Überblick: Der Crash der SAS 751 und seine Ursache

Was war passiert?

27. Dezember 1991, Flughafen Stockholm-Arlanda Airport: Der Take-off der Skandinavian Airlines, Flight Number 751, mit 122 Passagieren an Bord und Ziel Kopenhagen geht pünktlich um 8:47 von Statten und ohne Probleme. Start und Landung sind bekanntlich die kritischsten Phasen eines Fluges. Die Außentemperatur am Boden ist in der Nacht auf 0 Grad Celsius gefallen.

Nach etwas mehr als 1 Minute direkt nach dem Take-off - die Flughöhe beträgt inzwischen 3.206 feet bzw. rund 1.000 Meter - geschieht es: das erste Triebwerk der McDonnel Douglas MD-81 "OY-KHO" versagt. Wenige Sekunden später setzt auch das zweite Triebwerk aus. Das FLugzeug hat jetzt keinerlei aktiven Schub mehr.

Das Flugzeug befindet sich mitten in den Wolken - die Flugcrew sieht nichts. Der 44jährige dänische Flugkapitän Stefan RASMUSSEN kann jetzt nur noch mit Gefühl steuern und versucht eine 'kontrollierte Notlandung'. Zuvor setzt er noch einen Funkspruch ab: "Wir stürzen ab!"  
Er setzt gefühlsmäßig zur einer Linkskurve an. Nachdem das Flugzeug an Höhe verloren und die Wolken wieder durchbrochen hat, entscheidet sich die Crew kurzentschlossen für eine Bruchlandung auf einem in Sichtweite befindlichen Acker hinter einem kleineren Waldgebiet.

Der unfreiwillige 'Absturz' funktioniert. Das Flugzeug unterfliegt eine im Weg stehende Hochspannungsleitung, streift kurz vor dem Aufprall mehrere Baumwipfel und bricht noch während des Aufsetzens in drei Teile.

Das Wunder: alle Insassen überleben. Nur sieben Passagiere und ein Crewmitglied sind schwer verletzt, alle anderen nur leicht. Das Flugzeug selbst ist Schrott.  
Zum 'Wunder' gehört die kalte Temperatur: Der Acker ist vereist, sprich naß. Das beugt Funkenflug vor und verhindert die sonst unvermeidbare Brandkatastrophe - das Flugzeug ist bis zum Anschlag vollgetankt.

In einer  kleinen Flash-Animation  hat die Federal Aviation Administration (FAA) rekonstrukiert, wie es passiert ist.

Was sich später herausstellen wird: Auch dieses Flugzeug wurde zwar vor Start enteist, aber nicht richtig. Eis auf den Tragflächen verändert die aerodynamischen Flugeigenschaften - das kann gefährlich werden. Und auftauendes  Eis auf den Flügeln, das nicht entfernt wird und in die Triebwerke gerät, setzt die Motoren außer Funktion . Genau dies war hier passiert.

Es hätte nicht passieren müssen . In den Benutzerhandbüchern der MD-80 - Flugzeuge war genau gelistet, was alles vor dem Take-off passieren muss, um ein Flugzeug wirkungsvoll zu enteisen. Allerdings: Die Vorgaben widersprechen sich zum Teil und die allerwenigsten Piloten kannten das Verfahren und noch weniger wendeten es auch an.

Hier kommt ein anderer Flugkapitän ins Spiel: Oluf HUSTED. Er landet kurz nach dem Crash mit seiner Maschine in London und erfährt als einer der allerersten von dem Beinahe-Desaster. Obwohl er zwei Tage drauf wie geplant einen kurzen Urlaub macht, nutzt er diese Zeit, mehr Informationen über den Vorfall zu erhalten und Kollegen darauf anzusprechen und zu warnen. Und auch das SAS-Sicherheitsmanagement zu aktivieren, darauf zu achten, dass die Sicherheitsvorschriften auch wirklich eingehalten werden. 

Aus dem vorgesehenen 10-tägigen Urlaub werden 18 Jahre. Die SAS belohnt sein Engagement mit einer zwangsmäßigen Frühpensionierung und einem goldenen Kugelschreiber.

Flugkapitän HUSTED setzt alle Hebel in Bewegung setzt, um Verbesserungen zu erreichen, doch das Management der Scandinavian Airlines System (SAS) betrachtet ihn als Bedrohung. Wer außerhalb der Regularien und Vorschriften agiert, beispielsweise um Verbesserungen zu erreichen, 'stört' die routinierten Betriebsabläufe.

Das SAS-Management will ihn für nicht zurechnungsfähig erklären lassen. Dies funktioniert auch letztlich. HUSTED wird die Fluglizenz entzogen und außer Dienst gestellt, sprich zwangspensioniert.

"From Captain to Whistleblower in 10 Days" nennt er seine eigene Geschichte. Das DokZentrum dokumentiert diesen Werdegang eines engagierten Flugkapitäns.

Was es mit dem Enteisen von Flugzeugen auf sich hat, haben wir ebenfalls beschrieben.  
Wenn Sie in Jahreszeiten mit kalten Temperaturen und feuchter Luft in ein Flugzeug steigen (wollen), so können wir Ihnen nur empfehlen, spätestens an Bord und vor dem Take-off mal nachzufragen, wie mit dem potenziellen Problem von Klareis umgegangen wird. Und wie die Fluglinie mit Mitarbeitern umgeht, die auf Probleme hinweisen, die Ihre eigene Gesundheit gefährden (können). Konkret:  Ob die Fluggesellschaft Regeln im Umgang mit so genannten Whistleblowern hat .

Wenn Sie diese Geschichte direkt aufrufen oder verlinken wollen, so können Sie das unter www.ansTageslicht.de/Husted  tun.

 
(JL)