel ihrer Kindheit überstehen, d.h. sie lebten sieben bis elf Jahre in Haushalten die mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens durchkommen mussten. Besonders betroffen von langen Armutsperioden sind Kinder von Alleinerziehenden oder aus Familien mit einem Migrationshintergrund. Hier geht es zum UNICEF-Bericht


04.11.2013

Ein Sonderausschuss der Hamburger Bürgerschaft setzt sich mehrfach wegen dem Fall der elfjährigen Chantal zusammen. Es sollen u.A. die Umstäde des Todes aufgeklärt werden.Die Beratungsinhalte der Sitzungen lassen sich in einem zusammengefassten Bericht einsehen.Hier geht es zum Bericht Januar 2014

Die Hans-Böckler-Stiftung stellt eine Untersuchung auf regionaler Ebene vor, inwiefern die relative Einkommensarmut von Kindern zu schlechten Lebensbedingungen führt. Ergebnis 1: Deutschlandweit gibt es erhebliche Unterschiede. Hier geht es zur Studie
Und hier gibt es das Bild einer Karte, die direkt mit der interaktiven Deutschlandkarte zur Kinderarmut dieser Studie verlinkt ist (siehe rechts). Ergebnis 2:

  • Es sind die neuesten Daten und Informationen, die alle bisherigen Untersuchungen bestätigen, z.B. jene des Kinderhilfswerks: Deutschland ist kein besonders kinderfreundliches Land. 
  • Die sog. Armutsrisikoquote liegt bei knapp 19% (Daten für 2012).

Deutschland: ein Wohlstandsland mit Zukunft?

Kay BIESEL erforscht die Arbeit von Jugendämtern und beschäftigt sich mit der Frage, welche Fehlerkultur es geben müsste, um solche Desaster in Zukunft zu verhindern. Die Aufgabenbereiche in den Jugendämtern seien nicht klar definiert – desweiteren gäbe es zu viele Fälle bei zu wenig Zeit und zu geringem Budget. 
Für die Forschung arbeitet er mit den Jugendämtern Schwerin, welches als Negativbeispiel gilt und Dormagen, welches die Arbeit im Kinderschutz mit Hilfe eines neuen Modells positiv umsetzt, zusammen. Beim „Dormagener Modell“ wird vorbeugende und multiprofessionelle Netzwerkarbeit geleistet. Die betroffenen Familien werden nicht stigmatisiert, sondern steht das Wohl der Kinder, Eltern und Gesellschaft im Vordergrund. Außerdem will die Stadt allen Familien Zugang zu Hilfen und Informationen verschaffen.

Laut BIESEL befinden sich sämtliche soziale Institutionen derzeit im Umbruch.


04.09.2014

Unicef stellt neue Zahlen vor: zur Gewalt gegen Kinder weltweit. In der Studie "Hidden in Plain Sight" (Zusammenfassung) wurden Daten aus 190 Ländern zusammengetragen. Danach werden - durchschnittlich und weltweit - 6 von 10 Kindern zwischen 2 und 14 Jahren regelmäßig geschlagen - etwa 1 Milliarde Kinder. Werden die Kinder älter, kommt es zu körperlichen Auseinandersetzungen, insbesondere bei Jugendlichen, die selbst in Gewaltszenarien aufgewachsen sind: weltweit erfährt jeder dritte Schüler, was Mobbing ist.
"Gewalt zieht Gewalt nach sich. Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass misshandelte Kinder Gewalt als normal ansehen oder sogar akzeptieren und diese auch in der Zukunft gegen die eigenen Kinder anwenden. Wenn wir das Trauma von Kindern durch gesellschaftlich akzeptierte Gewalt nicht angehen, lassen wir die Türen für lebenslange Probleme geöffnet und legen die Saat für negative Einstellungen, die in die nächste Generation ausstrahlen," prognostiziert das Kinderhilfswerk



(kr, vz, sm / AB,eö / JL)