Bergischer Bote, 20.01.2006

von Ekkehard RÜGER

Schöne Reisen erhalten die Freundschaft

Schöne Reisen erhalten die Freundschaft

von Ekkehard RÜGER, Horst Kuhnes


Düsseldorf. Wenn sich Kommunalpolitiker in Aufsichtsräten von Stadtwerken um die ordnungsgemäße Energieversorgung ihrer Bevölkerung kümmern, dann kann es nur von Vorteil sein, wenn diese Politiker auch sachkundig sind. Der Besuch von fachlichen Informationsveranstaltungen trägt sicherlich zur Vertiefung dieser Sachkunde bei.

Wenn diese "Informationsveranstaltungen" allerdings an touristisch interessanten Zielen stattfinden und auch die Lebenspartner der Politiker eingeladen sind, wird die Sache rechtlich bedenklich. Dann kann die Lernfahrt schnell zur Lustreise geraten und jeder Teilnehmer unter den Verdacht der Vorteilsnahme.

Die Burscheider Stadtwerke, mit ihrer von Eon-Ruhrgas finanzierten Reise auf eine norwegische Förderplattform Auslöser der Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft, wollen deshalb nicht mit anderen Fällen in einen Topf geworfen werden. "Das war eine 100-prozentige Informationsveranstaltung", betont Geschäftsführer Siegfried Thielsch. Ehegatten waren nicht dabei, und der dreitägige Trip im vergangenen Juni mit dem Besuch der Plattform und eines Gasmuseums sowie einem Vortrag über den Weltenergiemarkt habe keinen touristischen Charakter gehabt. Außerdem sei der Gas-Liefervertrag noch bis 2012 datiert. Dazwischen liegen die Kommualwahlen 2009, die auch den Aufsichtsrat neu zusammensetzen.

Auch Aufsichtsräte anderer betroffener Stadtwerke beteuern, ein reines Gewissen zu haben und verweisen ebenfalls darauf, dass es sich bei den Gas-Verträgen mit Eon-Ruhrgas um langfristige Verträge handelt, an deren Abschluss sie entweder nicht beteiligt waren oder nicht beteiligt sein werden. Sie hätten also keine Gelegenheit, eine "Gegenleistung" zu erbringen.

Dieses Argument zielt jedoch in eine falsche Richtung. Bei dem von der Staatsanwaltschaft Köln untersuchten Straftatbestand der Vorteilsannahme (Paragraf 331 StGB) geht es nämlich darum, ob ein Amtsinhaber oder ein für den öffentlichen Dienst Verpflichteter für seine Dienstausübung einen Vorteil annimmt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Politiker sich zu einem Luxus-Trip zum Sterne-Koch einladen lässt, weil er Aufsichtsrat eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens ist. Eine solche Einladung wäre ein Vorteil, zu dem der Politiker als "Otto Normalverbraucher" wohl kaum käme.

Wenn der Amtsträger den Vorteil jedoch als Gegenleistung dafür annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehmen wird und dadurch seine Dienstpflichten verletzt, so liegt sogar Bestechlichkeit (§ 332 StGB) vor.

Die Korruptionsexperten der Kölner Staatsanwaltschaft prüfen also genau genommen, ob es sich bei den "Informationsveranstaltungen" um eine (bereits strafbare) Vorstufe zur Bestechlichkeit handelt. Denn der Bundesgesetzgeber hat die Strafvorschriften gegen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit seit August 1997 verschärft mit dem "Gesetz zur Bekämpfung der Korruption". Die strafbare Vorteilsannahme (§ 331 StGB) setzt seitdem nicht mehr voraus, dass ein Vorteil in Beziehung zu einer konkreten Diensthandlung steht. Es reicht aus, dass der Vorteil die Gegenleistung für die Dienstausübung als solche bildet. Damit sollen auch Erscheinungsformen erfasst werden, die mit "Landschaftspflege" oder "Schaffung eines günstigen Klimas" umschrieben werden.

Auslöser für das Anti-Korruptions-Gesetz war seinerzeit der so genannte Herzklappen-Skandal. Der hatte die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Fachwelt auf die Frage gelenkt, ob sich Beschäftigte des öffentlichen Medizinsektors strafbar machen, wenn sie sich von Medizinprodukt-Herstellern teure und luxuriöse Fortbildungsveranstaltungen bezahlen lassen. Diese Strafbarkeit hatte der Gesetzgeber bejaht nicht zuletzt deshalb, weil Studien gezeigt hatten, dass Herzklappen ohne diese "Sponsoring-Maßnahmen" günstiger hätten angeboten werden können.