taz seit Oktober 2011, 04.11.2015
Die Ärzte arbeiten korrekt
taz, die tageszeitung , 30.11.2011
von Heike HAARHOFF
Nun hat die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) extra ein kostspieliges Pilotprojekt rund um den Hirntod angeschoben. Sie wollte zeigen, dass die rückläufigen Organspenden hierzulande auf das Konto von schlampigen und ignoranten Krankenhausärzten gehen. Dummerweise aber belegt die wissenschaftliche Untersuchung des Projekts genau das Gegenteil: Die Ärzte arbeiten korrekt.
Die Zahl der Spenderorgane ist vor allem deswegen so niedrig, weil selbst die Menschen, die die Spende theoretisch befürworten, in Ausnahmesituationen, und dazu zählt der Tod von Angehörigen, offenbar doch dazu neigen, die Organentnahme abzulehnen. In vielen anderen europäischen Ländern wird die Organspende befürwortet und am Ende auch realisiert. Aber nicht in Deutschland.
Warum? Das ist die Frage, mit der sich das Parlament auseinandersetzen muss, wenn es demnächst das Transplantationsgesetz reformieren will. Die bloße Aufforderung, ein jeder möge sich gefälligst zur Organspende verhalten, und diese Entscheidung künftig mit mehr Nachdruck einzufordern, sie wird leider nicht reichen.
Die sehr wünschenswerte Bereitschaft zur Organspende ist eine intime Entscheidung. Sie setzt Vertrauen voraus. Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Information, was Hirntod ist, wie er diagnostiziert wird und unter welchen medizinischen Bedingungen die Organentnahme überhaupt stattfindet.
Und Vertrauen darauf, dass die Organisation, die die Organentnahmen verantwortet, transparent arbeitet - nach innen wie nach außen.
Der desolate Führungsstil, den der DSO-Vorstand an den Tag legt, wirkt da nicht ermutigend. Das ist ein Problem. Aber es ist lösbar.
Online am: 04.11.2015
Aktualisiert am: 04.11.2015
Inhalt:
Organspenden: zwischen Leben und Tod. Und auch Vetternwirtschaft?
- Ein Überblick über das (über)lebenswichtige Thema Organspenden
- Die DSO: Einflussnahme(n) und Interessengeflecht
- Chronologie eines sich abzeichnenden Organspenden - und Transplationsskandals
- Wie die taz im Oktober 2011 mit ihren Organspenden-Recherchen begann
- Wie das Göttinger Tageblatt den Göttinger Skandal enthüllte
- Organtransplantationen: das Making-of der der vielen Enthüllungen in der SZ
- Um Leben und Tod: Organtransplantationen
- Starre Regeln: Organspenden und Transplantationen
- Enthüllungen der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2006
Tags:
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