Die Berichte des Handelsblatt, 18.10.2011

von Martin-Werner BUCHENAU

Baden-Württemberg wird EnBW nicht mehr los

Handelsblatt , 18.10.2011 

Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg prüft die Rechtmäßigkeit des von der Vorgängerregierung beschlossenen Einstiegs bei EnBW. Sie glaubt aber nicht, dass sie sich der milliardenschweren Last noch entledigen kann. "Wir prüfen in alle Richtungen. Aber die Rückabwicklung des Geschäfts ist eher unwahrscheinlich", sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid dem Handelsblatt.

Der Staatsgerichtshof von Baden-Württemberg hatte vor zwei Wochen entschieden, dass die frühere schwarz-gelbe Landesregierung gegen die Verfassung verstoßen hat, als sie Ende 2010 Electricité de France (EdF) für 4,7 Milliarden Euro ein 45-Prozent-Paket an EnBW abkaufte. Die "Stuttgarter Zeitung" berichtete über eine juristische Analyse, der zufolge der Kauf rechtswidrig und damit ungültig sein könnte. Eine Juristin vom Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer kommt zu dem Schluss, dass beide Seiten das Geschäft vor einem Gericht annullieren lassen könnten, weil es möglicherweise sittenwidrig sei. Die Expertise wurde aber nicht von der Regierung in Auftrag gegeben.

EnBW ist seit dem Atomausstieg finanziell angeschlagen und braucht frisches Kapital. Konzernchef Hans-Peter Villis hatte signalisiert, dass EnBW unter anderem eine Kapitalspritze in Höhe von 800 Millionen Euro benötige. Dieses Geld wird der Konzern möglicherweise noch dieses Jahr bekommen. Gestern sprach sich der zweite Hauptaktionär von EnBW, die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW), für eine Kapitalspritze aus. Der Zweckverband OEW sei "grundsätzlich bereit, an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen", sagte dessen Vorsitzender Kurt Widmaier nach einer Verbandsversammlung.

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe ihm signalisiert, dass das Land eine solche Maßnahme "ins Auge fasst". Notfalls würde die OEW, ein Zusammenschluss von neun Landkreisen, aber auch einseitig eine Kapitalerhöhung mittragen.